Sonntag, 27. Juli 2014

Journal Journey into the Year 1811: Juli 'Journal des Luxus und der Moden'


Unser Sommer war in den letzten Tagen von großer Hitze geprägt. Oberste Priorität haben da ein kühles Plätzchen oder zumindest ein gewisses Maß an Schatten, um einen kühlen Kopf bei der Recherche zu bewahren.
Der Sommer des Jahres 1811 lässt ähnliches vermuten, denn im Journal des Luxus und der Moden dreht sich alles nur um Hüte!
Es wird bunt, es wird blumig und unter Federbüscheln werden wir auch eitle Pfauen einherschreiten sehen.
In the past days of this summer we truly suffered from a heat wave. First priority was to find a cool place or a minimum of shade, to be able to do some research.
The summer of 1811 indicates something similar, as the Journal des Luxus und der Moden was all about hats!
It will be colourful, fancy flowers galore and plumes, under which we will also spot gentlemen peacocks parading.

Journal des Luxus und der Moden 
Juli 1811
 (Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, Juli, Journal des Luxus und der Moden
 XII. Erklärung der Kupfertafeln
Tafel 19. Diese junge Dame trägt einen Chemise-Kragen von Mull, gestickt und mit eingeschlagenen Falten. Zu diesem eleganten Neglié gehören jetzt Brodequins oder Halbstiefel von Saffian (1). 
Tafel 20. 1. Der zierliche Hut ist von Perkale, mit dazwischen gesetzten Streifen von Spitzengrund. Das Kleid ebenfalls von Perkal.
2. Die junge Dame trägt ein Canezou oder Spenzerleibchen von himmelblauer Levantine mit Franzen garniert. Der gelbe Strohhut ist durch unterlegten Atlas gezieret, so wie zarte Guirlanden inwendig am Schirm noch häufig getragen werden.
 ***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Saffian oder Maroquin ist ein sehr feines und weiches Ziegenleder, welches künstlich genarbt, einseitig gefärbt aber nicht lackiert wird
  XII. Explanation of the copper plates   
 Plate 19. The young lady is wearing a chemise collar of gauze, embroidered and with pleats.
This elegant negligee is completed by brodequins or half boots made of morocco leather (1).
Plate 20. 1. The delicate hat is made of percale with stripes of lace inbetween. The dress is also made of percale.
2. The young lady is wearing a canezou or spencer made of celestial Levantine, adorned with fringe. The yellow straw hat is embellished with satin, and with delicate festoons, which are still worn on the inside of the brim quite often. 

***Explanations/Annotations***
(1) morcco leather or maroquin is a very thin and soft kid leather, which is artificially shagreened, dyed on one side and not painted.
 X. Pariser Modeberichte
1801, Costume Parisien, Chapeau a la Russe (Quelle/source: Les coiffures a la mode)

Wenn man dem schönen Geschlechte Eitelkeit und mannichfaltigen Wechsel in den Moden vorwirft, so passt dieses ebenso gut auch auf die Männer. Wie reichhaltig ist z.B. jetzt nicht bloß das Capitel der Hüte. Eine flüchtig entworfene Liste davon wird dieses am besten erläutern.
Die Hüte a la Henri IV., vorn aufgeschlagen, und von weißen schwankenden Straußenfedern beschattet, zieren nur die ersten Häupter des Staats. – Zur gestickten Kleidung werden ferner dreieckige Hüte mit eingelegten weißen und schwarzen Federn getragen, erstere von hoffähigen Personen und den Staatsbeamten der ersten Classe, letztere von Fonctionairs der zweiten Classe. Männer, die nicht bei Hofe erscheinen oder bedeutende Staatsämter haben, tragen den einfach gestutzen französischen Hut mit einer Kette und Knopfe von feinsten Stahl.
Den Klapphut (le claque) und den russischen hohen Hut (siehe Abbildung oben) übergehen wir als hinlänglich bekannt.
Der Basile hut (chapeau a la basile) nach der bekannten Rolle im Barbier von Sevilla (1) so genannt, ist ganz rund mit breiten und niedergeschlagenem Rande. 
Unsere Vorfahren nannten es Schlapphüte (chapeau clabaud) oder a la Janseniste. Einige Geistliche tragen diese Art noch.
Männer, welche auf das Land gehen, wählen einen Strohhut, und die Liebhaber von Neuigkeiten, einen chapeau a la Montgolfier, ganz rund von Form.
Elegante Herren trugen noch vor kurzem gewölbte Hüte (chapeau cintré) oder in nachenform (a bateau) (2), die Seitenränder schmal und aufgekrampt, vorn und hinten heruntergekrempt.
Der Bostonsche Hut (chapeau a la bostonienne) gehört für die Anglomanen. Man erkennt ihn leicht daran, dass der obere Theil statt rund, oval ist.
Die ausgebreiteste Mode ist der Robinson=Hut (chapeau a la Robinson) (3), dessen Kopf sich verschmälert und einem Zuckerhut, den man oberhalb quer durchgeschnitten hat, gleicht.

