Montag, 30. Juni 2014

Ist es ein Gürteltier? Ist es ein Fahrradhelm? Nein! Es ist ein...

...Hut!
Oder genauer gesagt: eine als Minervahelm oder Casquet bekannte Kopfbedeckung, 
die erstmals um 1798/1799 in Erscheinung tritt und sich in abgeänderter Form auch als Haube oder weiche Jockey Capote bis in die Jahre um 1812 ihre Beliebtheit bewahrte.
Is it an armadillo?
Is it a bicycle helmet?
No! It is a...
...hat!
Or more precisely: it was known as minerva helmet or casquet, which first appeared around 1798/1799 and remained in favour in a slightly different shape even as a cap or soft jockey capote until around 1812.

An VII, 1798/1799 Costume Parisien, Chapeau a la Minerva
(Quelle/source: via pinterest)

1801, Lady's Monthly Museum,
Morning dresses for August
(Quelle/source: SceneinthePast)

1809, Costume Parisiens, Chapeaux et capotes
(Quelle/source: SceneinthePast)

Zu meiner Faszination für diese außergewöhnliche Hutform (die übrigens auch in unserem Journal Journey 1811 thematisiert wurde) kam eine Morgenhaube aus dem Museum of Fine Arts in Boston hinzu, die ich unbedingt als Bestandteil dieses Projektes wissen wollte:
My fascination for this hat shape (which also found mention in our Journal Journey 1811) was accompanied by a find of a morning cap in the Museum of Fine Arts in Boston, which I felt the urge to integrate into this project:

1800-1805, Bonnet, French, Access. No 43.1580
(Quelle/source: mfa, Boston)

Als Stoff wählte ich einen hell-lavendelfarbenen geschintzten Baumwollstoff, ein Seidenband aus meinem Fundus (leider aus Rayon, aber dafür im passenden Farbton), weiße Baumwolle als Futterstoff, cremefarbene Seidenkordel, cremefarbene Seide für die Paspel, ein paar herrliche Garnknöpfe von meiner lieben Freundin Kerstin, und ein paar Straußenfedern.
Zunächst stand ich vor der Herausforderung die merkwürdige Form aus Papiermaché herzustellen.
I've chosen a light lavender chintzed cotton, silk ribbon from the stash (unfortunately vintage Rayon, but alas in the absolute matching colour), white cotton for lining, cream-coloured silk cord, cream-coloured silk taffeta for the piping, and some lovely dorset buttons from my dear friend Kerstin, and finally some ostrich feathers.
First I was challenged to assemble the papier maché base.

Die Hutform. Dünne Pappe (Grammatur 300) mit zwei Lagen Papiermaché. Fertig bezogen mit Baumwollflanell.
The hat form. Thin cardboard (grammage 300) and two layers of papier maché. Readily covered with cotton flannel.

Ja, ich gebe zu, in diesem Stadium der Entwicklung hatte es den Anschein, als wollte ich mich bei Tolkien für die Rolle des Hexenkönigs von Angmar bewerben...
Yes, I admit, at this early stage it seemed as I've planned to apply for a role in Tolkien's book as witchking of Angmar...

Die geschwungene Krempe
The brim

Beide Teile zusammengesetzt (hier kam Kleber zum Einsatz!) und mit dem Stoff bezogen.
Ich weiß...die Ähnlichkeit zu einem Hut ist immer noch äußerst dürftig.
Both pieces put together (with the help of period glue!) and covered with the cotton.
I know...the resemblance to a hat is still quite meager.

Der Stoff wird entlang der 'Tentakel' nach innen umgefalzt und verklebt, bevor ringsherum die Seidenkordel mit feinen Stichen angenäht wird.
The fabric along the 'tentacles' is folded to the inside and glued, before the silk cord is sewn on with tiny stitches.

Entlang der Krempe ist eine Paspel aus cremfarbender Seide angenäht.
Along the brim's edge is a stitched piping of cream-coloured silk.

Mit eingenähtem changierenden Seidenband, der Seidenkordel und den angenähten Knöpfen ähnelt es schon sehr einem Casquet!
With the stitched in shot-coloured silkribbon, the silk cord and the buttons, it looks finally quite like a casquet!

Die unverwechselbare 'Helmform'. Aber noch fehlt das Futter und die Federn.
The unique 'helmet shape'. But the lining and feathers are still missing.

Der fertige Casquet. 
Ab und an sieht man ihn auch mit Kinnband oder - in späteren Versionen ab 1806 - häufig auch mit Seidenbändern, die zu Schleifen gebunden sind.
The finished casquet.
Sometimes these hats are also seen with a band around the chin or - in later styles - with silk ribbons as huge ties.

Die Feder wurde nur mit Stecknadeln befestigt, so kann der Hut auch jederzeit ohne Garnitur getragen werden.
The feathers are attached with pins only, hence it also can be easily worn without the decoration.

Die etwas schmucklosere Seite, die allerdings die ungewöhnliche Form sehr schön verdeutlicht.
The less 'loud' side, which shows the perculiar shape of the hat.

