Montag, 30. März 2015

1813 Costume Parisien Chapeau de Reps

In den Jahren zwischen 1811 und 1813 begegnet man immer wieder einer etwas ungewöhnlichen Hutform, einem runden Chapeau oder Casque, der ein wenig an einen Helm erinnert, und obwohl er noch einen Rückgriff auf die Antike darstellt und im Ursprung dem Militär entlehnt ist, wirkt es eher, als würde er ein Fenster in eine ferne Zukunft öffnen.
Als Stoff wählte der Hutmacher bevorzugt Velour, Satin oder Seidenreps (auch: Seidenrips).
Der Farbauswahl waren keine Grenzen gesetzt, obwohl man bei sommerlichen Modellen weiß oder blasse Töne bevorzugte.
In the years between 1811 and 1813 a quite peculiar hat shape was seen everywhere, a chapeau with a rounded crown or a casque, which has a resemblance with a helmet, and although meant as a reminiscence to the classical antiquity and a distinctive origin in the military influence, it appears as if the hat gives a glimpse of a distant future.
Milliners used to favour velvet, satin or silk reps (sometimes: silk rips) for their hats.
The colour chart knew no limits, but summerly styles would prefer white or lighter shades.

1811, Costume Parisien, Plate 1121 (Quelle/source: SceneinthePast)

1813, Costume Parisien, Plate 1282 (Quelle/source: SceneinthePast)

1813, Costume Parisien, Plate 1287 (Quelle/source: SceneinthePast)

1813, Costume Parisien, Plate 1295 (Quelle/source: SceneinthePast)

Während die Modelle vor 1811 teilweise noch eine weiche Krone haben, waren spätere Modelle zumeist fest geformt aus Stroh oder Filz.
Die Hüte sieht man undekoriert oder mit Ferdern und im Sommer auch mit Blumenbouquets.
While the models prior to 1811 often had a soft crown, the later ones almost always were made of a stiff crown using straw or felt.
The hats were sported without decoration or with a feather plume or in summer with a flower bouquet.

Für meinen Hut wählte ich roten Seidenrips, der im Querverlauf zugeschnitten wurde, um die runde Filzkrone zu bespannen.
For my chapeau I've chosen a red silk rips, which was cut on bias, to be able to cover the round felt crown.

1813, Chapeau de Reps
Auf der Vorderseite erhielt der Hut eine Bespannung im Querverlauf, die Rückseite wurde fächerartig mit gepaspelten Bändern gestaltet und mündet oben in einem kleinen Schirm.
The front of the hat was covered with bias cut fabric, while the back was layered with piped bands, which lead into a peak on the top.

Es kamen fünf silberne Schnallen und eine größere silberne Schnalle vorn zum Einsatz.
I've used five small buckles and one big silver clasp on the front.

Durch das Kinnband drückt sich die Krempe beim Tragen zusammen und umrundet das Gesicht in der gewünschten Form.
With the help of the chin strap the brim is pressed against the cheeks to get the desirered look.

In den Seidenrips sind kleine Punkte eingewebt.
There are small dots woven into the silk rips.

Die Schnallen dienen nicht nur der Zierde, sondern damit lässt sich auch das Kinnband regulieren.
The buckles are not only for embelishment, but also serve to adjust the chin strap.

Der kleine Schirm
The little peak

Die große Zierschnalle vorn
The big silver clasp in front

Ein Blick in das Innere. Der Hut ist mit weißem Baumwollstoff (leinwandbindig) gefüttert
A view to the inside. The hat is lined with white cotton (plain weave)

Die gespaspelten Bänder, die fächerförming die Rückseite umschließen.
The piped bands, which embrace the hat's back.

Ich finde, der Hut passt auch noch sehr gut in das Jahr 1815, um meiner Robe de Quadrillée einen zusätzlichen Hingucker zu verschaffen! Es wäre doch wirklich bedauerlich, diese Mode nur eine Saison lang auf dem Kopf zu tragen ;)
I think, the hat wonderfully fits into the year 1815, to spice up my Robe de Quadrillée! Because it would be pity to wear this cool headwear for just one single season ;)

Montag, 23. März 2015

1814 Costume Parisien Chapeau orné de Lis (...sans Lis)

Nach einem kurzen, aber nicht unbedeutenden Intermezzo in der vergangenen Woche, geht es vom Schreibtisch der Putzmacherin zurück an ihren Arbeitstisch.
Der Hut, den ich heute meinen Lesern vorstellen darf, ist aus vielen Gründen eines meiner Lieblingsstücke.
Zunächst einmal fand er im Jahr 1814 Eingang in die Modewelt (der Jahrgang, den ich besonders schätze!) und dann stammt er noch aus der Feder Horace Vernets...und zu guter Letzt', eines der Originale befindet sich in meiner kleinen Sammlung.
After a short, but nonetheless important interlude in the past week, it is back again from the milliner's writing desk to the working table.
The hat, which I have the pleasure to introduce to my readers today, is one of my favourites for many reasons.
First it found it's way into the fashionable world in 1814 (a year, which I appreciate quite a lot!) and it was made by Horace Vernet...and last but not least, one of the original plates is part of my small collection.

1814, Costume Parisien 1392, Chapeau orné de Lis, Horace Vernet

Mit dem Hut habe ich schon lange geliebäugelt, denn - und da kommt ein weiterer Grund ins Spiel - ein wenig erinnert er mich auch an die Kopfbedeckung, welche Fanny Brawne in der letzten Szene des Films "Bright Star" trägt.
Eine Nachbildung war also irgendwie unumgänglich!
I fancied this headwear for quite a while, because - and here I give you another reason - the hat reminds me a bit of the one, which Fanny Brawne wears in the very last scene of the movie "Bright Star".
It was inevitable to re-create this hat!

Ich fertigte den Hut in zwei Teilen, die Krempe aus Finnpappe und Steifleinen, das am oberen Rand mit Hutdraht verstärkt wurde und die eigentliche Krone ebenfalls aus Pappe.
Die hohe Krone wird einfach aufgestülpt und mit wenigen Stichen am Steifleinen festgenäht, so hat der Hut mehr Halt und kann leichter bearbeitet werden.
I made the hat in two separate pieces, the brim was made of pasteboard and buckram, which was reinforced with hat wire at the top, and the actual crown made completely of paste board.
The high crown is simply put over the brim's buckram and secured with a few stitches, this way the hat has more stand and it's easier to work with.

Und so sieht der gefertigte Hut aus. Beim Tragen zieht das Kinnband die Krempe in Form, sodass sie sich rund um das Gesicht schmiegt.
And this is the finished hat. While wearing the chin strap helps to shape the brim around the face.

Als Stoff habe ich schwarzen Baumwollchintz verwendet. Gefüttert ist der Hut mit weißem Baumwollstoff.
I've chosen black cotton chintz for the hat and lined it with white cotton.

Auf der einen Seite trägt der Hut als Verzierung eine wundervolle Schleife aus altem Seidenband, welches mir meine liebe Freundin Natalie von 'A Frolic through Time' geschenkt hat - übrigens ein weiterer Grund, warum ich den Hut so mag!
Die andere Seite zieren zwei - nein keine Lilien, wie im Titel beschrieben - echte Seidenorchideen, ein wundervolles Geschenk meiner Freundin Kerstin von 'flyingdreams'...ja, erraten! Selbstverständlich noch ein guter Grund, warum mir der Hut am Herzen liegt.
The one side of the hat is adorned with a beautiful bow tie made of vintage silk ribbon, which was given to me by my dear friend Natalie of  'A Frolic through Time' - another reason, why I like the hat so much!
The other side is embelished by two - no unfortunately no lillies like described in the title - real silk orchids, a kind gift of my dear friend Kerstin of 'flyingdreams'...yes, you've guessed it!
Another reason, why I favour this hat.

Das Hutband mit zwei Paspeln.
The hat band with two pipings.

Die aufgesetzte Baumwollhaube wurde ebenfalls mit einer Paspel angebracht.
The additional cottontop was also attached with a piping.

Unter der Schleife verbirgt sich die Schnalle.
The bow tie hides the fastening.

Ein Blick in die hohe Krone, die immerhin 15 Zentimeter misst.
A view of the inside of the crown, which measures 15 centimetres in height.

Rückansicht - back view

 In diesem Winkel sitzt der Hut auf dem Kopf.
This is angle on which the hat sits on the head


Montag, 16. März 2015

Sehnlich erwart ich die morgende Post (Briefe Teil II - Letters Part II)

Weiter geht's mit Teil II!
Nachdem ich im gestrigen Beitrag (Teil I hier entlang: *click*) auf die Schreibwerkzeuge, Form und Inhalt der Briefe eingegangen bin, wenden wir uns nun den Protagonisten rund um die 
Putz & Modenhandlung Mme Bettinger zu, denn neben geschäftlichen Briefen gehörten auch persönliche Briefe zum täglichen Leben in der Modenhandlung.
Im Vorfeld zu der Veranstaltung haben wir uns alle Gedanken dazu gemacht, wie man der Idee auf möglichst unterhaltsame Weise Leben einhaucht - zu diesem Zweck haben wir eine Geschichte erfunden..oder besser: viele Geschichtchen.
And here we go again with Part II!
In yesterdays post (Part I is here: *click*) I've introduced the neccessary writing tools, ponderings about the form and content of letters, I may now invite you to meet our protagonists, because next to the business letters, personal letters were also common in a shop.
Beforehand we all stuck our heads together to plot a way to inhale life into the idea - we simply forged a story...or more precise: lots of little stories.

