Zu unserer zurückliegenden Reise nach Weimar und in die Vergangenheit gehörte es auch, damalige Gepflogenheiten aufzugreifen und die Mitglieder unserer illustren Reisegesellschaft vor Ort mit kleinen Gaben der Wertschätzung zu begrüßen.
Bei unserer ersten Reise warteten bei der Ankunft Briefe auf unsere Freunde, in diesem Jahr war es eine süße Überraschungen der besonderen Art:
Römische Bonbonnieren mit Zuckerpastillen.
Bereits im vergangenen Jahr hatten meine liebe Freundin Kerstin und ich die fein gefalteten Schachteln mit süßem Inhalt im Ausstellungungskatalog "Kultur des Sinnlichen" bewundert, und rasch war der Entschluß gefasst - und wurde in aller Heimlichkeit in die Tat umgesetzt.
Während Kerstin den kulinarischen Teil übernahm und sich in die Konditorenkunst Francois LeGoullons vertiefte, kümmerte ich mich um die Herstellung der Bonbonnieren.
Meine Suche führte mich zunächst zum naheliegenden, dem vielzitierten Journal des Luxus und der Moden.
Glücklicherweise hat uns der Mundkoch des Hofes dort in den Intelligenzblättern der Jahre 1791 (Januar und Dezember) und 1795 (November) seine Anzeigen hinterlassen.
Our past journey to Weimar and back into the Romanticism also included to cultivate the period manners, which means to welcome the members of our group with little gifts of appreciation upon their arrival.
In the previous year we've sent out letters to greet our friends and acquaintances, this year it was a sweet welcome:
Roman sweetboxes and sugar pastilles.
Back in 2013 during our visit to Weimar, my dear friend Kerstin and I already had the chance to admire the beautifully folded boxes and their sugar cameos in the catalogue "Kultur des Sinnlichen", which inspired us to consider these as a welcome gift. A plan, that was realized in secrecy.
While Kerstin focused on the culinary part and delved into the secrets of the conefctioner LeGoullon, I prepared the paper boxes, the bonbonnieres.
My search led me to the amazing Journal des Luxus und der Moden.
Luckily LeGoullon has left his traces and valuable hints in period adverts from 1791 (January and December) and 1795 (November)
1795, Jahrgang 10, November, Journal des Luxus und der Moden
Intelligenzblatt (Quelle/source: thulb Uni Jena)
Transkription des Textes:
… Meine Bonbonnières à la Romaine, oder römische Bonbonnieren haben das Glück gehabt allgemein zu gefallen. Dieß hat mich aufgemuntert, sowohl an ihrer inneren Vollkommenheit als auch an ihrer äußeren Verschönerung immer fortzuarbeiten; und ich darf mir schmeicheln, dass sie in beyderlei Rücksicht sehr gewonnen haben. Auch die schönen Gegenstände der Abdrücke auf den Pastillen haben sich bey mir vermehrt; denn ich habe wiederum eine Anzahl neuer Glaspasten von antiken Gemmen aus Italien erhalten; und ich wage es daher mit Zuversicht meine Römischen Bonbonnieren allen hohen Herrschaften, und Liebhabern einer schön garnirten Tafel, zum Gebrauch für das Dessert, zu empfehlen.
Um eine Tafel reicher damit besetzen, und auch mit den Farben und äußeren Dekorationen der Boeten (= Schachteln, aus dem frz. boite abgeleitet) abwechseln zu können, habe ich einfache und doppelte Boeten gemacht. Die einfache Boete enthält 70 Stück Pastillen mit 70 verschiedenen Gegenständen; die doppelte Boete enthält dieselben 70 Gegenstände, allein immer gedoppelt, also 140 Pastillen. In Anlehnung des Geschmacks sind sie vermischt, und jede Boete enthält folgende 8 Sorten, nemlich 1) Pastilles à la Bergamotte, 2) P. au fraise, 3) P. à la rose, 4) P. à la violette, 5) P. à fleur d’orange, 6) P. à la canelle, 7) P. au Caffé, 8) P.au Choccolat.
Der Preis für 1 Stück einfacher Boete ist 12 gr. oder das Dutzend 6 Rthlr., von 1 Stück doppelter Boete 1 thlr oder das Dutzend 12 Rthlr. Sächs.cour.
Damit man die leeren Boeten wieder füllen könne, verkaufe ich auch die Pastiles à la Romaine, in obgedachter Mischung, pfundweise, das Pfund zu drittehalb Rthlr…
Translation of the text:
…My Bonbonnières à la Romaine, or roman sweet boxes have been well received at large. This has encouraged me to improve their inner and outer appearance and taste; and I may add that I did so successfully in every regard. I’ve also expanded my collection of prints for the pastilles;as I’ve purchased an amount of new antique cameo molds from Italy; and therefore I’d like to offer my roman sweet boxes to all Ladies and Gentlemen of authortity and nobility, as well I’d like to recommend them to admirers of decently laid tables, for dessert.
