Der Titel aus Gottfried Kellers Novelle kam mir in den Sinn, als ich mit diesem Projekt über die Kleidung der einfachen Schichten begonnen habe.
Mein erster Abstecher in die schlichte bürgerliche Kleidung...aber von schlicht kann eigentlich gar nicht die Rede sein. Im Gegenteil, ich war sehr überrascht als ich auf Graenichers Sammlung Sächsischer Kostüme traf. Die Kleidung der Dresdner Köchin spiegelt meines Erachtens einen gewissen Stolz auf den Stand wider. Zudem gibt es viele wunderbare Details zu entdecken.
Die Nacharbeitung des Ensembles war ein wirkliches Vergnügen...und ein buntes noch dazu, wenn man das colorierte
Original betrachtet.
Genug der einleitenden Worte...nun aber endlich zu meiner Interpretation.
The title "Clothes make the man" from Gottfried Keller's short novel was on my mind when I started this project, which subject was the clothing of the "lower sorts".
This was my first encounter with the clothing of the common people...but common or even plain is simply not the right word. In contrary, I was amazed when I've found Graenicher's collection of Saxon Costumes. The dress of the Dresdner cook displays a certain pride. And there are plenty of lovely details yet to discover.
The reproduction of the ensemble was fun...and colourful, which a peek on the original coloured plate reveals. For now enough of the introduction and off to my interpretation.
Das Kleid ist aus Leinenstoff, denn der erweist sich auch bei viel Arbeit und hoher Beanspruchung als äußerst angenehm im Tragen. Der Stoffverbrauch lag bei etwas über 3 Metern. Es handelt sich um eher leichtes, feingewebtes Leinen. Der Rock hat einen Umfang von etwa 2.20 m. Genäht wurde selbstverständlich mit Leinengarn. Das Kleid schließt vorn mit Bändern in zwei Tunnelzügen.
The dress is made of linen, which is a very comfortable fabric in regard of wear. I needed about 3.2 yards. It is more of a light linen, finely woven. The skirt has a circumference of about 87 inches. I hand sewed with linen thread. It is a front closing gown with two tunnels.
Ein Blick auf das "Innenleben"...viele Nähte wurden nicht versäubert. Durch häufiges Tragen und Waschen, stellt sich das "Aufribbeln" irgendwann von selbst ein.
Die Ärmel bestehen aus jeweils zwei Teilen. Sie enden am Handgelenk und haben Schlitze, sodass man die Ärmel bei Bedarf hochschlagen kann.
An inside view...most seams remain unfinished (raw). Wearing and washing help that the threads eventually stop unravelling.
The sleeves are made of two pieces each. They end shortly above the wrist and they have slits, to help roll up the sleeves.
Der Rock hat zwei Falten, mittels derer er bei Bedarf verlängert werden könnte.
The skirt has two tucks, which could be opened to add some lenght if needed.
Der ockerfarbene Spencer besteht aus Leinen und baumwollenem Futter, wovon ich jeweils ca. 1.5 m benötigt habe.
Der Spencer wird vorne übergeschlagen und lediglich mit dem Band geschlossen.
The ochre coloured spencer jacket is made of linen and cotton lining, of which I needed 1.6 yards each.
The spencer is wrapped in front and closed solely with the linen ribbon (band).
Ein Blick ins Innere. Die untere Kante bleibt unversäubert. Die Rüschen sind jeweils zweimal gefaltet und mit Überwendlichstichen vernäht.
An inside view. The lower edge remains raw. The ruching is made from fabric strips, which are folded under twice and then finished with overcast stitches.
Der Kragen.
Der Oberstoff wurde nach innen umgeschlagen und angenäht, dahinter die Rüsche des Kragens.
Close-up of the collar.
The linen was folded around the edge and sewn to the lining, behind that is a close-up of the frill.
Die untere Kante des Spencers.
Lower edge of the spencer.
Detail des Ärmelaufschlags.
Detail of the cuff.
Nach langem Regen zeigte sich der Sommer am heutige Sonntagmorgen endlich mal von seiner freundllichen Seite. Die Gunst der Stunde habe ich genutzt, um das Ensemble auf unserem sonntäglichen Spaziergang auf seine Alltagstauglichkeit hin zu prüfen. Wir hatten etwa 22 °Celsius und der Marsch erstreckte sich über ungefähr vier Kilometer.
Unter dem Spencer und dem Kleid verbergen sich noch folgende Kleidungsschichten:
Ein leinenes Unterhemd (Unterkleid), ein Kurzkorsett, ein baumwollener Unterrock,
Hüfttaschen, lange Strümpfe.
Dennoch war es ein angenehmer Spaziergang und ich mußte unterwegs keines der Kleidungsstücke ablegen, weil ich etwa ins Schwitzen kam.
After weeks of steady rain the summer finally returned this Sunday morning with lovely sunshine. I took the favour to wear my ensemble for the first time on our weekly Sunday's stroll through the woods.
It was about 71° Fahrenheit and our march took us a bit more than 2.4 miles.
Beneath the spencer and the dress I did wear the following layers:
A linen shift, short stays, a cotton petticoat, pockets, long stockings. Nevertheless it was a comfortable walk and I did not have to take any clothes off, because of sweating.
Was für ein herrlicher Morgen!
What a lovely morning!
Auf dem Waldboden haben sich auch meine Schuhe (mit geradem Leisten und Ledersohle) bestens bewährt!
On the uneven, stoney ground my shoes (built on straight lasts and with leather soles) have been proven excellent!
Eine kurze Rast.
A short rest.
...und noch ein paar Blumen für Daheim pflücken.
...and finally pick some flowers for decorating the home.
Danach ging es dann mit viel Elan in den Garten. Selbstverständlich mit Schürze und Haube.
After the walk I went straight into the garden. Of course with an apron and a cap.
...und natürlich mit Katze!
...and certainly with cat company!
Die Haube ist aus feinem Leinen genäht und nach dem Vorbild Graenichers mit sattrotem Seidenband verziert.
The cap is made from fine linen and according to Graenicher's plate embelished with a deep red silk ribbon.
Zunächst wollte ich die Schürze mit einem kleinen Latz nähen, aber bei meiner Suche nach Belegen, stieß ich lediglich auf das berühmte Bild
"Die Stickerin" von Kersting. Die dargestellten Frauen in den Bilder Boillys tragen Schürzen bestehend aus einfachen Quadraten mit einem schmalen Band. Ähnliche Stücke fanden sich zahlreich in den Sammlungen der Met, des Tidens Toj oder Colonial Williamsburg.
I've actually planned to sew my apron with a bib, but then I found only the famous painting "Die Stickerin" from Kersting as proof. The majority of women portrayed in Boillys paintings had aprons made of a square piece with a small waistband attached. Ditto is to be found in the collections of Met, Tidens Toj or Colonial Williamsburg. Der fehlende Latz wird durch ein Schultertuch aus Baumwollbatist wettgemacht.
The bib is replaced by a lovely cotton batiste kerchief instead.
Und zu guter Letzt' noch ein Blick auf das Leinenkleid:
And finally a picture of the linen dress: