Sonntag, 21. Dezember 2014

Journal Journey into the Year 1811: Dezember 'Journal des Luxus und der Moden'

So schnell zieht ein Jahr ins Land. 
Tatsächlich!
Heute brechen wir zum zwölften und damit zum letzten Mal auf zu unserem Journal Journey into the Year 1811.
Monat um Monat haben wir ein kleines Fenster in die Welt vor zweihundert Jahren aufgestoßen und mit dieser letzten Reise bleibt die Hoffnung, dass dieser Blick in die Vergangenheit bestehen bleibt:
genährt von der Neugierde, Dinge aus erster Hand zu efahren.
Unsere Texte waren immer nur Ausschnitte einer lebendigen Welt.
Wir haben das große Glück, dass diese Quellen nicht nur überdauert haben, sondern auch für uns alle zugänglich gemacht wurden. 
Vergessen wir sie nicht. Nutzen wir sie! Lernen wir mehr!
The year passed so quickly.
Really!
Today it's the last time we leave for the Journal Journey into the Year 1811.
Month after month we've opened a small window to the world two hundred years ago and with this last journey we hope, that this glimpse into the past will continue:
nourished by the curiousity to learn things first hand.
Our texts have always been just minor excerpts of a vivid past.
We have the huge luck that this sources not only have survived, but that they are made available for all of us. 
Let us not forget them. Let's use them! Let's learn!
William Hazlitt 1778-1830 (Quelle/source: izquotes)

Journal des Luxus und der Moden 
Dezember 1811
 (Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, Dezember, Journal des Luxus und der Moden
  IX. Erklärung der Kupfertafeln
Tafel.34 Fig. 1. Demi parure. Ein weißes Kleid mit einer jetzt sehr beliebten Ceinture (Gürtel), wo das Schloß zwei Sphinxe oder Löwenköpfe, bildet.- Der Hut ist von ungerissenem Sammet mit weißem Bande und Federn garnirt.
Fig. 2. Voller Anzug. Das Kleid ist von gros de noble. Der Kragen von gestickten Petinet-Banden, mit Zäckchen von schmalen Bändchen und Glanzblonden garnirt. Der Fond des Aufsatzes ist von Petinet und Silber gestickt, umwunden mit Mull; vorn ein geschlungenes Bouquet von kleinen Röschen. Zu diesem Anzuge kann auch obige Ceinture sehr gut getragen werden.
Die Moden dieser Tafel sind aus der Modehandlung der Madame Oels in Weimar. 
  IX. Explanation of the copper plates 
Plate 34 Fig.1. Half dress. A white dress with a currently very popular ceinture (belt), where the buckle is made of two sphinxs facing or two lion heads. The hat is made of uncut velvet, adorned with white ribbon and feathers.
Fig.2. Full dress. The dress is made of gros de noble. The collar is made of embroidered petinet trims, decorated with tiny van dykes or blondes. The headgear itself is made of petinet embroidered with silver, covered with gauze, a bouquet of little roses at the front. The ceinture mentioned above would match the dress beautifully.
The fashions shown on this plate are from Mme Oels’ shop in Weimar.
1811, Journal des Luxus und der Moden Tafel 34, Dezember 
(Quelle/source: thulb Uni Jena)

Tafel.35 Diese Tafel liefert die neusten Pariser Auffsätze, wo aber bei den Hutformen der Reiz der Neuheit auf Kosten einer entstellenden ungraciösen Form erkauft wird.
1) Hüte von Virginie und Reps
2) Toquets von Perkale und Tulle
3) Toquet von gesticktem Mousselin
4) Toquet von Perkale und Tulle
Plate 35 This plate shows the latest Parisian headgear, but the appeal of novelty within the shape of hat was bought on an entirely inelegant look.
1) hats of virginie and reps
2) toquets of percale and tulle
3) toquet of embroidered muslin
4) toquet of percale and mull
 
1811, Journal des Luxus und der Moden Tafel 35, Dezember
(Quelle/source: thulb Uni Jena)