To decorate a table in an elegant manner, and to provide more variety in colour as well as the aesthetics of the boxes, I introduce single and double sweet boxes. The single box contains 70 pastilles with 70 different prints; the double box contains the same 70 prints, but doubled in number, hence 140 pastilles. To meet a variety of taste each box holds 8 different flavours, they are 1) Pastilles à la Bergamotte, 2) P. au fraise, 3) P. à la rose, 4) P. à la violette, 5) P. à fleur d’orange, 6) P. à la canelle, 7) P. au Caffé, 8) P.au Choccolat.
The price of a single Box is 12 gr. Or in a dozen 6 Rthlr., the double box is at 1 thlr or 12 Rthlr Saxon cour the dozen.
To enable the customer to refill the boxes, I also sell the Pastilles à la Romaine, in above mentioned mix, for 1/3 Rthlr by the pound....
1790er, Original Bonbonnière à la Romaine
(Quelle/source: Origami Didactics)
Die Schachteln bestehen aus zwei Teilen, wobei der Deckel später fest eingeklebt wird.
Diesem Deckel liegt die damals weitverbreitete Kunst der gefalteten Patenbriefe zugrunde.
Eine wunderschöne Ausstellung zur Faltkunst ist derzeit übrigens im Kirms Krackow Haus in Weimar zu sehen.
The box is made of two parts, where the lid is later glued into.
This lid is based on the German so-called folded godparents letter (in England it is known as puzzle purse), which was widely spread back then.
Currently to be seen in a beautifully displayed exhibition in the Kirms Krackow Haus Museum in Weimar.
1831, Patenbrief (Quelle/source: Origami-Kunst)
Eine sehr gute Anleitung für den Deckel findet sich im Netz im Zusammenhang mit dem Valentinsbrief aus dem Film 'Bright Star'. Die Anleitung ist hier zu finden: Patenbrief!
Weiterführend gibt es auch noch eine Anleitung mit Video:
A very good tutorial for the lid is already up on the internet about the Valentine's letter in the movie 'Bright Star'. The tutorial is here: puzzle purse!
A very good tutorial for the lid is already up on the internet about the Valentine's letter in the movie 'Bright Star'. The tutorial is here: puzzle purse!
But there's also a video tutorial:
Das Unterteil der Schachtel ist einfacher in der Herstellung, ich habe mich dabei an folgende Anleitung gehalten:
The lower part of the box is much easier to assemble, I followed this easy tutorial:
Für die Herstellung habe ich herkömmliches Packpapier gewählt, welches farbig gestaltet ist.
Um die Schachtel ein wenig zu vestärken wurde dem Boden noch eine Pappe hinzugefügt.
Der quadratische Boden des 'Deckels' wird kreuzweise eingeschnitten, die Kanten werden aufgeklappt und in das Unterteil eingeleimt.
I used common packing/brown paper in different colours for my boxes.
To reinforce the box I added a cardboard inlay for the bottom inside.
The bottom of the lid is cut across, bend back and then glued into the box.
Um LeGoullons Werbeschrift treu zu bleiben, wählte ich verschiedene Farben und Ausführungen für die Schachteln.
To stay close to LeGoulon's descritpion from the advertisement, I've also chosen different colours and decoration.
Hier zeigt sich die Falttechnik des Deckels.
This shows the folding technique of the top (lid).
Unsere Schachteln haben eine Seitenlänge von sechs Zentimetern und eine Höhe von drei Zentimetern, während eines der Originale im Kirms Krackow Haus etwa 13 Zentimter mißt und 120 Zuckergemmen fassen konnte.
Our boxes measure approx. two and a half inches in lenght and one inch in height, while one of the original at the Kirms Krackow Haus measured five inches and contained 120 sugar cameos.
Die geöffnete Schachtel mit einigen Pastillen
The opened box with some pastilles
Die Schachteln, die damals einen stolzen Preis hatten, sind ein wunderbares Mitbringsel.
Die große Auswahl an Geschmacksrichtungen verrät die Vorliebe unserer Vorfahren für Süßwaren.
Sicher waren die Pastillen ein Hingucker auf jeder Tafel und man kann sich lebendig ausmalen, wie über die Abdrücke der Gemmen debattiert und die feine Konditorenkunst LeGoullons bewundert wurde.
The boxes, which were quite expensive back then, are a lovely souvenir.
The asortment of different flavours reflects our ancestors' fondness for sweets.
Surely these pastilles have been real eyecandy on the tables and it's easy to imagine how our ancestors debated over the cameo prints and admired LeGoullon's amazing skills.
Wer noch ein wenig in dieser herrlichen
Vorstellung schwelgen und etwas mehr über die Herstellung der Pastillen
erfahren möchte, schaut am besten auf Kerstins Seite, denn dort verrät
sie das kulinarische Geheimnis dieser süßen Aufmerksamkeit:
Those
who like to dream a little longer and also like to learn more about the
pastilles itself, should pay a visit to Kerstin's blogpost, where she
reveals the recipe of this sweet gift: