Zunächst einmal liegt es mir am Herzen, meine Leserschaft über die in letzter Zeit etwas träge Berichterstattung am Nähtisch aufzuklären.
Leider hatte ich bei der Rückkehr aus Weimar im September nicht nur den Kopf voller neuer Nähideen, sondern ein klein bisschen darunter (nämlich im Kreuz) einen längst überwunden geglaubten Schmerz.
Kurz: mein Rücken plagt mich wieder und begrenzt die täglichen Nähstunden.
Aber ich möchte hier nicht jammern, sondern die Rede viel lieber auf die zuvor erwähnten schwirrenden Ideen lenken (und damit auch den Titel dieses Blogeintrages erklären).
Nachdem ich ja eigentlich für meine kuriose Vorliebe für die Kleidung um das Jahr 1815 bekannt bin, war ich umso erstaunter, wie rasch ich beim Anblick all der herrlichen Roben meine Zuneigung zur Frühromantik entdeckt habe...
...und kaum war ich wieder Daheim, entsann ich mich an einen Eintrag aus dem Juni vergangenen Jahres und an diese faszinierende junge Dame:
First of all, I'd like to explain to my dear readers, why there's currently only sporadic news from my sewing table.
Upon my return home from Weimar, I did not only have ideas galore on my mind, but unfortunatly also some back pain again, which reduces my ability to delve into long sewing hours.
But I'm not going to whine here at length, I rather prefer to tell more about the aforementioned ideas (which will also explain the blogpost's title).
Actually as you all know, I'm ridiculously fond of the years around 1815 and now imagine my surprise, that one glance at the beautiful gowns in Weimar was sufficient to nourish my sudden fascination for the 'Frühromantik'...
...back home I remembered a blogpost from past year's June and this impressive girl:
1799, Girl with portfolio by Guillaume Guillon-Lethière
(Quelle/source: Worcester Art Museum)
Leider ist die Quellenlage über den Künstler Guillaume Guillon-Lethière (1760 - 1832) für eine kurze Einführung nicht sehr üppig und noch weniger Hinweise gibt es auf die dargestellte junge Frau.
Allein ihre unglaubliche Ausstrahlung zieht den Betrachter an, mit dem kurzen (hochgesteckten) Haar, den eher unscheinbaren Kleidern und dem undeutbaren Blick, unterscheidet sie sich grundlegend von Lethières weiteren Werken.
Wer ist diese Frau?
Auf der Suche nach Guillaume Guillon-Lethières Biographie, stieß ich auf einige Bilder des bekannten Künstlers
Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780 - 1867), in dessen umfangreichem Werk auch eine Zeichnung von Mme Lethière aus dem Jahr 1808 zu finden ist.
Unfortunately there's only poor reference on Guillaume Guillon-Lethière (1760 - 1832) biography, and far less information about the young woman in the painting.
But her fascinating charisma attracts the viewer immediatley, with her short (pinned up) hair, the sober garments and the vague glance she's so different from other Lethière paintings.
Who was she?
While searching for Lethière's biography, I stumbled upon some paintings/sketches of the famous artist Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780 - 1867), there's one sketch in particular among his vast work: Mme Lethière, 1808.
1808, Madame Guillaume Guillon Lethière, née Marie-Joseph-Honorée Vanzenne by Ingres
(Quelle/source: MET Museum NY)
Angesichts der Tatsache, dass zwischen den beiden Bildern nahezu eine Dekade liegt (und eine Änderung in der Mode, nebst ein paar Pfund mehr), aber könnte es sich um die selbe Frau handeln? Vieles in der Physiognomie ihres Gesichtes spricht dafür, wie zum Beispiel, die markante kleine Nase, der schmale Mund und der Blick.
Due to the fact that nearly a decade divides the two pictures (and a wholly different style of fashion, plus a few pounds more), but could it be possible that we look into the same face? Lots in her physiognomy is similar like the small, striking nose, the mouth and her glance.
Aber halten wir uns nicht länger mit Vermutungen auf (so spannend sie auch sein mögen!), kehren wir zurück zur Mode - und zwar jener auf dem Gemälde von 1799.
Nach dem Republikanischen Kalender, oder auch: Französischer Revolutionskalender, war das Jahr kurz vor dem neuen Jahrhundert das Jahr 8 (beginnend im September).
Auf vielen französischen Modekupfern der Zeit, allen voran den Costume Parisien des Journal des dames et des modes, finden wir diese Zeitrechnung als Jahresangaben.
Und um das Ensemble des Gemäldes nachzuarbeiten, begab ich mich auf eine inspirierende Reise durch die Modekupfer des Jahres 8, denn zumindest bei dem Kleid (von dem wir nur den Rockteil erkennen können), hatte ich viel Freiheiten in der Ausarbeitung.