Die Putz & Modenhandlung Mme Bettinger wurde im Jahr 1782 von Bernhardina Adelheid Bettinger, genannt Adelaide Bettinger, gegründet.
Ihr Mann Caspar Gotthold Bettinger war gegen Ende der 1770er Jahre erfolgreich in der Seidenweberei und gönnte seiner modisch interessierten Gattin den Zeitvertreib einer Modenhandlung.
Der Stern der Seidenweberei sank allmählich im Sauerland, aber nicht Mme Bettingers Ruf und Ruhm der Modenhandlung, die ab 1791 Putz & Modenhandlung wurde. In dem Jahr nämlich, als C.G. Bettinger alles Weltliche hinter sich ließ und das Erbe seinen beiden Söhnen überließ.
Die Söhne waren aus anderem Eisen geschmiedet, sie verwarfen die Idee der Seidenweberei im Sauerland und verlagerten sich stattdessen mit dem verbliebenen Vermögen auf den Seiden- und Tuchhandel und die Nadelproduktion.
Während der ältere der beiden im Sauerland die Fäden in der Hand hielt, bereiste der jüngere Europa und knüpfte neue Kontakte.
The Putz & Modenhandlung Mme Bettinger was found in the year 1782 by Bernhardina Adelheid Bettinger, called Adelaide Bettinger.
Her husband Caspar Gotthold Bettinger, was quite successful with silk weave crafts at the end of the 1770s and allowed his wife the folly of a fashion shop.
The height of silk weaving success in the Sauerland unfortunately sank dramatically, but not Mme Bettingers fame, she was able to turn the dressmakers shop into a milliners and dressmakers shop in 1791. The year, when her husband C.G. Bettinger died and their two sons took over reign.
 The sons were made of different fabric than their father, they skipped the idea of weaving an invested the inherited money into silk and fabric trade and the production of needles.
While the older one steered the trade and manufacture in the Sauerland, the younger one travelled throughout Europe to establish ties to merchants and crafters.

 before 1820, Le Bon Genre Plate 103, access No. 1995,0930.30 
(Quelle/source: TheBritischMuseum)

Mmes Elisabeth Sabina Bettinger und Alessandra Bettinger
Eigentlich müßte die Putz und Modenhandlung nicht Mme Bettinger, sondern Mmes Bettinger heißen, denn im Jahr 1807 verstarb Adelaide Bettinger und hinterließ ihre florierende Putz und Modenhandlung den Schwiegertöchtern Elisabeth Sabina Bettinger, genannt Sabina, und Alessandra Bettinger.
Den beiden Damen gelang es den Ruhm der Putz und Modenhandlung über die Grenzen Westfalens hinaus zu mehren.
Alessandra Bettinger, die Gattin des Jüngeren, die er während einer Reise in die Schweiz kennegelernt hatte, reist zweimal jährlich zur Messe nach Leipzig, besucht London und pflegte sogar Beziehungen zum Hof Josephine de Beauharnais nach Malmaison.
Sabina Bettinger, die Gattin des Älteren, entwirft unermüdlich neue Kleider und Hüte und schöpft dabei aus den Handelsbeziehungen der Familie in alle Welt.
Einig sind sich die beiden Schwägerinnen in der Kunst und Literatur und in der Auswahl der Belegschaft der Modenhandlung, aber denkbar uneinig darüber, welche Mode die einzig Wahre ist.
Mme A. Bettinger liebt die französische Mode des Directoire und Consulat, elegante Mode und fließende Formen, während Mme S. Bettinger stets den neusten Moden nacheifert und es gar nicht genüg Rüschen sein können. 
Die Wortgefechte der beiden klingen oft durch das ganze Haus.
Actually the milliner and dressmakers shop shouldn't be namend Mme Bettinger, but Mmes Bettinger, because in 1807 Adelaide Bettinger passed away and her successful shop was given into the hands of her daugthers-in-law Elisabeth Sabina Bettinger, called Sabina, und Alessandra Bettinger.
Those two have been able to stretch the fame of the shop even beyond the boundaries of Westphalia.
Alessandra Bettinger, wife of the younger, who has met her during a jounrey through Switzerland, travels to the Fair in Leipzig twice a year, visites London and has even ties to the court of Josephine de Beauharnais in Malmaison.
Sabine Bettinger, wife of the older brother, constantly comes up with new ideas for dresses and millinery, which is fed with materials from all over the continents.
The sisters-in-law do agree in their taste for art and literature, and whom to add to their staff at the shop, but they never agree about fashions.
Mme A. Bettinger loves the french fashion of the Directoire and Consulat, elegant dresses and light fabrics, while Mme S.Bettinger prefers the latest craze of fashions and there are never too many ruffles.
Their quarrels often echo throught the whole house.

