Sonntag, 21. September 2014

Journal Journey into the Year 1811: September 'Journal des Luxus und der Moden'


Während der eine oder andere noch seufzend den zurückliegenden verregneten und unsteten Sommer Revue passieren lässt,
klingt aus dem fernen Jahr 1811 ein Ächzen ob der Hitze.
Ein Sommer, der in die meteorologische Geschichte eingegangen ist.
Aber hat er auch die modische Geschichte auf den Kopf gestellt?
Finden wir's heraus!
While some may recall the past rainy and unsteady summer with a sigh,
we do receive the memento of a groan due to the incredible heat from 1811.
A summer, which made meteorological history. 
But did it also took influence on fashion history?
Let's find out!

Journal des Luxus und der Moden 
September 1811
 (Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, September, Journal des Luxus und der Moden
 XI. Erklärung der Kupfertafeln

Tafel. 25 Eine Dame en demi parure mit Ballon=Aermeln (Anmerk.: weitere Details im Modenbericht aus Berlin)
Tafel. 26 Eine Dame im Hut a la bergere, nebst mehreren neuen Hüten aus Berlin (Anmerk.: weitere Details im Modenbericht aus Berlin)

XI. Explanation of the copper plates
Plate 25 A lady in demi parure with balloon sleeves (Note: more details in the following fashion news from Berlin)
Plate 26 A lady with a hat a la bergere, next to a few more hats from Berlin (Note: more details in the following fashion news from Berlin)
 X. Moden 
1. Modenbericht aus München 
München im Julius 1811 
Die große anhaltende Hitze während dieses Sommers (1) äußerte auch ihren Einfluß ganz besonders auf die Moden, und nöthigte unsere Damen, sehr große feine Strohhüte mit noch größeren Schirmen, mit Spitzen am Rande garnirt, zu tragen. Aber auch diese scheinen noch nicht hinreichend, die Gesichter unserer Schönen vor den brennend=heißen Sonnenstrahlen zu schützen, sondern es kommen noch dazu sehr große Sonnenschirme mit chinesisch spitzigen Dächern, welche einen solchen Umfang haben, dass sie allenfalls wohl einen leichten Regen abhalten können. In der Kleidung ist aus eben diesem Grund keine der neusten Moden vorherrschend, und man wählt durchaus am meisten weiße leichte Zeuche.
Unsere Elegants tragen Gilets und lange weite Pantalons von roth, blau oder gelb gestreiftem Nankin, bis in die Schuhe, und dazu einen kurzen weiten Frak von brauner oder grauer Farbe und leichtem Tuche, jenen mit einem Kragen aus schwarzem Sammet geziert. 
 X. Fashions
1. Fashion news from Munich
Munich in July 1811
The continuing heat during this year’s summer (1) is also influencing the fashions and urges our ladies to choose big fine strawhats with even bigger brims, decorated with lace around the edges. But these still aren’t sufficient to protect the faces of our beauties against the burning sunbeams, that’s when enormous parasols with Chinese canopies appeared, which could also protect from light rain. For this reason no new dresses have been introduced, and we mainly see white sheer garments.
Our gentlemen wear their waistcoats with long and loosely fitting pantalons of red, blue or yellow striped nankeen, which reach down into the shoes. They match their ensemble with a short and loosely fitting coat of brown or grey colour and made of light wool, with a collar made of black velvet.