I won't stuck on speculation here (although they are quite exciting!), but rather return to the fashion - to the fashion shown on the 1799 painting.
According to the Republican Calender, or: French Revolutionary Calender, the year last to the new century was called year 8 (starting in September).
On most of the french fashion plates from this era we'll find this specification, first and foremost the Costume Parisien from the Journal des dames et des modes.
For my work on the ensemble in the painting I started to peruse these fashion plates from the year 8.
Especially with the dress itself, of which we can only see the top of the skirt, I could follow my inspiration and imagination.
Ich erwarb einige Meter Baumwollstoff (nahezu fünf - bei einer Stoffbreite von 1.40 m - um genau zu sein) in eben dem Grünton des Gemäldes. In dem Stoff sind eingwebte, winzig kleine Quadrate, die dem Material etwas Festigkeit und Stand verleihen.
Die Rückenpartie wollte ich einem Kleid aus der Sammlung des Metropolitan Museum of Art anlehnen. Das Messen, Kalkulieren, Rechnen, Abstecken und Zeichnen nahm seinen Anfang.
I purchased some lenghts of cotton fabric (5.4 yards on 55 inches wide fabric, to be precise) in the same green we see on the painting. The fabric has tiny squares woven into it, which give the material some stand.
I wanted the back of the bodice to be like a certain dress from the Metropolitan Museum of Art.
The measuring, calculating, pinning and drafting started.
Ich benötigte nicht weniger als drei Versuche, bis ich schließlich zufrieden mit dem Ergebnis war.
It took me three struggling attempts until I was satisfied with the result.
Und ein Schulterstück im Detail
And a shoulder strap in detail
Das Kleid hat, wie man an der Rückansicht erkennt, den Verschluß vorn, allerdings handelt sich nicht um das übliche Frontklappenkleid mit dem kleinen Latz, sondern lediglich der Rock wird angesteckt.
Auf diese Weise kann ich unter dem Kleid noch meine Hüfttaschen tragen - sehr praktisch!
The dress has - as the back already indicates - a front closure. But it's not the front bib version, only the skirt is 'pinned up'.
This fashion enables me to wear my pockets underneath - quite practical!
Das Futter (Baumwolle) des Kleides. Wie in dem Buch 'Costume in Detail' von Nancy Bradfield auf Seite 80 beschrieben, wird das Futter lediglich am Halsausschnitt, den Ärmeln, Schultern und der Taille (hinten) mit dem eigentlichen Stoff verbunden.
The cotton lining of the dress. Like described in Nancy Bradfield's book 'Costume in detail' on page 80, the lining is sewn to the bodice on the shoulders, neck and back waist.
Die 'Flügel' aus Baumwolle, die mit Nadeln geschlossen werden.
Lining front flaps, which are pinned in place.
Die geraffte Front aus dem eigentlichen Kleiderstoff wird darüber mittels Bändern geschlossen.
The ruched front of the bodice is closed with ribbons, which run through two channels.
Das geschlossene Oberteil.
The closed bodice.
Der Saum des hochgeklappten Rockteils verdeckt den unteren Kanal des Oberteils.
Die Front wird mittels zweier Haken befestigt und vorne mit Nadeln festgesteckt.
The edge of the skirt conceals the lower channel of the bodice.
The skirt front is attached with two hooks and bars and then pinned in the front.
Ein Blick auf die Hakenverschlüsse und den Gürtel, der vorne geschlossen wird.
The bars for the hooks at the skirt top and the belt, which is closed at the front.
Der sehr schmale Gürtel besteht aus Baumwollchintz und wird mit einer silbernen Schnalle geschlossen.
The small belt is made of cotton chintz and is closed with a silver clasp.
Das Kleid ist - entsprechend dem Gemälde - eher schlicht gehalten, aber einen kleinen Hingucker sollte es doch geben.
The dress is - referring to the painting - quite plain, but I couldn't resist a tiny bit of froufrou.
1799, Costume Parisien (239) (Quelle/source: pinterest)
Der rüschige Saum hatte es mir angetan, also schnitt ich noch 6 Meter Baumwollstoff auf einer Breite von etwa 12 cm zu, die sich dann auf den gesamten Saumumfang des Rockteils von ca. 3m rüschten.
The ruffled hem caught my attention, hence I cut 6.5 yards of 4.5 inches of fabric and ruched it to match the 3 yards circumference of the skirt hem.
Von außen...
outside...
...und innen. Der Saum wird umgeschlagen, ehe mit kleinen Vorstichen ein Kanal eingenäht wird.
In den Kanal wird ein Band eingezogen und die Falten werden gelegt. Eine etwas umständliche Heransgehensweise, aber sehr wirkungsvoll.