Die Rückansicht - back view


Und zu guter Letzt noch ein Blick auf die Dekoration
And finally a close-up of the decoration




Donnerstag, 19. Juni 2014

Von einem neuen Hut...und von verrückten Hutmachern

 Während der Herr des Hauses und ich in den letzten zweieinhalb Wochen eigentlich dem wohlverdienten Müßiggang frönen wollten und es angedacht war, dass der Nähtisch derweil ein wenig Staub ansetzten durfte, 
brachte mich der virtuelle Ausflug in das Museum of Fine Arts in Boston dazu, 
den guten Vorsatz zu brechen...
 ...und zwar mit diesem ungewöhnlichen Stück:
While the husband and I intended to spend the past two weeks with well-earned idleness, and the sewing table was actually allowed to gain a light cover of dust,
an online tour through the Museum of Fine Arts in Boston quickly made me give up that resolution...
...it was this piece, which caught my attention:
Hat, English, about 1800
Accession No. 46.702
(Quelle/source: mfa Boston)

In der Beschreibung zu dem Objekt ist die Rede von Papier (Pappe) und Seidenplüsch. 
Letzteres war ausschlaggebend dafür, dass ich mich an dem Hut versuchen wollte, denn ich hatte noch ein kleines Reststück Seidensamt bzw Plüsch, gefärbt mit Dahlienblüten.
Zudem lockte mich die Arbeit mit Pappe und Kleber, die ich zuvor schon bei der Arbeitstasche angewandt hatte.
The description of the object mentions paper (cardboard) and silk plush.
The latter was crucial for the decision to re-create the hat, because I still had a remnant of real silk velvet or rather silk plush, dyed with dahlia flowers.
I was also intrigued to work once more with cardboard and glue like I've done with my recent working bag.

Neben der Verwendung von Pappe und Seidenplüsch kam braune Seide und gelbe Strukturseide zum Einsatz. Wohingegen der originale Hut komplett aus auberginefarbenem Seidenfilz/plüsch besteht.
Statt der schmalen dunkelbraunen Verzierung aus Seide entlang der Krempe entschied ich mich für eine Paspelierung in gelber Seide.
Next to the cardboard and silk plush I also used brown silk and yellow structured silk. While the original hat is completely made of dark purple silk felt/plush.
Instead of the small silk braid along the hat's brim, I decided on a yellow silk piping.

Trotz des Seidenplüschs kam mir der Hut ein wenig trist vor, weshalb noch eine passende Straußenfeder in einem Gelbgoldton hinzukam, welcher mir in der Herstellung einiges an Mühe kostete und dazu noch einige Beutel Tee, etwas Kaffe und ein bisschen Beize.
Es waren einige Farbexperimente vonnöten, ehe die bestellte Ware in Dottergelb endlich dem Farbton des Seidenplüschs entsprach.
Actually the hat looked quite plain, hence I decided to add a matching ostrich feather in a golden yellow, which took a while and some tea bags, coffee and a bit of mordant to find the right shade.
I had to do lots of trial and error until the ordered feathers in egg yolk yellow had exactly the nuance of the silk plush.

Der Plüsch ist unglaublich, in der Sonne funkelt er geradezu.
The plush is amazing, it almost twinkles in sunshine.

Ich liebe den Kontrast.
I love this contrast.

Die Verarbeitung des Hutes von innen. Hinter dem weißen Futter erkennt man die Pappe.
The inside of the hat. Behind the white lining is a peek on the cardboard.


Aber was hat es denn mit dem im Titel erwähnten verrückten Hutmacher auf sich?
Mit dem Namen verknüpft man wohl in den meisten Fällen unweigerlich eine Figur aus dem Roman "Alice im Wunderland" von Lewis Caroll (1832-1898) aus dem Jahr 1865.
Was uns in dem Buch ein Schmunzeln abgewinnt, war aber leider noch zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine traurige Wahrheit, denn viele Hutmacher waren in der Tat verrückt.
Und das nicht etwa als Ausdruck ihrer übertriebenen Hutkreationen, sondern tatsächlich durch den Umgang mit giftigem Quecksilber in der Herstellung von Hutfilz.
 But what about the aforementioned mad hatter in the blog title?
This name is usually linked with a character from the book "Alice's adventures in Wonderland" by Lewis Caroll (1832-1898) written in 1865.
What gives s a good chuckle in the book, unfortunately was a bitter truth in the beginning of the 19th century, because many hatters/milliners indeed were mad.
And that term wasn't aiming at their bizarre hat creations, but to their exposure with contaminative mercury in producing hat felt.

Das Problem war schon im 18.Jahrhundert durchaus bekannt, wie der folgende Auszug aus einer Publikation von 1802 verdeutlicht:
The Problem was already gaining awareness in the 18th century, like the following excerpt from a 1802 publication will reveal:

1802, Anleitung zur Technologie oder zur Kenntnis der Handwerke, 
Fabriken und Manufakturen von J.Beckmann
(Quelle/source: googlebooks)

Transkription:
Jeder Hutmacher schwächet das Scheidewasser nach seiner Weise, und nennt dann die Beize ein Geheimnis.
Die es recht gut zu machen glauben, pflegen eine Unze Quecksilber in einem Pfund Scheidewasser aufzulösen; dadurch wird dieses freilich kaustischer und wirksamer, aber auch die Arbeit gefährlicher, die mit der Zeit Gliederschmerzen und Lähmungen verursachen muß.
Im Jahre 1774 klagten die Lehrlinge in Paris darüber, und als die Polizei die Sache durch Chemiker
untersuchen ließ, fanden diese, dass das Haar, was 600 Personen in einem Jahr scheren, fachen und walken, 60 Zentner Quecksilber-Salz enthalte.
 Translation:
Every hatter has his own way of diluting the aqua fortis, and calls his mordant a secret.
Those who are convinced to do it best, usually add an ounce of mercury to one pound of aqua fortis; which then certainly is more caustic and efficent, but also more dangerous, because it leads to growing pains and paralysis.
In 1774 some apprentices in Paris complained about it and when the police adviced some chemists to examine it, these found out that the hair, which 600 hatters annually cut and felt, was contaminated with 60 centner of mercury salts.