VIII. Moden 
  Modenbericht aus Cassel im November 1811 
Die Winterbekleidungen sind eben aus Paris gekommen. Das neueste sind Oberröcke (Kleider) und Spencer von der nämlichen Farbe darüber, alles sehr reich mit Felbel (Peluche de Soie, Kunstplüsch aus Seide) besetzt, sogar unten herum zwei bis dreimal. Die Wuth der Garnirungen ist aufs äußerste gestiegen, die Crepkleider werden oft mit fünffachem Falbeln (ringsumlaufende Verzierungen am Rock) besetzt.
Ja sogar bei den Ballkleidern reicht eine Blumenbesatzung nicht mehr hin; es müssen wenigstens drei übereinander seyn. Auf dem letzten Hoffeste trug eine der Palastdamen ein Kleid von weißer Tulle ganz dicht mit Schmelz übersäet und unten mit drei Besetzungen dicker Rosenzweige garnirt. Die Kleid, das mit weißem Atlas gefüttert war, soll 25 Pfund gewogen haben; man hätte glauben sollen die Leichtigkeit des Tanzes leide darunter, doch schien nur mehr à plomb dadurch gewonnen. -Die Haarbänder über der Stirn dauern noch – oder die Stirn wird ganz frei getragen und nur an den Schläfen eine dicke Locke. – Hüte zum déshabillé werden häufig von einem schmalgestreiften Seidenzeug getragen, mit Schleifen vom nämlichen Zeug, das, in einiger Entfernung, auf ein Haar aussieht wie der ostindische Gingham.
Die Schleifen sind alle auf die rechte Seite gewandert. Dahin haben sich auch die Federn verfügt; ziemlich große Hüte von gros de Naples, haben solche Federbouquets, gewöhnlich zu 5 Federn, die von der Farbe des Huts mit weiß vermischt, an der rechten Seite des Hand hohen Hutkopfes befestigt sind, und nicht mehr wie sonst demüthig niederfallen, sondern etwas emporstehen.

Zu Kleidern wird häufig ein in zwei Farben gewürfeltes Seidenzeug getragen, das dem Kurzsichtigen fast wie jenes Leinenzeug vorkommt, welches man in weniger luxuriösen Zeiten wohl zu Stuhlüberzügen brauchte. Die Kleider haben jetzt statt des viereckigen Brustausschnittes ein von der Schulter schräg herablaufendes Stück, welches die Reize zu beiden Seiten etwas anständiger verhüllt und etwas zu errathen übrig lässt.

Die Kleider haben übrigens an Weite wieder zugenommen, welches aber nur von der Rückseite bemerklich wird, indem alle dicke Falten sich dort versammeln.

VIII. Fashions  
Fashion news from Cassel for November 1811 
The winter garments just arrivd from Paris. The latest fashion are spencers worn with dresses of the same colour, everything is richly embellished with peluche de soie (silk plush), the skirts two or three times. The popularity of decoration has increased tremendously, dresses of crepe are decorated with up to five rows.
Even in ball gowns a single simple flower decoration isn’t sufficient anymore, the new fashion calls at least for three rows. On the last royal ball one of the court ladies was wearing a dress made of white tulle embroidered with flattened wire ribbons, and with three rows of splendid rose twigs at the skirt. The gown, which was lined with satin, was said to weigh 25 pounds; it was expected that the fact had an impact on the ease of dancing, but on the contrary it solely put more à plomb (weight) on the pleasure. –Hair ribbons across the forehead are still fashionable – or the forehead isn’t covered at all with only one big curl on each temple. -Hats matching the déshabillé are often made of thin striped silk, with bows of the same fabric, which, from a distance, looks very much like East Indian gingham.
The bows wandered to the right side. Same place where now all feathers have gone to; quite big hats of gros de naples have such feather bouquets, usually made of five feathers, with a colour matching the hat colour and white, are attached on the right side of the high hat (which is one hand high). They do not fall down, but stand erect.

Dresses are now often made of a two tone chequered silk, which seems to the eye as if it’s the linen fabric, which was used for covering chairs in less elegant times. The dresses switched from a square neck to one, where the fronts fall down from the shoulders in triangles and meet in front, it covers the front decently, yet leaves much to imagination.

Actually the dresses have gained width again regarding the skirts, but it’s only to be noticed from the back, where the pleats gather.