...and inside. The hem is turned over and then a small channel is sewn in with running stitches.
Then a ribbon is put into the channel and the fabric is ruched. It's a bit tedious, but well worth the effort.
Die Rückansicht.
Back view.
Als nächstes wird der schwarze Spencer auf meinem Nähtisch landen. Ich hoffe, diesmal geht die Arbeit ein wenig schneller vonstatten, denn etwas sei noch erwähnt:
Die eingewebten Quadrate im Stoff verleihen dem Stoff zwar einen schönen (popelinartigen) Stand, allerdings ist es kein Vergnügen den Stoff von Hand zu nähen, da die Verdickungen der Nadel (und den Fingern) mitunter arg zu schaffen machen...
...dennoch: frohes Handnähen!
Next on my list is the black spencer. Hopefully this time the piece is done more quickly, because one last note:
as much as the tiny squares woven into the fabric give the material stand, it's awkward to sew by hand, as the slubs mean labour to the needle (and fingers!)...
...nevertheless: happy hand-sewing!
I like the ruffle. It's an unusual element and does perk up the simple dress. I hope your back is feeling better.
AntwortenLöschenBest,
Quinn
Thank you very much :)
LöschenIch mag die Farbe und die Struktur des Stoffes mit den kleinen Quadraten sehr gerne. Allerdings beneide ich Dich nicht um die Handnäherei desselben, wenn er sich so störrisch wie Popeline verhält.
AntwortenLöschenLG
Emily
Dankeschön! Ja, irgendwie ist dieser Einstieg in die Frühromantik ein wenig 'quälend' gewesen...lol...aber aufgeben gibt's nicht!
LöschenI knew you would be just as fabulous at making earlier Regency garments as you are at the later ones! You've done it! The color is so deep and unusual and it reminds me of the forest. I really like how you've captured the low neckline, and how the ruffles at the hem and the belt provide some structure to an otherwise very Grecian/loose era. I love it!
AntwortenLöschenThank you so much! Unfortunately it's doesn't fit the dress form exactly, the neckline is a bit more roundish when wearing...but I still have to get used to the train, although it's a rather short one ;)
LöschenFuer festere BW-Stoffe nehme ich sehr gern Quiltnadeln. Diese sind spitzer und haerter, wodurch man sich nicht so arg quaelen muss.
AntwortenLöschenDas Kleid ist aber wieder sehr sehr schoen geworden.
Vielen lieben Dank für den Tipp, Andrea! Üblicherweise nehme ich immer uralte Nadeln in diesen bezaubernd gefalteten Seidenpapierheftchen, aber da muß ich doch glatt mal im Nähladen um die Ecke nach Quiltnadeln Ausschau halten :)
LöschenLiebe Sabine, die Zeit die dieses Kleid dich gekostet hat, kann man sicher gar nicht aufwerten, aber es ist so hinreißend geworden!! Die Farbe finde ich wunderbar! Dieses Kleid wird die unglaublich gut stehen und ich freu mich shcon auf nächstes Jahr, wenn ich es im Original an die bewundern darf!!!
AntwortenLöschenLG, Kerstin
Lieben Dank, Kerstin! Endlich mal was mit Schleppe, auch wenn sie noch so kurz ist ;)
LöschenDear Sabine,
AntwortenLöschenDid you ever get the proportions just right! From the nicely gathered frill on the hem to the cut of the neckline, wow. Cut is everything in a dress like this. The belt is a just-right added touch.
As Jenni said, I just knew you would excel in this area :}
Can't wait to see it on you with the spencer and accessories.
Very best,
Natalie
Thank you very much :) You've made my day! Hearing this from you puts a big happy smile into my face as your late 18th century re-creations are always so superb and well-researched!
LöschenMy first lesson learnt: The fashion from the early years is more exciting than I ever thought!
Dear Sabine,
AntwortenLöschenWhat a wonderfully beautiful dress you have made! I love the ruffles and the color and the sleeves are a very nice length! What an inspiration!
Blessings!
g
Thanks a lot! I had to get used to not sewing lots of piping and ruffles and froufrou, but now I think the late 1790s are quite fetching in their simplicity :)
LöschenSabine this is great. You solved my concern about period gowns that have the bodice and the front skirt separated. I wasn't sure that just tying it in place was going to keep it there! This is fabulous. I love being a part of this community I love learning from you. Have a great day.
AntwortenLöschenDid you have much fabric left over at the end once you finished the dress?
AntwortenLöschenYes, there was fabric left. This fabric had a certain pattern, thus I was to purchase some more...I also made up the bodice three times (oops) until I was happy with the fit. I guess a yard less would also work fine for the dress :)
LöschenThanks. :) I love the dress. I'm drafting similar one from scratch for the first time and I'm terrible at working out yardage.
Löschen