Costumes d'ouvrieres (Gatine), Cuisiniere (Quelle/source: gallica bnf)

Frau Josephine Hausmann (Hauswirthin)
Josephine Hausmann, manchmal auch Haussmann, erträgt die Auseinandersetzungen der Schwägerinnen mit der Gelassenheit, die für eine gute Hauswirtin kennzeichnend ist.
Sie kam 1813 in das Haus an der Stadtmauer, nachdem sie keine Nachricht mehr von ihrem Mann erhalten hatte. Dieser war in die Völkerschlacht bei Leipzig gezogen.
Sie verließ ihre baierische Heimat um fortan im Sauerland Dienst zu tun.
Ihr Reich ist die Küche, aber sie sorgt für die gebührende Ordnung im ganzen Haus.
Ihre Kochkünste sind hochgelobt und ihre Temperament manchmal gefürchtet, vor allem wenn sie in baierische Mundart verfällt und grant'lt.
Josephine Hausmann, also known as Haussmann, keeps her composure about the quarrels, just as good housekeepers should.
She came to the house in 1813, after she hasn't received any further messages about her husband who fought in the Battle of Nations in Leipzig.
She had to leave her bavarian home to find work in the Sauerland.
She reigns over the kitchen, as well as she's very strict in all matters of housekeeping.
Her cuisine is well praised and her temper sometimes dreaded, especially when she starts to rant and vent in her bavarian tongue.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Brodereuse (Quelle/source: gallica bnf)

Frau Karoline Holpriger (erste Stickerin)
Die Gattin des Pastors C.H. Holpriger arbeitete bereits unter Mme Adelaide Bettinger in der Modenhandlung als Stickerin und blieb auch nach ihrer Heirat dem Hause erhalten. Ihre Kunstfertigkeit ist überragend und nicht selten schmuggeln sich Briefe ins Haus, um sie abzuwerben. Aber Frau Holpriger bleibt der Modenhandlung treu.
Bei den Stickerinnen und Nähterinnen hat sie stets das letzte Wort. Außerdem hat sie eine wunderbare Singstimme, die man oft im Hause hört.
The wife of the parson C.H.Holpriger already was a much appreciated embroideress under Mme Adelaide Bettinger, and she remained at the shop even after her marriage. Her work is one of a kind and it is said that she sometimes receives letters with good offers from other shops. But Frau Holpriger is true to the shop.
Among the embroideresses and seamstresses she has the final say. She also has a lovely singing voice, which is often heard throughout the house.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Repasseuse (Quelle/source: gallica bnf)

Frl. Sophia Luise Pake
Frl. Pake, genannt Sophia, stammt aus Schwefe bei Soest und folgte vor ein paar Jahren dem guten Ruf der Putz und Modenhandlung Mme Bettinger. Man erzählt sich hinter vorgehaltener Hand, dass es den Mmes Bettingers ein gutes Gehalt von einigen Thalern wert war, die geübte Stickerin anzuwerben.
Sie ist nicht nur eine ausgezeichnete Stickerin, sondern ihre Nähte sind fein und klein wie die Beinchen eines Flohs, außerdem hat sie noch nie ein Stück Spitze beim Bügeln angesengt.
Sie hofft in diesem Herbst das erste Mal mit nach Leipzig zur Michaelismesse fahren zu dürfen.
Frl. Pake came from Schwefe near Soest a few years ago to the work in the shop. It is said that the Mmes Bettinger have agreed to pay the salary worth a few Thalers, to enlist the skilled embroideress.
She's not only highly skilled in embroidery, but her stitches are neat and tiny like the legs of a flea, and she never ever ruined a trim with the iron.
She has high hopes to accompany Mme A. Bettinger to the Michaelmas Fair in Leipzig in Autumn.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Couturiere (Quelle/source: gallica bnf)

Mej. Clara Christina Broekman 
Mej. Broekman, genannt Christina, stammt aus Nijmegen in den Niederlanden. Ihr Vater Franz Joseph Bruckmann kehrte seiner westfälischen Heimat den Rücken und heiratete in den 1780er Jahren Gerritje van Hal. Christinas Onkel Johann Bruckmann vermittelte die Schneiderin in die bekannte Putz und Modenhandlung Mme Bettinger.
Die Mmes Bettinger sind angetan von dem modischen Einfluß der Schneiderin, die sich sowohl mit holländischen als auch englischen Schnitten bestens auskennt und stets mit trefflichen Ideen bei der Umsetzung aufwartet. Seit zwei Jahren begleitet sie Mme A. Bettinger zu den Leipziger Messen.
Mej. Broekmann, called Christina, is from Nijmegen in the Netherlands. Herr father Franz Joseph Bruckmann left his westphalian home and married Gerritje van Hal in the 1780s.
Christina's uncle  Johann Bruckmann placed the seamstress in the shop a few years ago.
Mmes Bettinger are highly impressed by the influence of the seamstress, who is very familiar with Dutch and English pattern making and always at hand with a well thought idea for construction.
She accompanies Mme A.Bettinger to the fairs in Leipzig for the past two years.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Demoiselle de Boutique (Quelle/source: gallica bnf)