 X. Parisian Fashion report
  If you accuse the fair sex of vanity and the varied change of fashions, this will also fit for the gentlemen. How comprehensive is for example not only the chapter about hats. A hasty assembled list of this will reveal the thesis.
The hats a la Henry IV., turned up at the front, and shaded by white wavering ostrich feathers, do adorn solely the first heads of the state. – Added to the richly embroidered garments, triangle (or tricorn?) hats with attached white and black feathers are worn, the first by those of the high rank at court and state officials of first rank, the latter of officers of the second rank. Gentlemen, who are not part of the court or aren’t high ranked officers, simply wear the low French hat with a chain and button of finest steel.
The claque hat and the high russian hat (see fashion plate above) do not need any further detailed information as they are commonly known.
 The basile hat (chapeau a la basile) named after a famous character in the play Barber of Seville (1), is entirely round with a wide turned down brim.
Our ancestors called them slouch hats (chapeau clabaud) or a la Janseniste. Some clergymen still wear this style today.
Gentlemen, who intend to visit the countryside, choose a straw hat, and the admirer of novilties a chapeau a la Montgolfier, entirely round in shape.
Elegant gentlemen recently have worn short domed hats (chapeau cintré) or those shaped like a boat (a bateau) (2), the side brims small and turned up or arched, while turned down in the front and back.
The bostonian hat (chapeau a la bostonienne) is suitable for the anglophile. It’s easily recognized by it’s crown, which is oval instead of circular.
The fashion most wide spread remains the Robinson hat (chapeau a la Robinson) (3), which is cone shaped like a sugar cone, cut horizontally half way up.
 
 Vom 10.Junius 
Ein Bandeau von Blumen, so wie am Hinterkopf ein Blumennetz, bildeten vorigen Sonntag den Kopfschmuck vieler Damen. Viele andere Kopfaufsätze waren durch die schönen, vorn herumlaufenden Haarkämme geziert, deren Platte oberhalb Monde oder Zacken hat, auf denen weiße Perlen, Korallen oder Stückchen Lapis Lazuli sitzen. Auf allen Hüten von Bast, so wie von Gros de Naples (eine Art starkes, seidenes Zeuch) zeigte sich die gewöhnliche Guirlande. In den Guirlanden a la jardiniere sah man vorzüglich Kornblumen (4). Zu den Guirlanden von einer Art Blumen wählte man vorzüglich Feldrosen (rosa arvensis, siehe Abbildung folgend).
10th of June
A bandeau of flowers, and a filet net of flowers at the back of the head, was seen as decoration last Sunday on ladies’ heads aplenty. Many other head decorations were embellished by circular combs embracing the head, ending in moons and jags on top, adorned with white pearls, corals or cut pieces of lapis lazuli. All hats made of bast, or of gros de naples (a kind of strong, silk fabric) was adorned by a simple festoon. The festoons a la jardinière were usually made of corn flowers (4). Other festoons favoured the choice of the field rose (rosa arvensis, see following picture).