An dieser Stelle gebe ich zum letzten Mal ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now - for the last time - I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"


Vielen Dank für die stets interessierte Begleitung und die anregenden Kommentare.
Ich wünsche meinen Lesern weiterhin viel Vergnügen beim Lesen der unzähligen Journale und beim Eintauchen in die lebendige Vergangeheit der gar nicht so angestaubten Seiten.
Und ich hoffe, einige von ihnen werden mich mit eben jener Begeisterung bei meinem neuen Abenteuer begleiten...es handelt auch von Modekupfern!
Thank you kindly for your interested company and for the exciting comments.
I would love to know my readers enjoy reading the various journals and delving into the past of the not really dusty pages.
And I hope, some of you will accompany me with the same enthusiasm into my new adventure...fashion plates included!


Donnerstag, 18. Dezember 2014

O kleidet Euch nach eignem Gout!

Mit dem heutigen Beitrag bleibe ich sowohl dem Jahr 1812 als auch der Kunst der Putzmacher treu.
Aber ich erlaube mir, ein wenig auszuholen.
Im vergangenen September in Weimar war unter meinen lieben Mitreisenden auch die entzückende Mme Suzanne Bécasse des Bois. Für unseren Besuch auf Anna Amalias Landsitz Tiefurt hatte sie eine besondere Kopfbedeckung gewählt - nicht etwa eine Kapotte oder ein Hütchen- nein, eine Haube in Rosa.
Eine Kopfbedeckung, die mir in den Journalen schon des Öfteren begegnet war, die man aber leider viel zu selten auf den Köpfen der Damen findet.
Als ich dann neulich durch die Journale blätterte, blieb ich interesseiert an einem Modekupfer der Fa. Leopold aus Berlin hängen.
With today's post I'm going to stay not only with the year 1812, but also with the millinery's art.
But I'd like to explain my choice a little more in detail.
It was this year in September in Weimar, when the delightful Mme Suzanne Bécasse de Bois decided to wear a very unique headwear for our visit at duchess Anna Amalias palace at Tiefurt. She did not wear a capote or a hat, but a lovely cap in rose pink.
A headgear I've often come across in fashion journals, but unfortunately never seen much on the heads of our elegant ladies.
When I very recently leafed through a journal, I stumbled upon a dainty little cap of Fa. Leopold in Berlin.

1812, Journal des Luxus un der Moden, Heft April, Tafel 10
(Quelle/source: via ebay)

Die wundervolle Haube (No.2) links oben, hatte es mir sogleich angetan...und glücklicherweise gibt es dazu im Journal des Luxus und der Moden der selbigen Augabe auch einen Text:
Fig.2. Diese Haube, welche gut kleidet, und in Rosa, weiß und himmelblau getragen wird, hat Hr. Erich nach einem alten Gemälde, dem Portrait einer teutschen Ritter-dame, copirt.
The lovely cap (No.2) in the left corner, caught my attention immediately...and luckily there's a text about it in the Journal des Luxus und der Moden of the very issue:
Fig.2. This cap, which adorns the wearer beautifully, and which is available in rose, white or light blue, is copied by Mr.Erich from an old portrait of a German knight's lady.

Ich fragte mich, ob der werte Herr Erich, um der Eitelkeit einiger Damen Genüge zu tun, diese Haube wohl auch in Grün angefertigt hätte.
Nun, ich habe es gewagt.
I wondered, whether the dear Mr Erich would have served justice to some ladies' vanity and offered the cap also in green.
Well, I have done so.

Die neue Haube! Auch in Grün nicht zu verachten, Herr Erich.
The new cap! Also lovely in green, Mr Erich.

Die Haube besteht aus chartreusefarbenem Seidentaft. Die Paspeln sind aus cremefarbener Seide.
Das Futter besteht aus Baumwolle. Genäht wurde mit weißem und blauen Seidengarn.
Die kleine Spitzenborte ist aus Baumwolle.
The cap is made of chartreuse coloured silk taffeta. The pipings are done from cream-coloured silk.
It is lined with white cotton. I've sewn with white and blue silk thread.
The trim is made of cotton.

1812, Haube nach Herrn Erich, Fa. Leopold/Berlin
1812, cap after Mr. Erich, Fa. Leopold/Berlin

Die Bänder sind aus Mousseline und werden beim Tragen unterm Kinn zu einer Schleife gebunden.
The ribbons are made of muslin, they are worn in a bow under the chin.

 Auch von der Rückseite ein Augenschmaus.
Even the back side is eye candy.