Die Rückstände dieser Prozedur (nicht nur Quecksilber, sondern auch Arsen und andere Mittel), haften z.T. noch immer den Kleidungsstücken an. 
Erst allmählich dringt dieser Aspekt des Umgangs mit 'Altlasten' in Kleidungsstücken auch in die breite Öffentlichkeit.
Dieser Tage eröffnet im Bata Shoe Museum in Toronto/Kanada eine Ausstellung zu diesem Thema, mit dem eindringlichen Titel 'Fashion Victims: The Pleasures and Perils of Dress in the 19th Century'.
The poisonous ingredients of this procedure (not only mercury, but also arsenic and other agents), partly still contaminate the garments.
Only gradually this aspect of how to deal with such agents gains more public awareness.
These days an exhibition about the topic will open at the Bata Shoe Museum in Toronto/Canada, called 'Fashion Victims: The Pleasures and Perils of Dress in the 19th Century'
 

Sonntag, 15. Juni 2014

Journal Journey into the Year 1811: Juni 'Journal des Luxus und der Moden'

Die Zeit fliegt! Schon ein halbes Jahr ist verstrichen,
aber auf diesen Teil unserer Reise habe ich schon lange hingefiebert!
Ich freue mich sehr, meine werten Leser heute zu einem Gang über die Leipziger Ostermesse einzuladen, 
ein Spektakel an dem Leipzig zum Nabel der Welt wurde.
Die verschiedensten Waren, Erfindungen und Neuerungen wurden jährlich vorgestellt und raubten - wie wir hoffentlich im Lauf der Lektüre festestellen - nicht nur dem damaligen Publikum den Atem.
Also ohne weiteres Geplänkel:
Auf geht's!
 Time flies! Half a year is already gone,
but I truly was looking forward to this part of our journey!
I'm very happy, to invite my dear readers to explore the famous Easter Fair in Leipzig (Leipziger Messe),
an annual spectacle, which has put Leipzig into the centre of attention.
Plenty of different goods, inventions and novelties were introduced there and did not only took the breath away from period visitors - which will hopefully proof while reading.
Without any further banter:
Here we go!

Journal des Luxus und der Moden 
Juni 1811
(Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, Juni, Journal des Luxus und der Moden

VIII. Erklärung der Kupfertafeln
Taf. 16. Ein Pariser Elegant vom neuesten Schnitt. Die Haare a la Francois I. (1), dazu einen nacheförmigen Hut, (Chapeau en barque) (2).
Der Frack hat eine sehr lange Taille, vorn tief herunter gehend, und im Ganzen weit. Die Lieblingsfarben sind ein Hellgrün, das bekannte merde d’oie (3) und licht-zimmtbraun. Auf dem Rock werden schwarze Kragen von seidnem Stoff, so wie weiße Metallknöpfe getragen. Als Sommertracht passen dazu weite Beinkleider von gestreiftem Nankin (4), grün und weiß
Taf.17. Neue Hüte von der Leipziger Ostermesse 1811 aus dem Mode=Magazin von Mad. Hoffmann (5) in Leipzig. Nr. 1, 2, 5 und 6 (a la Telle (6)) von Stroh, sind einfacher, schützen gut gegen die Sonne, und eignen sich zu Negligée=Kleidungen. Mehr zum eleganten Anzug bestimmt sind Nr. 3 und 4, von Bast mit Taffent unterlegt.
***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Was sich genau hinter diesem Haarschnitt verbirgt, kann ich nur dem Kupfer selbst entnehmen. Vielleicht wissen meine Leser, auf wen die Anspielung ‚Francois I.’ zutrifft.
(2) eine Nache ist eine Barke oder ein Beiboot, was vermutlich auf den Schwung des Hutes zurückzuführen ist
(3) ein – meiner persönlichen Meinung nach – nicht sonderlich schmeichelnder Gelb/Grünton auch bekannt als caca d’oie (übersetzt in etwa: Gänsedreck…der Name sagt alles, oder?!) Einen Eindruck dieses merkwürdigen Farbtons kann man hier gewinnen: merde d’oie 
(4) auch Nanking oder Nankeen, mehr dazu im meinem letzten Eintrag über Nanking Halbstiefel 
(5) Die Quellen zu Madame Hoffmann in Leipzig sind ebenso dürftig wie jene zur Modehandlung der Mme Oels in Weimar. Hier würde wohl nur eine Suche vor Ort in den Stadtarchiven Licht ins Dunkel bringen (oder eine Zeitreise...lol)
(6) Auch zu dem Ursprung ‚a la Telle’ lassen sich keine Hinweise finden, ein Strohhut in halbrunder Form
 VIII. Explanation of the copper plates  
Plate 16. A Parisian elegant of the latest fashion. The hair is cut a la Francois I. (1), worn with a dinghy-shaped hat (Chapeau en barque (2)). The frock has a long waist, reaching far down on the front, and cut wide over-all. The preferred colour is a light green, the famous merde d’oie (3) and light cinnamon brown. The frock has black collars made of silk and metal buttons. For summer we suggest to wear it with wide pantaloons of striped nankeen (4), white and green
Plate 17.New hats from the Leipzig’ Easter Fair 1811 of the millinery shop of Mad. Hoffmann (5) in Leipzig. No.1, 2, 5 and 6 (a la Telle (6)) are made of straw, these are simple, give a good protection against sun and are recommened for negligée (informal clothing). To accompany the more elegant dress we like to introduce No.3 and 4, made of bast and lined with taffeta.