2.Modenbericht aus Berlin
Berlin, den 2.August 1811
Sie erhalten hierbei aus unseren geschmackvollsten Mode-Magazinen einige an Ort und Stelle gefertigte Zeichungen.
Auf Tafel 25. finden sie eine Dame en demi parure oder im sommermäßigen Ballanzug. Die Aermel sind hier unter dem Namen Ballon=Aermel seit kurzem sehr in Mode, und sind von sehr feinem durchsichtigen Zeuche. Unter dem Ballon=Aermel befindet sich ein enger Aermel, worauf die Puffen befestigt sind. Die stehenden Tollen über die Schultern sind von weißem Atlas=Band, so auch die Bogen zum Besatz des Kleides. Der Besatz selbst ist von Blonden oder Tülle. Der Kopfputz besteht in gescheitelten Haaren, und hinter jedem Ohre eine ziemlich große Locke. Eine einzige Flechte zieht sich um den Kopf mit einer kleinen Rosen Guirlande umwunden. Die Farbe der Rosen sowie der geschnürten Schuhe, ist carmesinroth.
Die 26 Tafel gibt einige der modernsten Hüte, wie sie der gebieterische Scepter der Göttin Mode unseren Berlinerinnen zu tragen befiehlt. Die Dame (Fig.1) erscheint in einem sogenannten italienischen Strohhut (oder a la bergere); das Kragentuch ist von sehr feinem durchsichtigen Zeuche, und hat unten einen kleinen gerollten Besatz von Tülle, der zwischen sechs schmalen Säumen liegt. Die Kragentücher mit einer gestickten Palm=Blätter Verzierung (2), werden auch nochhäufig getragen.
Von den hier abgebildeten Hüten ist Fig.2 und 3 ein und derselbe, bei Fig. 3 sehen sie die Cocarde, welche bei diesen Hüten etwas wesentliches zu seyn scheint. Die Cocarde ist mit einer schmalen goldenen Schnalle befestigt. Die Farbe der Cocarde, der Bänder, so auch des breiten gefältelten Bogens inwendig, sind of von sehr hochrother brennender Farbe. Diese Art Hüte heißen hier Aurora und werden, wie auch die a la bergere am häufigsten getragen. An den letzteren darf die Farbe der Bänder keine andere als hellblau oder blassgrün seyn.
Fig. 4 ist ein kleines Capote von Bast. Die weißen Atlaszacken sind mit Amaranth=Levantine (3) eingefasst. Drei kleine goldene Schnallen befestigen das weiße Band.
Fig. 5 ist ebenfalls ein leichter Sommerhut, vorn mit einer schmalen Rosenguirlande verziert.
Der Hintertheil des Hutes hat Ähnlichkeit mit dem Visier eines alten Ritterhelms, es kann größer und kleiner gemacht werden, am häufigsten wird es aber so getragen, wie es hier gezeichnet ist. 
2. Fashion news from Berlin
Berlin, August 2nd 1811
We do present some plates from our tasteful fashion journals.
Plate 25 shows a lady in demi parure or a summerly ballgown. The sleeves are known as balloon sleeves, and very recently became highly fashionable. They are made of very fine and sheer fabric. Hidden beneath the balloon sleeve is a fitted tight sleeve, on which the puffs are mounted. The embellishments on the shoulders are made of white satin bands, same goes for the scalloped decoration of the dress’ skirt. The emebellishment itself is made of blondes (lace) or tulle. The hair is parted, and there’s a huge curl behind each ear. A single braid is wound around the head with a small rose garland. The colour of the roses and laced slippers is carmine red.
Plate 26 presents some of the latest hats, which the imperious sceptre of the goddess of fashion commands. The lady (Fig.1) is sporting a so-called Italian strawhat (or a la bergere); the kerchief/fichu is made of fine and sheer fabric, and has a rolled trimming of tulle in between six rows of small pintucks. The fichus with embroidered palm-tree motifs (2) are also still in fashion.
From displayed hats on the plate Fig. 2 and 3 are the same, Fig. 3 shows the cocade, which is the hallmark of these hats. The cocade is attached with a gold clasp. The cocade’s colour, those of the ribbons, and the pleated trim inside, are often of deep red colour. These hats are called Aurora and, next to the a la bergere, are worn most often. The ribbons of the latter have to be either light blue or pale green.
Fig.4 is a little capote made of bast. The white pinked satin trim is bound with amaranth Levantine (3). Three small gold clasps hold the white trim.
Fig. 5 is also a light summer hat, decorated with a rose garland on the front. The back of the hat has a certain similarity with the ventail of a knight’s helmet. It’s seen bigger or smaller, but most often is worn as depicted in the plate.