Eine kleine Schleife ziert den Nacken.
A tiny bow adorns the neck

Die Verzierung der Krone im Detail.
The embelishment of the crown in detail.

Details der Paspelung und Spitzenverzierung
Details of the piping and lace trim

Ein Blick ins Innere
Inside view

Es wäre begrüßenswert, wenn auch diese häufig verschmähten Kleidungsstücke wieder mehr Beachtung finden würden (unserem heutigen Geschmack zum Trotz). 
Ein Blick in die Journale zeigt die unglaubliche Vielfalt, die noch darauf wartet, wieder zum Leben erweckt zu werden...mehr dazu demnächst :)
It would be welcomed, if this often neglected styles in fashion would catch more attention today (despite our modern taste). 
A peek into period journals reveals an amazing variety, which eagerly wait to be discovered once again...more on that soon :)

Montag, 15. Dezember 2014

Die Flüchtigkeit von Putz und Moden

Vor einigen Jahren fertigte ich einen Hut aus grünem Seidentaft nach einem Modekupfer des Journal des Dames et des Modes aus dem Jahr 1812, genauer gesagt den Modekupfer No.1255 Capote ornée de Marguerites.
Und heute möchte ich zu einer kleinen gedanklichen Vorstellung einladen, also tauchen wir ein in das Jahr 1812. 
Erst vor zwei Tagen brachte die Putzmacherin die Kapotte ins Haus, was für ein neckisches kleines Hütchen....und vollkommen nach der neusten Mode! 
Der Meinung war auch die Nachmittagsgesellschaft am vergangenen Tage.
Doch eben heute brachte der Bote die nächst folgende Ausgabe des Journal des Dames et des Modes und mit flinken Fingern eilt die Dame des Hauses durch die Seiten zu den Modekupfern aus Paris.
Modekupfer 1258 zeigt neuerlich Hutmode...und  sie ist noch herrlicher als in der Woche zuvor.
A few years ago I assembled a lovely little hat, made of green silk taffeta, according to a fashion plate from the Journal des Dames et des Modes of the year 1812, more precisely fashion plate No.1255 Capote ornée de Marguerites.
And today I would like to invite you to a train (or better coach) of thoughts, please follow me into the year 1812.
Not two days ago the milliner brought a beautiful capote into the household, what a whimsical little hat...and entirely after the latest fashion! 
It was admired by the whole afternoon party only yesterday. 
But this very morning the mailman delievered the next Journal des Dames et des Modes and our dear housewife quickly leafed through the pages to see the new fashions in Paris.
Fashion plate No 1258 shows the latest millinery fashion...and the pieces are even more delightful than the week before.

1812, Costume Parisien No 1258, Journal des Dames et des Modes
(Quelle/source: SceneinthePast)

Welch Dilemma! 
Aber sicherlich können wir uns denken, dass noch am selben Nachmittag die Hutmacherin aufgesucht wurde...und die Margueriten der Tyrannei der Mode zum Opfer fielen und gegen die neuste Dekoration ausgetauscht wurden.
What dilemma! 
We can certainly imagine, that the millinery shop was once again visited that very afternoon...and the marguerites were replaced by a new decoration.


Die Dekoration der Capote gefiel mir schon seit einiger Zeit nicht mehr, daher habe ich Ripsband in einem Türkis aus altem Bestand verwendet und ein Reststück des Seidentaftes.
The former decoration fell out of my favour some time ago, hence I took some grosgrain ribbon in turquoise from old stock and a piece of the silk taffeta.


Die Veränderung hat nur wenig Mühen gemacht.
It took very little effort to alter the hat.


Ein Blick auf das Innenleben. Der Schirm ist mit cremefarbener Seide gefüttert, die Krone mit Baumwollstoff.
A view on the inside. The brim is lined with cream coloured silk, while the soft crown is lined with cotton.

Und endlich kommt auch die Marotte zu ihrem ersten Einsatz. Ich denke, sie erfüllt ihre Aufgabe wirklich hervorragend.
And eventually my marotte has her first appearance. I think, she masters this task amazingly well.
 