***Explanations/Annotations***
 (1) I can only reckon shape of this haircut according to the plate itself. Maybe my readers know who’s said ‘Francois I.’ is and how he used to comb and cut his hair.
(2) a dinghy is a boat, which probably is a hint to the shape of the hat’s brim
(3) a – according to my personal taste – not very attractive yellow-green shade, also known as caca d’oie (translated as: goose droppings…the name says it all, doesn’t it?!)
An impression of this strange colour shade is given here: merde d’oie 
(4) more on the cotton called ‘Nankeen’ is in my previous post about Nankeen half boots
(5) the sources and traces to Madame Hoffman in Leipzig are as rare as those to Mme Oels millinery shop in Weimar. In this case only a thorough research in the city’s arcives would shed light into the dark (or a time travel...lol)
(6) I couldn’t find any origins to the term ‘Telle’ either, it’s a circled straw hat crown


VI. Moden  
1. Überblick der Novitäten bei der Ostermesse in dem Mode=Waarenlager der Herren Göhring und Gerhard in Leipzig (Anmerk.: Anschrift Hainstr. 190)

VI. Fashions    
1. Overview of the novilties from the Easter Fair of the fashion warehouse of Mr. Göhring and Mr Gerhard in Leipzig (note: address Hainstr. 190) 
1825, Georg Emmanuel Opiz, Die Leipziger Messe 
(Quelle/source: via amazon)

Wenn der junge Frühling die Erde wieder neu bekleidet, kommt gewöhnlich die Göttin der Mode in seinem Gefolge, und bereitet im bunten Gewühle der Messe den Teppich ihrer neuen Erfindungen der eleganten Welt reich und lockend aus. Es konnte daher nicht fehlen, dass auch diesmal, theils aus Frankreich, theils aus Deutschland selbst, welches seit der Sperre mit England (1) seinen eignen Erfindungsgeist fühlt und übt, mancherlei Novitäten erschienen, wovon ich Ihnen diejenigen mittheilen will, welche ich in dem geschmackvollen und mit den Bedürfnissen der Zeit stets fortschreitenden Waarenlager der Herren Göhring und Gerhard vorfand.
Feine gedruckte Zitze (2) liebte man mehr im bedeckten als im weißen Grunde; von letztern war das Neueste apfelgrüne kleine Sterne, Blätter, Kreuze, Blumen und vergl., kleine Dessins, die sich in diesem Geschmack äußerst zart ausnehmen, und besonders den Blondinen wohl kleiden;
Dabei ist zu bemerken, dass die chymischen Bestandtheile dieser apfelgrünen Farbe kein kaltes Wasser vertragen, aber im warmen Seifenwasser ihre Aechtheit bewähren. Die Zitze im farbigen Grunde waren am häufigsten grasgrün mit rothen und gelben Caschemirblümchen, orange mit blauroth, mit grün und blau, blau mit orange und grün im gezogenen Muster chinesischen Stils, desgleichen vielfarbig mit türkischen Guirlanden, Streifen und Palmetten (3).
Letztere fanden den entschiedensten Beifall zu Kleidern, Meubles und Gilets, weil dieses Palmetten-Dessin das kostbarste aller Gewebe, den indischen Caschemir schmückt, worein sich die türkischen Favoritinnen zu hüllen pflegen. Man hat diese Palmenzitze in allen bekannten Grundfarben (5/4 breit Elle 17 bis 19 gr. (4)), als blau, gelb, braun, grün, indigo, und der dem Purpur so nahe kommenden Cochenille-Farbe (5). Eine beliebte Sommertracht unserer Damen sind schmalgestreifte Ginghams (6) (Ellenbreit, 12 gr.) oder dergleich Haarstreif Mousseline (7) (Ellenbreit zu 14 gr.) in hellblau, nankin (8), rosa und lilla.  
About the time when the juvenile spring is dressing the earth, usually the goddess of fashion is in it’s entourage, and spreads the carpet of her latest inventions abundantly amidst the elegant crowd. It’s no surprise, that once again lots of novelties are shown from France and Germany, that - since the blockade from England (1) - has developed and embraced it’s own creativity. Of all these fashions I would like to show you the latest tasteful pieces from the warehouse of Mr Göhring and Mr Gerhard.
Lovely printed chits (printed cotton, also known as dutch chintz: depicted and explained: here) was favoured rather in the coloured ground than the white; the latest variety of the latter are apple green stars, leaves, crosses, flowers and other small scale designs, which look all very fine in this composition and suit the blonde hair the best;
It’s important to remark, that the chemical component of this apple green colour should not be cleaned in cold water, but it keeps it’s colour nicely in lukewarm soapy water. The chintz with a coloured foundation usually were grass green with red and yellow cashmere flowers, orange with blue red, with green and blue, blue with orange and green in a Chinese pattern, and also multi-coloured with Turkish festoons, stripes and palmettes (2).
The latter were in highest acclaim for dresses, furnitures and gilets, because this palmette design adorns the most sumptuous fabric, the Indian cashmere, which are in favour of the Turkish ladies. This palmette chintz is offered in all basic colour schemes (5/4 Elle (cubit) wide for 17 to 19 gr. (3)), in blue, yellow, brown, green, indigo, and the colour close to crimson called cochineal (4). A preferred style of our ladies during summer is the finely striped Gingham (5) (Elle (cubit) 12 gr.) or super fine striped muslins (Elle (cubit) 14 gr.) in light blue, nankeen (6), pale pink and purple.