Frl. Friederike Sethe
Friederiken ist erst im Mai als Lehrling in die Putz und Modenhandlung gekommen, nachdem ihre Vorgängerin das Haus verlassen mußte. Nachdem sie das Lehrgeld an Mmes Bettinger gezahlt hatte, brach sie aus ihrer Heimat München auf, um ihre lange Ausbildung zu beginnen. Kost und Logis in der Modenhandlung werden ihr gestellt, sehr zur Freude der Hauswirtin, mit der sie Erinnerungen an die baierische Heimat austauscht.
  Friederiken hat sich recht schnell eingelebt, wenngleich sie über ihre derzeitige Arbeit oft murrt, seit Tagen ist sie damit beschäftigt Stoffe abzulängen und Säume zu vernähen...aber Lehrjahre sind eben keine Herrenjahre.
Friederiken came as apprentice into the shop in May, after the prior apprentice had to leave. After she paid the apprentice's due to Mmes Bettinger, she left her bavarian home Munich, to start the long years of learning. Board and lodge are free for her as she lives in the shop with the housekeeper, who is quite happy about it as the two often exchange memories of Bavaria.
Friederiken adjusted to the daily chores at the shop quite quickly, but nowadays you sometimes find her with a sour face as she has to cut fabrics and finish the edges for days on end...well all beginnings are difficult.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Eleve-peintre (Quelle/source: gallica bnf)

Dlle Rosa Schulte Mencken
Demoiselle Schulte Mencken ist derzeit in der Putz und Modenhandlung zu Gast, um einige Vorlagen für neue Modekupfer zu zeichnen. Zuvor war sie in Berlin als Portraitmalerin beschäftigt, um das Gemälde eines berühmten Kunden zu verewigen.
Gebürtig stammt sie aus dem westfälischen Hohenlimburg, Stammsitz der Druckerei Schulte Mencken. Ihre begüterte Familie ermöglichte ihr ein Studium bei erfahrenen Portrait-und Landschaftsmalern in Münster, Berlin, Rom und London, aber ihrer westfälischen Heimat kehrt sie nie für lang den Rücken.
Die Vorlagen, die sie derzeit fertigt, werden später von der Druckerei vervielfältigt und werden vor der nächsten Messe im Herbst in bekannten Journalen erscheinen.
Demoiselle Schulte Mencken pays a visit to the shop, to paint some sketches for new fashion plates.
She has spend the month before in Berlin, where she worked as a portrait painter and worked on a painting for a famous sitter.
She's originally from westphalian Hohenlimburg, where her family has the well reknowned printing shop Schulte Mencken. Due to her family's wealth she was able to study art with some popular portrait and landscape painters in Muenster, Berlin, Rome and London, but she never abandoned her westphalian home for too long.
The sketches, she's currently working on, will later be printed by the printing shop and send to the journals before the next fair in Leipzig.


Costumes d'ouvrieres (Gatine), Petite Bourgoise (Quelle/source: gallica bnf)

Frau Sophie von Haindorff
Die Gattin von Alexander von Haindorff lebt auf Gut Caldenhof in Hamm, wo sie 1810 ein philantrophisches Damenkränzchen mitbegründete.
Obwohl sie nur einige Meilen entfernt lebt, schloß sie erst Bekannschaft mit den Mmes Bettinger auf der Messe in Leipzig und ist seither Kundin und Freundin des Hauses. Mitunter nimmt sie die Reise von Hamm nach Menden mehrmals die Woche in Kauf, um sich über die neuste Mode in Kenntis zu setzen und ihre philantrophische Idee weiter zu verbreiten. 
In der Modenhandlung und in der Werkstatt ist sie ein gern gesehener Gast und oft bringt sie ihre eignen Arbeiten mit, von denen einige für den guten Zweck veräußert werden, andere wiederum dem eigenen Schmuck dienen. Bei ihrem Modegeschmack orientiert sich Sophie von Haindorf an der 1810 verstorbenen Königin Luise zu Mecklenburg-Strelitz, deren frühen Tod sie noch immer beweint.
The wife of Alexander von Haindorf lives on House Caldenhof in Hamm, where she co-founded a philantrophic society in 1810.
Although she lives but a few miles away, she made acquaintance with the Mmes Bettinger at the fair in Leipzig and ever since she became client and friend to the house. She takes the carriage a few times a week to drive from Hamm to Menden, to keep updated on the latest fashion and spread her philantrophic ideas.
She's always welcome in the shop and workshop and usually she brings in her own work, which is later sold for donations to the philantrophic society, or to keep for herself. Her fashion sense is very much influenced by Queen Louise of Prussia, who deceased in 1810 and is mourned by Sophia still.