Rose des champs - Rosa Arvensis 
(Quelle/source: botanical.com)

Vom 15. Junius
Der Bast (paille blanche), welcher gewöhnlich vierzehn Tage nach der bekannten Fahrt nach Longchamp (5) schon wieder in Mode ist, wird jetzt häufiger als vor zwei Monaten getragen.
Daraus folgt, dass die gelben Strohhüte und die Kapoten von Perkale und von Mousselingaze in kleiner Zahl gesehen werden. Ferner trägt man grüne Capoten; einige dieser Capoten sind mit Strohband eingefasst. Die vorherrschende Blume ist jetzt die Nelke. Alle Bänder werden noch ausgeschweift (festonnés) getragen. Eben so in Bogen müssen alle Besetzungen unten an den Roben, oben an den Ärmeln, canezous, und fichus-guimpes (6) sein, doch wäre die Garnitur unvollkommen, wenn nicht jede Zacke des Festons oder Bogens wieder durch Stickerei verziert wird.
15th of June
The bast (paille blanche), which is, usually worn a fortnight after the common journey to Longchamp (5), again in fashion, and is now sported more often then two months ago.
That leads to the fact that yellow straw hats and caoptes made of percale and muslin gauze are seen less often. But green caoptes are more widely spread; some of these capotes are bound with straw ribbon. The preferred flower is the carnation. All ribbons are scalloped (festonnés).
Also the hems of gowns, the sleeves, canezous and fichu-guimpes (6) have to be scalloped, but the decoration wouldn’t be complete without an embroidery in every pinked scallop and jag.

1803, Charles Vernet, Promenade de Longchamp 

***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Le Barbier de Seville ist ein Schauspiel in vier Akten von Beaumarchais, das im Februar 1775 uraufgeführt wurde. Erst 1816 kam es als Oper durch Gioachino Rossini auf die Bühnen. 1818 wurde es erstmals in London aufgeführt.
(2) Chapeau a la bateau oder a la barque siehe Journal Journey into the Year 1811 Juni
(3) Chapeau a la Robinson siehe Journal Journey into the Year 1811 Februar  
(4) Eine Anleitung zur Herstellung von Kornblumen als Hutschmuck findet sich hier 
(5) Im Juni fanden in Longchamp in Paris die berühmten Pferderennen statt, allerdings wurde die heute bekannte Pferderennbahn erst in den 1850er Jahren angelegt
(siehe Abbildung oben) 
(6) fichu -guimpes auch als 'fichu' oder 'Schultertuch' gebräuchlich
***Explanations/Annotations***
(1) Le barbier de Seville is a play in four acts by Beaumarchais, which was first on stage in February 1775. In 1816 the famous opera by Gioachine Rossini came onto stage. In 1818 it was premiered in London.
(2) Chapeau a la bateau oder a la barque see Journal Journey into the Year 1811 Juni
(3) Chapeau a la Robinson see Journal Journey into the Year 1811 Februar  
(4) A tutorial for hat's cornflowers can be found here 
(5) In june horseraces took place in Longchamp Paris, however the famous Hippodrome wasn't built until the 1850s
(6) fichu-guimpes, more commonly referred to as 'fichu' or kerchief 

Ob sich in Paris und London auch alles um Hüte dreht? Ob wir Damen mit reich bestückten Blumenhüten nebst ihren eitlen Pfauen flanieren sehen?
Wonder if it's all about hats in Paris and London, too? Wether we'll see ladies in their decorated fancy flower hats promenade next to regency peacock gentlemen?

An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"


1 Kommentar:

  1. Dear Sabine,
    These fashions are so much more wearable than those in England at this point. La Belle Assemblee is showing silliness, probably the effect of the Prince Regent, who by all accounts was a mess of a party boy.

    [Note: have had to write this comment twice: Blogger ate the first one.]
    Hugs,

    Natalie

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