 1804, C.G.H. Geißler, Buchhänlder unter freiem Himmel zur Messezeit

Die Pariser gestickten Perkal- und Mullkleider haben jetzt, statt der einfachen, eine doppelte und bisweilen eine dreifach übereinander stehende Kante a festons, das heißt mit brodirten Mullkanten en falbala (9) garnirt. Diese Festons von brodirten Mull sind es, welche jetzt den Petinet= und Spitzenkanten den Rang abgewinnen zu scheinen. Alles ist damit ausgestattet, Häubchen, Fichus, Kleider und Chemisetten. Von letztern sah ich in dem ganzen genannten Waarenlager besonders gefällige Formen, in der zartesten Stickerei; einige davon sind über den Busen in Stüfchen genäht, andere a mille points gestickt; einige hatten halbe Ärmel, andere fünf- bis sechsfach festonirte Pelerinkragen und noch andere festonirte Krausen um den Hals.
Petinetkleider und Schleier mit Application von Mull, durch welche die Stickerei Ähnlichkeit mit den aechten points erhält, sind fortwährend Mode; das neueste Muster in beiden ist eine breite Bordüre von türkischen Palmen, und kleinen Blumen im Fond; auch werden noch die kleinen Schleier an den Hüten (das Stück 2 Thlr) häufig getragen, ein Beweis, dass unsere Damen, welche die Dessins der türkischen Stoffe lieben, auch diese Sitte ihrer orientalischen Schwestern nachzuahmen suchen. – 
Gros de Naples (10), ein seidener Gros de Tour ähnlicher Stoff, und Merinos, ein wollenes caschemirartiges Gewebe, streiten um den Rang der Capotes (11); doch scheint es, als wenn das schöne Geschlecht ersten für den Sommer, letzteren für den Winter den Vorzug einräumen wollte. Die Lieblingsfarben in Gros de Naples (4/4 breit, Elle 34 und 36 gr.) waren in dieser Messe grün, amaranth, hellblau, indigo, lilla, bouton d’or (12), in Merinos (4/4 breit, Elle 24 bis 36 gr) scharlach, amaranth, grün, pistache (pistazie), jonquille (13), blau. Man pflegt die Überröcke von Merinos mit schmalen, orientalisch gewebten Kanten zu besetzen, welche in den hiesigen Posamentier-Waarenläden sehr wohlfeil zu bekommen sind. 
According to the latest fashion Parisian embroidered percale and gauze dresses now come with a doubled or tripled hem of festoons instead of a single. The embroidered gauze hems are called en falbala (7). These festoons of embroidered gauze are favoured over the petinet and tulle hems. Nearly everything is embellished with these, caps, fichus, dresses and chemisettes. There have been lots of beautiful shapes of the latter in the warehouse, in amazingly fine embroidery; some of them were designed with tiny pintucks on the bust, others with tiny embroidered dots a la mille points; some had half sleeves, others quintuple or sextuple festooned tippet collars and others even had festooned ruffles around the neck. 
Petinet dresses with veils with decorations of gauze, which gives the impression of real embroidered mille points, are still in fashion; the latest fashion however is a broad border of Turkish palmettes, and small flowers galore as foundation; we still see the small veils attached to hats (2 Thlr per piece), evidence that our ladies, who love the design of the Turkish fabrics, try to copy the fashions of their oriental sisters.-
 Gros de Naples (8), a fabric similar to the silk Gros de Tour, and merinos, a woollen, cashmere-like texture, battling for the rank in capotes (9); but it seems as if the fair sex prefers the first for summer, the latter for winter. The favourite colours in Gros de Naples (4/4 wide, the Elle (cubit) 34 to 36 gr.) for this fair have been green, amaranth, light blue, indigo, purple, bouton d’or (10), in merinos (4/4 wide the Elle (cubit) 24 to 36 gr.) in scarlet, amaranth, green, pistachio, jonquille (11), blue. Usually the dresses of merinos are decorated with small woven oriental borders, which are available in the passementerie shops.

 1825, G.E. Opiz, Leipziger Messe - Die Buden

Es dreht und wandelt die Welt sich um. Was einst unsere Großmütter an Ehrentagen getragen haben, wenigstens einen ähnlichen Geschmack, trägt man wieder zu Gallakleidern; es sind Levantines a ramages (= Ranken/gerankt) (5/4 breit, Elle 1 Thlr. 18 gr). Ich sah im erwähnten Gewölbe, einen solch großgerankten Levantine in pistache mit Orangen Zweigen, welcher beim Kerzenscheine, gewiss einen ungemeinen Glanz von sich wirft. – Noch muß ich Ihnen eine ausgezeichnete neue Art seidener Roben beschreiben, welche den schönen Namen: Florakleider (14) führen. 
Der Stoff ist 5/4 breiter Levantine, und jedes Kleid ist in mehrere Blätter abgeteilt, die durch kleine chinirte Käntchen (15) getrennt sind, welche man zum Besatz des Saums, der Arme und des Busens verwendet. Jedes dieser Blätter ist von der lichtesten bis zur dunkelsten Nuance der Grundfarbe des Kleides abschattirt, z.B. fängt sich ein grünes Florakleid mit dem blassesten Apfelgrün an, fällt dann sanft in pistache, grasgrün, und endigt im dunkelsten verd dragon (16); ein gelbes erhebt sich mit paille (17), fährt mit citron, jonquille, orange fort und verliert sich in Aurora (18). Die blassesten Nuancen bekleiden die Taille und den Busen, die dunkleren bilden den Saum. Wahrscheinlich hat der Fabrikant durch diese Erfindung den sanften Schmelz der Blume nachahmen wollen, und darum die Kleider nach der Göttin jener Frühlingskinder getauft. Der Preis eines solchen Kleides ist 24 Thaler.
The world is constantly changing. What our grandmothers used to wear on their great day, at least in a similar shape, is nowadays worn as gala dress; it’s the levantine a ramages (= twines/entwined pattern) (5/4 wide, Elle (cubit) 1 Thlr. 18 gr.). In the aforementioned booth I’ve noticed such an entwining levantine in pistachio with orange twigs, which, presented in candle light, has a breathtaking gloss. – Still I have to introduce you to a new variety of silk robes, which carry the beautiful name: Flora dress (12).
The fabric is 5/4 wide Levantine, and each dress is separated in different leaves, which are divided in serrated edges (13), to trim the hem, the sleeves and the bust (bodice’s front). Each of the leaves is made from the lightest to the darkest nuance of the solid colour of the dress, e.g. a green Flora dress starts with the palest apple green, softly emerging into pistachio, grass green, and finally ends in a dark verd dragon (14); a yellow starts with paille (15), continues into citron, jonquille, orange and then trails off into aurora (16). The palest shades cover the waist and bust, the darkest the hems. Probably it was the intention of the manufacturer to imitate a flower and thus he named the dress after the goddess of these children of spring. The price of such a dress is 24 Thlr. 
1820/25, G.E. Opiz, Leipzigr Messe - Die Kupferstiche
(Quelle/source: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig)