Wie die Briefe zu uns finden in 3 leichten Schritten
How the letters will find their way to us  in 3 easy steps

1.
Der zeitgenössische Faltbrief (datiert vor Juni 1814!) kann also entweder als Geschäftbrief beschriftet und aufgegeben werden, also an Putz & Modenhandlung Mme Bettinger, oder auch als persönliche Post an folgende Empfänger:
The period folded letter (dated before June 1814!) can be written and directed as a business letter to Putz & Modenhandlung Mme Bettinger, or as personal mail to the following recipients:

Mme Alessandra Bettinger
Mme Sabina Bettinger
Frau Josphine Hausmann
Frau Karoline Holpriger
Frl. Sophia  Pake
Mej. Christina Broekman
Frl. Friederike Sethe
Dlle Rosa Schulte Mencken
Frau Sophie von Hainsdorf

2.
Zu dem Namen des Empfängers bitte noch folgende Anschrift (Achtung! Die tatsächliche/moderne Postanschrift folgt in Schritt 3) auf dem Faltbrief hinzufügen:
Please add the following adress (Attention: the actual/modern mailadress follows in step 3) the to the chosen name of the recipient on your folded letter:
Putz & Modenhandlung Mme Bettinger, An der Stadtmauer 5, Menden in Westphalen

3.
Damit dieser adressierte Faltbrief auch ankommt, bitte ich darum, ihn wiederum in einen Umschlag zu geben und ihn bis zum  
15.Mai 2015 Einsendeschluß
an folgende Adresse zu senden (Absender nicht vergessen!):
To provide that this folded period letter will reach us, please put it into a second (modern) envelope
and send it to the following adress until  
May 15th 2015  closing date 
(don't forget to mention sender's name!):
Museum Menden
Projekt: Putz & Modenhandlung Mme Bettinger
Marktplatz 3
58706 Menden im Sauerland (Deutschland)

Derzeit haben wir noch keinerlei Vorstellung davon, wie diese Idee aufgenommen wird, wir rechnen also mit allem, was sich zwischen einem Brief und einem Korb voller Briefe bewegt.
Ich werde versuchen in den kommenden Wochen immer wieder über die Briefe an Mme Bettinger zu berichten und vor, während und nach der Veranstaltung so viel von der eingehenden Post vorstellen, wie uns möglich erscheint. Die Briefe werden im Laufe des Tages während der Veranstaltung am 13. Juni 2015 verteilt, geöffnet und gelesen.
Wir erwarten sehnlich die kommende Post und danken schon jetzt herzlich für jede Zusendung, die unseren Tag noch lebendiger macht.
We have to admit that we have no clue how this idea will be received, so we actually expect everything from just one letter to a basket full of letters.
I'll do my best to publish the progress of the incoming letters during the upcoming weeks and to introduce before, during and after the event as much of the letters as possible. The letters will be handed out, opened and read during the day when the event takes place on 13th June 2015. 
Now we ardently wait for the upcoming letters and we send many thanks for all, who take the chance to make our re-enactment more bright and happy.

Sonntag, 15. März 2015

Sehnlich erwart ich die morgende Post (Briefe Teil I - Letters Part I)

Die Überschrift zum heutige Beitrag ist einem Buchtitel entliehen, der uns mittels Briefen aus der Hand von Amalie und Theodor Schön Einblick in den Alltag um 1813 gewährt.
Und damit sind wir auch bei den beiden Stichpunkten angelangt, die mir am Herzen liegen:
Alltag und Briefe.
Vor einigen Wochen bereits durfte ich von einer geplanten Veranstaltung berichten, bei der wir im Kreise von neun lieben Freundinnen aus ganz Deutschland, Helvetien und den Niederlanden im Juni den Alltag in einer Modenhandlung darstellen werden.
Dabei ist mir nicht entgangen, dass der Ort des Geschehens - das wunderbare Sauerland - für den ein oder anderen eine Herausforderung darstellt, was die Erreichbarkeit betrifft.
Aber dennoch lade ich meine Leser ein teilzunehmen und zwar mittels Briefen, um die Darstellung des Alltags in der Putz & Modenhandlung Mme Bettinger noch lebendiger zu gestalten.
I ardently wait for tomorrow's mail (Part I)
Today's headline is borrowed from a book, wich allows us to take a glimpse into 1813s daily life of Amalie and Theodor Schoen via letters.
And here we have the hints to the terms I am aiming at:
daily life and letters.
A few weeks ago I've written about an event taking place in June, where a circle of nine lovely friends from all across Germany, Switzerland and the Netherlands will revive the life in a milliner and dressmaker shop.
I am well aware, that the place - the awesome Sauerland - might be quite far away to visit for a day.
But nevertheless I invite my readers to take part in the event via letters, to turn the Putz & Modenhandlung Mme Bettinger into an even more animated experience.