Anhand des Haubekopfes kann man erkennen, wie hoch die Kapotte sitzt. Ich befürchte, es trägt zu ihrer Eitelkeit bei, dass ihr die Farbe sehr schmeichelt.
With the help of the marotte, we can clearly see how the capote sits. I'm afraid it increases her vanity, that the colour suits her so well.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Von alten Schachteln und Marotten

Dem Titel zum Trotz dient dieser Beitrag selbstverständlich nicht dazu, das Repertoire zeitgenössischer Schimpfworte zu erweitern, vielmehr hat es sich in den vergangenen Jahren eingebürgert, dass ich die letzten Wochen des Jahres mit Vorliebe nutze, um den Blickwinkel vom Nähtisch auf das alltägliche Leben zu erweitern.
In den zurückliegenden Tagen, als ich damit beschäftigt war, einen Hut umzuarbeiten und eine neue Haube zu fertigen, lenkte die Tätigkeit meine Aufmerksamkeit auf die damaligen Putz- und Modehandlungen.
In the past years it gradually became a habit to spend the last few weeks of the year with the focus a bit beyond the sewing table and concentrate on different aspects of period daily life.
In the previous days, while altering a hat and sewing a new cap, my attention was suddenly pushed to the life and work at a millinery shop.

1807, Le Bon Genre, Atelier de Modistes (Quelle/source: Dames a La Mode)

Wir sehen Hüte, Bänder...und Hutschachteln. Und fünf Damen - vier davon kopflos im Kaufrausch und eine Dame mit erhobenen Haupt: ein sogenannter Haubenkopf oder auch Marotte.
Um Hüte und Hauben auszustellen und aufzubewahren, waren diese wunderbaren Schmuckstücke unbedingt vonnöten.
Hutschachteln und Marotten also!
We see hats, ribbons...and hat boxes. Five ladies - four of them headless in a shopping frenzy and one lady holding her head up high: a so-called milliner head or marotte.
To display and store hats and caps, these beautiful items were essential.
Hat boxes and marottes, here we go!

1804, Bandboxes, Cries of London
William Marshall Craig’s Itinerant Traders of London in their Ordinary Costume with Notices of Remarkable Places given in the Background,
(Quelle/source: Bishopsgate Inst. via Spitalfields Life)

Die Schachteln wurden aus Pappe geleimt und mit Papier beklebt, es gab sie in allen Größen und Formen.
Für meine Hutschachtel wählte ich helle Finnpappe, welche durch ihre Farbe und Beschaffenheit den alten Pappen sehr nahe kommt. Für Hüte eignet sich die runde Form am besten.
The boxes were made of pasteboard and covered with paper, they were offered in a variety of sizes and shapes.
I've chosen finnish pasteboard for my box, which gets close to the original pasteboards in regard of colour and structure. Round shapes are most popluar for hats.

Die Schachtel ist ca. 45 Zentimeter hoch und hat einen Umfang von gut einem Meter.
Schachtel und Deckel sind mit Tapetenpapier und Kleister beklebt.
Ein Seidenband dient als Griff. Der Mechanismus ist so genial wie einfach.
The box measures about 45 Centimetre in height and has a circumference of almost one metre.
The box and lid are covered with wallpaper and paste.
A silk ribbon serves as handle. The mechanism is as simple as it's ingenious.

Im Deckel ist ein kleiner Schlitz...
There's a small slit in the lid...
...durch den das Seidenband, dass innen an der Box befestigt ist, gefädelt wird.
Es ist lang genug, um einen guten Griff zu sichern und dem Hut beim Herausheben nicht im Weg zu sein.
...through which the ribbon, which is attached on the inside of the box, is threaded. It's long enough to make a good handle and to be put out of way to fetch the hat.

Natürlich durfte ein Aufkleber nicht fehlen. Da ich im Journal des Luxus und der Moden des Öfteren auf die Modehandlung der Mme Oels in Weimar gestossen bin, lag es nahe ein Schild zu entwerfen, das ihren Namen trägt.
Certainly this called for a trademark label. As I've often stumbled upon the name of Mme Oels milliner shop in Weimar during the study of the Journal des Luxus und der Moden, I thought it would nice to design a label, which shows her name.