In Fichus war diese Messe das schottisch-quadrillirte an der Tagesordnung. Ich sah z.B. eine Sorte mit kleinem umgeschlagenen Kragen und ringsum mit Fransen besetzt, das Stück zu 1 Thlr. 6 gr., - glatte dreieckige Levantine Fichus mit schottisch gestreiften Kanten (1 Thlr. 20 gr.); ferner viereckige, welche auch die Herren um den Hals zu tragen pflegen, a la ecossiase 1 Thlr. 12 gr.; außer diesen waren noch eine Menge dieser leichten Sommervögel, und zwar meistens unter dem Titel a la Cendrillon, von Paris herübergeflattert; da gab es welche mit Palmetten, mit orientalischen Streifen, Guirlanden und Blumen, mit spitzen, runden und stumpfen Ecken, mit boiteux Käntchen (19) broschirt und in Chenille gestreift, von Levantine, Satin damassé, Caschemir und Merinos, von 2 bis 4 Thaler das Stück. 
In Shawls und Tüchern hat sich wenig verändert, der Geschmack blieb derselbe, nur die Dessins waren neu; noch immer trägt man in Seide und Caschemir die halben Shawls mit türkischer Palmenkante, aber kleine Palmetten durch den Fond gestreut (Preis 12 bis 16 Thlr.), die neuesten Merinostücher aber waren glatt im Fond, mit einer ringsherum laufenden schmalen Palmenbordüre.- 
This Easter Fair the scottish tartan was on top of the list for fichus. For example I’ve seen some with a finely folded edge and trimmed with fringe, the piece per 1 Thlr. 6 gr., - smooth triangular Levantine fichus with Scottish tartan along the edges (1 Thlr. 20 gr.), furthermore square ones, which are also worn by the gentlemen, called a la ecossaise 1 Thlr. 12 gr.; and some of these summer birds directly flying the skies from Paris, called a la Cendrillon; there were some with palmettes, with oriental stripes, festoons and flowers, with sharp, rounded or blunt edges, embroidered with boiteux edges (17) and striped in chenille, made of levantine, satin damassé, cashmere and merino, raning from 2 to 4 Thaler per piece.  
There’s however little change in shawls and kerchiefs, the taste remained the same, only the design is new; still silk and cashmere are favoured, but small scale palmettes are the foundation (price 12 to 16 Thlr.), the latest merino shawls had a solid foundation, but were trimmed with a palmette border.- 
1825, G.E. Opiz, Leipziger Messe - Der Lanadel
(Quelle/source: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig)

Die Männer tragen im Sommer zu Beinkleidern weißgrundige Köpernanquins mit schmalen blauen, grünen, chamois, oder rothen Streifchen (3/4 breit, Elle 12 gr., 5/4 breit, Elle 16 gr.), oder ganz weiße schmalgestreifte Bazine d’Orleans (20) (5/4 breit, Elle 18 gr.); zu Gilets Palmzitze, weiße oder farbige Piques mit bunten Streifen oder dergleichen im orientalischen Geschmack; für kühlere Tage, vorzüglich zum Reiten, einen schmalgeribbten Zeuch von feiner Wolle, genannt: Corde de Rome (6/5 breit, Elle 2 ½ Thlr.). 
Die neueste Form der Hüte läuft etwas spitzig zu, die Krempen fallen platt nieder, erheben sich aber zu beiden Seiten in sanfter Schwingung. Ein solcher Hut von echter Lyoner Fabrik kostet 6 bis 7 Thaler. 
Bei der starken Hitze tragen die Männer, statt der ledernen, Schuhe von gelbem Nanquin, eine Mode, die umso empfehlenswerter ist, da ein solcher Schuh mit Leichtigkeit und Kühle das Gute verbindet, dass er die Strümpfe nicht beschmutzt, den Staub dem Auge nicht so sichtbar macht, und mittelst einer Bürste und Seifenwasser mit leichter Mühe gereinigt werden kann.
This year in summer our gentlemen will wear their pantalons made of twill nankeen with fine stripes in blue, green, chamois or red (3/4 wide, Elle 12 gr., 5/4 wide, Elle 16 gr.), or bright white striped Bazine d’Orleans (18) (5/4 wide, Elle 18 gr.), gilets made of palmette chintz, white or coloured piques with coloured stripes or in the oriental taste; for cool weathers, preferably for riding, a finely ripped wool, called corde de Rome (6/5 wide, Elle 2 ½ Thlr.). 
The lastest fashion in hats is quite pointy, the brims fall flat, but have a lovely curve on both sides. Such a hat from the Lyon’s manufacturer costs 6 to 7 Thaler. 
During summer heat our gentlemen switch from leather shoes to such made of nankeen, a fashion, which is even more recommened as this shoe excellently combines the light weight and coolness, it doesn’t stain the stockings, disguises dust to the eye, and is easy to clean with a brush and soapy water.