Den Funken für diese Idee zündete das jährliche Postpaket der HMS Acasta, das im vergangenen Sommer zum wiederholten Mal mit großem Erfolg ausgeführt wurde.
Eine fabelhafte Gelegenheit Leser und Interessierte in die Darstellung einzubinden und die Freude an der Geschichte zu verbreiten.
In diesem Sinn möchten ich auch meine Leser herzlich einladen ein Teil unserer Veranstaltung zu werden. Briefe schreiben?! 
Ja!!! Briefe schreiben!
Greift bitte zu Feder und Papier und taucht - wie wir - in eine Rolle ein.
The spark to this idea was lit by the annual Mail Packet of  HMS Acasta, which was delievered past summer for the third time with great sucess.
This is a ingenious way to participate and to spread the love for history.
Here I would love to kindly ask my readers to be part of our event. 
Writing letters?
Yes!!! Writing letters!
Please fetch your quill and paper and - like we do - choose a role/character.


unknown (English) trompe l'oeil of  an 18th century letter rack
(Quelle/source: via pinterest)

Zunächst ein kurzer Einblick in das Werkzeug des Schreibens.
Man benötigt Tinte, eine Feder (oder etwas moderner: einen Federhalter oder Füllfederhalter), einen Bogen gutes Papier, ein wenig Siegelwachs und eine Petschaft...und einige Ideen (aber dazu später mehr)
Auf Pinterest habe ich eine kleine Sammlung zum Thema "Schreiben 1800" zusammengestellt.
 First a short overview of the tools of writing.
The essentials are ink, a quill pen (or a modern pen), a sheet of well-made paper, seal wax and a seal...and some sparking ideas (but more on that later)
I have collected some more inspiration on my pinterest board "Schreiben 1800"

1840, Brief des Kürschner-Obermeisters Linde (Quelle/source: wikimedia)

Post wurde in der Zeit um 1814 (wie man an dem oben dargestellten Brief aus dem Jahr 1840 erkennt) als sogenannte Faltbriefe versendet. Das bedeutet, das Blatt auf dem der Brief selbst verfasst wurde, diente auch als Umschlag.
In the year 1814 mail was sent (like shown in the letter above from 1840) as a so-called folded letter. This means the sheet, on which the letter was written, was actually the envelope as well.

Envelope and Letter Folding. Illustrations (c) John Cunliffe
(Quelle/source: ghh.com Envelope and Letter Folding)

Soviel zur äußeren Form des Briefes...und nun zum Inhalt!
In einer Modenhandlung bieten sich da schier unerschöpfliche Möglichkeiten.
Dort trudeln Bestellungen und Anfragen ein, die hier und da vielleicht mit einem Streifen Stoff oder einem Hinweis auf einen Modekupfer und der bangen Frage "Mme Bettinger, ist ein solches Kleid aus ihrem Hause möglich?" gestaltet sind.
Es treffen Lobesbriefe und Tadel ein.
That's it on the outer form of the letter...now on to the content!
There are plenty of possibilties in a dressmaker's shop.
Orders and inquiries arrive, here and there a piece of fabric, a hint to a fashion plate are added to the anxious question "Mme Bettinger, would your house deliever such a dress?"
There might be letters of praise and letters of reprimand.

1802-1812 Le Bon Genres Plate 27, access. No. 1866,0407.88
(Quelle/source: TheBritishMuseum)

Von Messen und Händlern treffen Bestellungen, Rechnungen, Mahnungen und Einladungen ein.
Vielleicht gibt es die Mitteilung einer Reederei aus Hamburg, dass ein Schiff mit Stoffen gesunken ist. Oder ein Wollhändler aus Manchester oder ein Bortenhändler aus Sachsen bedauert, dass seine Lieferung sich verzögern wird.
Es gibt Bewerbungen um eine Stelle im Haus oder ein fahrender Händler kündigt seinen halbjährlichen Besuch an.
Ein Journal fragt an, ob man eine Anzeige setzten möchte. Und aus Paris flattert der Subscriptionsvorschlag für ein neues Journal ins Haus.
From fairs and merchants executed orders, invoices, demand notes and invitations are sent off.
There might be a shipping company from Hamburg messaging that one of their ships sunk with all the fabrics. Or a wool merchant from Manchester or a trim-weaver from Saxonia send out information, that the delievery will be delayed.
There might be application for a job in the house or a salesman announces his visit.
A journal asks, whether the shop would like to have an advert in the next issue. And all the way from Paris a suggestion to subscribe for a new journal is sent.