Die Anregung zur Marotte fand ich erst kürzlich auf Sonjas Blog Thursdays Child
In der folgenden Zeit durchforstete ich das Internet nach weiteren Quellen und stellte fest, dass Haubenköpfe durchaus sehr häufig zu finden waren. 
Und ein Kopf schöner als der andere.
The inspiration for the marotte was recently given through Sonja's blog Thursdays Child.
I spend some time to learn more about the history of the heads and even more sources and was quite amazed at how popular they must have been. 
With one milliner head more beautiful than the other.

milliner's head, mid 19th century
(Quelle/source: via pinterest)

papier-mache milliner's head, early 19th century
(Quelle/source: skinner auctions)

Die Marotten sind üblicherweise innen hohl und haben im Rücken eine quadratische Öffnungen.
Ich wollte meinen Haubenkopf auf eine Styroporvorlage arbeiten und dann herunterschneiden, aber leider ging dieser Plan nicht auf, weshalb der Kern meiner Marotte nun aus Styropor besteht.
Ich habe zwei Lagen Pappmaché aufgebracht, das genügend Zeit zum trocknen bekam, ehe ich eine Schicht Grundierung aufgetragen habe. 
Dann ging es ans Bemalen. Dazu wählte ich Acryl Gouache.
Nachdem alle Schichten aufgetragen waren, erhielt der Kopf noch eine Schicht Wachs.
The marottes usually are hollow and have a square opening in the back. I decided to work my head on a styrofoam base with the intention to later cut it open and retrieve the styrofoam. Unfortunately that didn't work like planned and I've left the styrofoam inside.
I added two layers of papier mache, which was allowed a long phase of drying, before I added a basic layer of paint.
After that the actual painting started. I've chosen acryl gouache.
After all layers were finished I waxed the head.

Eine Marotte, bereit für Hüte und Hauben
A marotte waiting for hats and caps.


Sie trägt eine leichte Chemisette zu ihrem blauen Kleid...
She's wearing a sheer chemisette with her blue gown...

...passend zu den blauen Augen.
...matching her blue eyes.

Und da ich kleine Details liebe, habe ich natürlich ein paar Seiten aus einem alten Buch ausgedruckt und für das Pappmaché verwendet.
And as I love details, I've copied a few pages of a period book and used it as papier mache for the base.

Beide Arbeitsstücke haben mir so viel Vergnügen bereitet, dass ich bereits an weiteren Marotten und Schachteln arbeite...und natürlich auch an Hüten und Hauben, aber dazu mehr im nächsten Beitrag.
Both pieces meant such great amusement for me, that I already work on more boxes and marottes...and of course hats and caps, more about that in my next post.

Sonntag, 23. November 2014

LeGoullons Mandel Brezeln

Pünktlich zu der Zeit, da sich der Winter mit frostigem Atem ankündigt, beziehen nicht nur meine Aurikeln ihr Winterquartier, sondern Lukullus übernimmt die Vorherrschaft in meiner Küche und beharrt auf kalorienreiche Speisen, welche die kalte, blumenlose Jahreszeit versüßen.
Meine bevorzugte Quelle ist das kleine Büchlein "Der elegante Theetisch" vom Weimarer Mundkoch und Konditor Francois LeGoullon.
Meine Wahl fiel rasch auf die Mandel Brezeln und nachdem alle Zutaten in der Küche versammelt waren, wuchs die Vorfreude darauf, dem frühen 19. Jahrhundert mal wieder geschmacklich zu begegnen.
Just in time, when Winter announced itself with a frosty breath, not only my primula auriculae move into the greenhouse, but Lucullus also moves into my kitchen to claim his reign and order meals high in calories, to sweeten the cold and flowerless season.
My favourite source is the small booklet "Der elegante Theetisch" (The elegant thea table) of the Weimarian confectioner Francois LeGoullon.
I quickly fell for the almond pretzels (Mandel Brezeln) and after I've gathered all ingredients in my kitchen, I was delightedly looking foward to tasting the 19th century again.

1800, Francois LeGoullon, Der elegante Theetisch
(Quelle/source: googlebooks)

Zutaten
3/4 Pfund Mehl
1/2 Pfund Zucker
1/2 Pfund geriebene Mandeln mit Orangenblütenwasser
1/2 Pfund zerlassene Butter
8 Eier

Ingredients
3/4 pound of flour
1/2 pound of sugar
1/2 pound of grated almonds with orange blossom water
1/2 pound of melted butter
8 eggs

Da die Mengen zumeist recht üppig ausfallen, entschied ich mich wohlweislich nur die Hälfte der Zutaten zu nehmen und das war immer noch genug, um eine vielköpfige Familie satt zu bekommen!
As it's usually a whole lot, I decided on taking just the half of the ingredients, and that was still enough to feed a large family!