 ***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Die verhängte Kontinentalsperre (Warenaustausch) zwischen 1806 bis 1814
(2) Zitz ist ein bedruckter Baumwollstoff, manchmal auch Dutch chintz genannt (siehe auch: hier). Im Jahr 1772 gab es auch einen Buchtitel namens
In dieser lektüre wird auch auf die Pflege des Stoffes eingegangen.
(3) Ein weit verbreitetes und beliebtes idialisiertes Palmenmotiv
(4) gr.= Groschen, Thlr.= Thaler, zeitgenössische Währungen. Zumeist ergeben (je nach eingeführtem Währungssystem) 24 oder 32 Groschen einen Thaler.
Zum Vergleich: aus einer Tabelle aus dem Titel
"Weimar zur Goethezeit" ergeht, dass das durchschnittliche Gehalt eines Handwerkers (je nach Handwerk) um 1820 etwa zwischen 100 bis 600 Thaler im Jahr lag, der Kammerrath von Goethe erhielt 800 bis 900 Thaler jährlich, während Goethe selbst 3100 Thaler nach Hause trug
(5) Auch als Karmesin oder Karmin bekannte rote Farbe, die aus der Schildlaus gewonnen wird.
Mit dem Farbstoff wurden nicht nur Stoffe, sondern z.B. auch Lebensmittel eingefärbt
(6) eigentlich ein Karomuster, das aber eher streifig wirkt
(7) sehr fein gestreiftes Tuch
(8) möglicherweise handelt es sich hier nicht um echten Nankingstoff, sondern um gefärbte Ware
(9) "falbala" bedeutet übersetzt 'Besatz' und ist lediglich eine wohlklingende Ausschmückung (die uns im folgenden Text öfter begegnet), ebenso wie das zuvor im Satz gewählte 'a feston', das im Grunde nichts als eine Verdopplung des Wortes selbst ist
(10) Ein fester, leinwandgewebter Seidenstoff 
(11) Hut
(12) übersetzt: Butterblume, gelber Farbton
(13) übersetzt: Osterglocke, gelber Farbton
(14) FLORAKLEIDER! Was für ein Fest für die Augen müssen diese Kleider dargestellt haben. Leider habe ich bislang noch nie ein Original entdeckt, falls meine Leser in dieser beziehung mehr Erfolg haben: bitte ich unbedingt um Nachricht!!!
(15) wohlmöglich muß man sich die chini(e)rten Kanten gezackt vorstellen, wie man es vom Bargellomuster her kennt
(16) drachengrün, ein bläulich schimmerndes dunkles Grün
(17) Strohgelb
(18) ein Rotton
(19) übersetzt: hinkend, wohl keine überlappende Fältchen
(20) Ich muß erneut passen, ich habe keinen blassen Schimmer, was sich hinter diesem Namen verbirgt... 
***Explanations/Annotations***
(1) the blockade/continental system between 1806 and 1814 
(2) a widely spread and popular palm tree motive
(3) period currency system gr. = Groschen, Thlr. = Thaler. Usually (depending on the introduced system) 24 or 32 Groschen are 1 Thaler.
For comparison: the chart from the book title
"Weimar zur Goethezeit" shows that the average annual income of a craftsman (depending on the craft) in the year 1820 was between 100 to 600 Thaler, while Goethe's counselor received 800 to 900 per year and Goethe himself  the annual sum of 3100 Thaler.
(4) also known as carmine, is a red colour, which is extracted from the coccid bug. This pigment wasn't solely used in dying fabric, but also for edibles.
(5) actually a checked pattern, which gives a stripey look
(6) possibly this is not the real Nankeen cloth, but rather a dyed version
(7) falbala is another transaltion of 'trim', these terms were often added, although they meant the same as the previous meaning
(8) a sturdy, plain silk fabric
(9) hat
(10) translated: buttercup, a yellow shade
(11) translated: daffodil, a yellow shade
(12) FLORA DRESSES!!! What a feast to the eyes these dresses must have been. Unfortunately I've never seen an extant piece, but if my readers ever be successful at finding one, please let me know!!!
(13) I suppose these edges must have a resemblance to the pattern we do know from bargello/flamestitch
(14) dragon green, a blueish dark green
(15) straw yellow
(16) a shade of red
(17) translated as limping, probably an overlapping pintuck
(18) I'm sorry again, but I have aboslutley zero clue what this name stands for...

 Diese Ostermesse in Leipzig war doch wirklich außergewöhnlich und aufregend, oder?
Und wie bei so mancher Besucherin damals im Jahr 1811 gehen mir die Florakleider einfach nicht uas dem Kopf...
This Easter Fair in Leipzig was exceedingly remarkable and exciting, wasn't it?
And like it must have happened to some of the visitors back then in 1811 the flora dresses are still on my mind...

An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"

Donnerstag, 5. Juni 2014

Hurrah! Die Post war da...oder: Das langersehnte Paket

An diesem beschaulichen Morgen 
wurde die Dame des Hauses vom laut polternden Eintreffen des Postillion unsanft geweckt, um sich einige Zeit darauf - noch immer ein wenig schlaftrunken, aber weder mürrisch, noch heiter - schließlich an ihrem Schreibtisch einzufinden.
On this quaint morning the housewife was ungently woken by the rumbling arrival of the postman,
before she finally went downstairs to her writing desk - still feeling a bit drowsy, but neither cantankerous, nor cheerful.
Huch, offensichtlich ohne ihre Augengläser aufgesetzt zu haben!
Aber ich bitte meine Leser darum, sich diesen verschwommenen Zustand einzuprägen, denn wir werden ihm in Kürze nochmals begegnen.
Zunächst aber gilt es, die Augengläser zu finden...
Oops, apparently without putting on her eye-glasses!
May I - however - ask my dear readers to keep this blurry state in their mind, we will have good use of it in brief.
But first, off to find said eye-glasses...

...schon besser! Der Schreibtisch mitsamt der morgendlichen Post.
Eine Lieferung vom Buchhändler (obenauf), dem wöchentlichen Journal, zwei Briefe...und...
...much better! The writing desk covered with today's mail.
A delievery from the bookseller (on top), the weekly journal, two letters...and...

...ist es etwa das langersehnte Paket?
...is it eventually the much anticipated package?

Das ist es! Ein erster Anflug von Freudentaumel kündigt sich an.
It is! A first spark of utter delight is approaching.