1789, Ralph Earl, Mr. Elijah Boardman, Dry good Merchant
(Quelle/source: The Metropolitan Museum of Art)

All die ersonnenen Briefe sollten auf das Jahr 1814 (vor dem 13.Juni des Jahres) datiert sein.
Wir freuen uns auf Post in Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch.
Da ich es bislang nicht erwähnt habe, es ist nicht notwendig, dass deutsche Briefe auch in der damals üblichen deutschen Kurrentschrift verfasst werden (wir üben uns selbst erst noch verzweifelt darin).
Please date all letters to the year 1814 (or more precisiely before June 13th).
We're looking forward to mail in German, English, French and Dutch.
As I haven't mention it yet, there's no need to write German letters in the Kurrent handwriting of the early 19th century (we still struggle desperately learning to read and write it ourselves)

So geht's weiter:
Im zweiten Teil (hier entlang: *klick*)
darf ich die tüchtige Belegschaft der Putz & Modenhandlung Mme Bettinger vorstellen, denn es gab nicht nur geschäftliche Briefe, sondern auch persönliche Post.
Und natürlich werde ich die Anschrift für die Aktion bekanntgeben.
What's up next:
In the second part (please follow here: *click*)
I'm going to introduce you to the staff at the Putz & Modenhandlung Mme Bettinger, because next to the business letters, there have also been personal letters. 
And I'll finally reveal the address.

1815, The Messenger, Martin Drölling
(Quelle/source: The Clark)

An dieser Stelle möchte ich freundlichst darauf hinweisen, dass es sich bei der Putz & Modenhandlung Mme Bettinger um eine fiktive Alltagsdarstellung handelt und wir keinerlei tatsächliche Bestellungen oder Aufträge entgegennehmen, auch werden während der Veranstaltung keine Waren verkauft!
Here I'd like to emphasize politely, that the Putz & Modenhandlung Mme Bettinger is a fictitious display of daily life and we do not take in any real orders or duties, also there will be no sales at the event itself.

Montag, 9. März 2015

1814 Chapeau de Velours

Der folgende Hut basiert nicht auf einem bestimmten Modekupfer, aber er greift die ungewöhnliche Form der Krone auf, die man oftmals in Darstellungen sieht. 
Für diesen Hut habe ich - wie der Titel schon andeutet - Baumwollsamt verwendet.
Der Unterbau besteht zum einen aus Steifleinen und aus Pappe, die im oberen Teil der Krone mittels sehr leichten Pappmachestreifen geformt wurde.
The following hat isn't based on a certain fashion plate, but the unusual shape of the crown is often seen in period plates.
For this hat I've used - as the title already indicates - cotton velvet.
The construction is made of buckram and of past board, where the upper part of the crown is sculptured with lightweight papier maché.


Die Krempe ist breiter und ein wenig weiter geformt als bei dem Modell, welches ich in der vergangenen Woche vorgestellt habe.
The brim is a bit wider and different in shape than the model, which I've introduced last week.

Das Papiermuster ist ohne jegliche Nahtzugabe bzw. Zugabe für die Fertigung der Steifleinen- oder Pappkonstruktion abgebildet.
The pattern is shown sans seam allowance for the fabric or buckram construction.

Nachdem die Krone und der Hutdeckel bezogen sind, wird der Deckel mit einer Rundnadel angenäht.
Für die Bespannung der Hutkrone wird der Stoff im Querverlauf verarbeitet.
After the crown and the top are covered, the top is attached with a round upholstery needle.
The velvet for the cover of the crown is cut on bias.

Zur Dekoration habe ich schmales Samtband und Seidenband verwendet, das sehr schön mit dem Honigton des Samts harmoniert.
I used small velvet ribbon and silk ribbon for the decoration, which works wonderful with the honey coloured velvet.

Die Schleifen verdecken die Nahtstellen der Bänder. Samt wurde zumeist für Herbst- und Winterhüte verwendet.
The bows hide the seams of the ribbons. Velvet was mostly used for autumn and winter headwear.

Die Krone ist sehr schmal gearbeitet, sodass der Hut weit oben auf dem Kopf sitzt.
The crown is made quite small, hence the hat sits high up on the hat.

Das Futter ist aus farblich passendem Satin gearbeitet.
The lining is made of matching sateen.

Die Rückansicht.
Back view.

Und abermals hat es sich Miss Marottes Schwester nicht nehmen lassen, den Hut zu präsentieren. Leider verwirrte das Grün ihres Kleides die Kamera und tauchte die Hutdekoration in eine andere Farbnuance.
And once again Miss Marotte's sister was allowed to show the hat.
Unfortunately the green of her dress dipped the colour of the hat's decoration into a different shade.