Zunächst wurde die Butter geschmolzen (ich habe mich für Sojabutter entschieden, obwohl der Wasseranteil dort als höher gilt)...
First I melted the butter (I've chosen soy butter, although it's said to be higher in water than common butter)...

...Mehl, Zucker und Mandeln wurden derweil gemischt. Und das Orangenblütenwasser! 
Es war meine erste Begegnung mit dieser Zutat und da LeGoullon Text lediglich von "etwas Orangenblüth=Wasser" spricht, war ich mir unsicher, wieviel davon die Mandeln denn nun vertragen würden.
Probieren geht über Studieren, sagte ich mir, und nippte an dem Wässcherchen und...uaahh!!!
Es ist als würde man sich ein Schlückchen aus einer Parfümflasche genehmigen. Also gab ich Teelöffelchen um Teelöffelchen zu den Mandeln, bis ich mit etwa 14 ml schließlich geschmacklich einverstanden war.
...while I mixed flour, sugar and almonds. And orange blossom water!
This was my very first encounter with this ingredient and as LeGoullon mentioned to take 'a bit of orange blossom water' without proper measurement, I was uncertain how much the dough would need.
The proof of the pudding is in the eatig, I said to myself, and took a sip and...uuuugh!!!
It felt as if I've taken a dram of a perfume bottle. I carefully added teaspoon after teaspoon, until it was okay at 14 ml for the whole dough.

Der Teig! Er geriet etwas flüssiger als erwartet.
Lag es an der Größe der Eier? An der Sojabutter? Oder würde er gar während der anberaumten Stunde Kühlzeit fester werden?
Nein, er wurde es nicht! Also gab ich noch ein wenig Mandeln und Mehl hinzu.
The dough! It was a bit more liquid than I expected it to be.
Was it because of the different size of eggs? Because of the soy butter? Or would it get better after the mentioned hour in a 'cool place'?
No, it did not! Finally I added some more almonds and flour.

Und dann wurden Brezeln aus dem Teig geformt. Auch hier ließ mich das Rezept ein wenig im Stich...oder sollte ich sagen, in der Kälte stehen?
Kleine Brezeln? Große Brezeln?
And then the dough had to be turned into pretzels. Once again the recipe left me to my own devices.
Small pretzels? Big pretzels?

Mittlere Brezeln! Und hier liegen sie schon - wie im Rezept empfohlen - auf einem Papier auf dem Backblech, mit grob zerstossenem Zucker bestreut, im Angesicht des aufgeheizten Ofens.
Im Ofen sollen sie bleiben, bis sie goldgelb (!) sind.
Ich habe den Ofen also auf 200°C vorgeheizt und sie dann bei 175 °C hineingeschoben und dann ging alles recht schnell, nach einer Viertelstunde etwa waren sie durchgebacken und goldgelb.
Medium pretzels! And here they are - like recommended in the recipe - on a papered baking tray, sprinkled with crushed sugar, facing the preheated oven.
They should remain in the oven until golden yellow (!).
I preheated the oven to 390°F and then put in the tray at 345°F and then it went quickly, after a quarter of an hour they've already were golden yellow and thoroughly baked.

Ja, vielleicht nicht ganz so goldgelb, denn ich hatte vergessen, die Brezeln mit Eigelb zu bestreichen, was dem Geschmack aber keinen Abbruch getan hat.
Yes, maybe not that golden yellow, because I've forgotten to glaze them with egg yolk, but that didn't influence the taste.

Der Geschmack! Sehr reichhaltig und sättigend, aber nicht sehr süß (wie so oft bei Gebäck aus der Zeit).
Ein leichter Orangenblütenhauch haftet dem Gebäck an. Mit ein wenig Marmelade sind sie besonders lecker.
The taste! Very rich and filling, but not overly sweet (like it's often the case in pastries from that era).
A very light fragrance of orangeblossoms. They are heavenly with jam.

Einfach mal ausprobieren...dazu heiße Choccolate...oder Thee!
Give it a try...and serve it with hot chocolate...or thea!