Kaum zeigt sich der Frühling vor der Tür, sind endlich die Nanking Boots aus dem fernen Amerika eingetroffen.
Laut der gängigen Modemagazine der letzten Wochen, sollte keine Dame das Haus ohne Nanking verlassen...und Nanking ist bei steigender Nachfrage schwer zu bekommen!
In dem Buch 'Der Sammler' aus dem Jahr 1809
 heißt es wortwörtlich auf Seite 248:
Der Nanking. 
Der Nanking wird ziemlich weit von der Stadt Nanking in China, und zwar im Bezirke Fong-Kiang-Fu verfertigt. 
Die Baumwolle, aus welcher man diesen Zeuch macht, ist braun, und es scheint, dass sie bloß in diesem Theile von China wachse. Die Farbe des Nanking ist natürlich, und geht daher nie aus. Der größte Theil der Bewohner Europas glaubt zwar dass man den Zeuch färbe, allein dies ist ein Irrthum. In der Meynung, dass man den Nanking färbe, gab man vor mehrern Jahren in Europa den Auftrag, den Nanking, der jetzt immer blässer werde, dunkler zu färben, allein die blasse Farbe hatte einen ganz andern Grund, als das künstliche Färben. Als die Amerikaner anfingen, mit China Handel zu treiben, verdoppelte sich die Nachfrage nach Nanking, und man war nicht im Stande, so viel zu verfertigen, weil es an Baumwolle fehlte. Die Arbeiter mischten daher unter die braune Baumwolle weiße, wodurch der Zeuch nothwendig auffallend blasser wurde. Als sich aber neuerlich die Nachfrage nach Nanking wieder verminderte, hörte man auch auf, weiße Baumwolle unter die braune zu mischen, und der Nanking wurde so dunkel wieder, wie vorhero. 
Die Farbe ist sehr haltbar, und wenn der Zeuch zwey bis drey Jahre gebraucht wird, so scheint es beynahe, als ob er dunkler würde.
On the first glance of spring the Nankeen boots from the distant country of America arrived at the doorstep.
According to the latest fashion journals of the past weeks, no decent and accomplished lady should leave the house without Nankeen on her feet...and with increasing demand Nankeen might run short!
In the German publication 'Der Sammler' (The collector) 
from 1809 we find the following notes on page 248:
 On Nankeen. 
The nankeen is made quite far from here in the Chinese city of Nankeen (Nanking), precisely in the district of Fong-Kiang-Fu. The cotton, from which this fabric is made, is brown and it appears that it only grows in this part of the country. The colour of the Nankeen is natural, and hence never fades. Most people in Europe do believe that the fabric is dyed, but this is a mistake. Due to the belief that the Nankeen is an artificial colour, Europe has sent an order to have the fabric dyed in a deeper brown, because lately the fabric became paler in colour, but that actually wasn’t related to any dye or lack of artificial colour pigments. When the Americans started to do business with China, the inquiries/orders for Nankeen almost doubled, but they weren’t able to produce that much, because they were lacking the brown cotton in such quantities. They decided to mix the brown cotton with the common white cotton and the colour naturally became paler. But when the demand for Nankeen recently dropped, they stopped mixing the white cotton in and went back for pure brown cotton, the fabric was dark like before. The colour is highly durable and it seems as if the fabric is in use for two or three years, it becomes even darker.

Mein Paar Nankinghalbstiefel. 
An dieser Stelle möchte ich meine Leser bitten, sich den Zustand verschwommener Wahrnehmung - in diesem Fall als Folge eines Freudentaumels - wieder in Erinnerung zu rufen.
Die Dame des Hauses mußte sich jedenfalls erstmal setzen...
My pair of Nankeen half boots.
Here I'd like to ask my dear readers to recall the slightly blurry state - as consequence of utter delight - which I have mentioned before.
The housewife had to sit down...

...um sich maßlos zu freuen! (Und darüber ein wenig die Contenance vergessen)
...to be all cheerful and merry! (And slightly loose her countenance)

Die Verzückung lässt sich nur noch steigern, wenn sie denn auch passen.
Und was soll ich sagen? Sie passen wie angegossen (ich habe die Halbstifel eine halbe Nummer größer als üblich bestellt)
The delight can only be excelled by a perfect fit.
And what should I say? They fit perfectly (I went up half a size to my normal shoes)

Bestellt habe ich die Schuhe bei American Duchess
und sie entsprechend dem folgenden Paar original Nankingstiefeln ein wenig verändert.
I've ordered the boots at American Duchess 
and have slightly changed them according the following original pair of Nankeen boots.
1810-1820 Nankeen Walking boots 

Im Einzelnen bedeutet das:
- vorsichtig die kleine Lasche auf der Schuhzunge entfernen
- die Stiefel in Spiralbindung schnüren
-eine kleine Seidenschleife aufnähen
This is what I've altered/added:
- carefully cut of the small flap from the shoes's tongue
- lace the boots in spiral lacing
- add a tiny silk bow on the front


Sie sind (wie Originale der Zeit) sehr schmal geschnitten, allerdings nicht auf gleichen Leisten, sondern rechts und links. Aber die Draufsicht zeigt, dass das kaum auffällt.
They are (like originals of the period)  cut quite narrow/tight, but not on same last, instead on left/right lasts. But the view from above shows that it's hardly recognizable.

Der Stoff passt sich wunderbar an und sie sind sehr bequem. 
Besonders die Farbe ist einfach perfekt und macht dem Namen 'Nanking' alle Ehre.
 The fabric molds wonderfully around the feet and the boots are very comfortabel.
Escpecially the colour is perfect and truly meets the term 'Nankeen'.

Die Stiefel haben eine Ledersohle und einen kleinen Absatz.
The boots have a leather sole and a small heel.

Ich darf sagen, die Dame des Hauses ist für den kommenden Sommer gerüstet.
Ich sehe viele lange Spaziergänge...
I may say, the housewife is very well prepared for the summer to arrive.
I forsee lots of long walks...