 3. Modenbericht aus Paris
Den 10. August
Alle Hutformen der Damen haben noch die bisherige Höhe; doch ist es nicht mehr allgemeine Regel, dass der Schirm eines Hutes ebenso breit, als der Hut hoch sein müsse: hoher Kopf und schmaler Rand finden sich oft vereint. Außer den grünen Capoten, zahlreicher jetzt, als sie bisher waren, sieht man Capoten von grünen oder schottischem Grund mit einem Schirm von italienischem Stroh.
Um die Halbstiefelchen besser nachzuahmen, so haben einige Strumpffabrikanten en broderie a jour Strümpfe fertigen lassen, welche in der Mitte des Fußes eine Franze, wie bei Lederstiefelchen haben. Diese Strümpfe sind weiß; man hat sie in Baumwolle und Seide. – Wir sprachen schon mehrmals von den Hortensien. Da diese Blume, in den verschiedensten Graden ihrer Blüte, die Farben wechselt, so haben einige Modehändlerinnen bei den Blumenfabriken Bouquets bestellt, welche hellgrüne, pistaziengrüne, weiße und rosa Blüten haben. Bouquets dieser Art werden auf weißen Hüten getragen. Weiß ist die Modefarbe.
Auf anderen Hüten trägt man die kleinen regenbogenfarbigen Halstücher (fichus a l’iris), en marmotte (4) übergesteckt und zwar weit hinten am Hutkopfe. 
3. Fashion news from Paris
The 10th of August
All ladies’ hat shapes have the same height as before; but it isn’t a common rule anymore, that the brim has to be of the same size as the crown: high crown and small brim are often seen. Green capotes are seen more often, also those with a green or Scottish ground and a brim of Italian straw.
To mimic the half boots, some stocking manufactors have created the en broderie a jour stockings, which sport a fringe up on the ankle, like it’s seen on half leather boots. These stockings are white and made either of cotton or silk. –
We often talked about hydrangea. As this flower changes it’s colour during the different stages of blooming, some clever milliners have ordered bouquets at the flower manufactors, which have light green, pistachio green, white and pink petals. Bouquets of this kind are added to white hats. White is the first choice fashion colour.
We also see rainbow-coloured kerchiefs (fichus a l’iris) on hats, assembled en marmotte style (4), very far on the back of the hat.
 
 1811, Thomas Rowlandson 'Looking at the comet...' National Maritime Museum
(Quelle/Source: via pinterest)

***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Laut ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) und einiger weiterer Quellen war der Sommer 1811 einer der wärmsten und trockensten in der 246-jährigen Geschichte der Aufzeichnungen. Während dieses Sommers soll für lange Zeit ein ungewöhnlich großer Komet am Firmament sichtbar gewesen sein.
(2) Die Palmverzierungen wurden eifrig während der Leipziger Ostermesse beworben
(3) Levantin in einem roten Farbton (Armaranth)
(4) Eine umfassende Erklärung zu der Herkunft des Stils ‚a la marmotte’ findet sich auf dem blog ‚The Dreamstress - Terminology: marmottes and the savoyarde style’ – unbedingt lesen! 
***Explanations/Annotations***
(1) According to the ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) and various sources the summer of 1811 was one of the hottest and driest in the 246 years old history of the meteorological chronicles. During this summer an unusual large comet should be visible on the skies for a long time.
(2) The palm tree motifs were largely advertised at the Easter Fair in Leipzig
(3) Levantine in the colour of amaranth (red)
(4) An in-depth explanation of the origin of the term ‘a la marmotte’ can be found on the blog of ‘The Dreamstress - Terminology: marmottes and the savoyarde style’ – go have a good read!

Ein Blick in die anderen Metropolen wird zeigen, 
ob man auch in London und Paris unter der Hitze des Sommers 1811 litt.
 A look to the other metropolises will reveal,
wether they'd also suffer from the 1811 summer's heat wave.

An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"

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