Der Bericht vom Oktober stiftete erstmals viel Verwirrung:
Es tauchten falsche Schreibweisen, unbekannte Begriffe und Verwechslungen in den beiden Modekupfern auf.
Dafür enthält der Bericht über die neuesten Moden aus Kassel wiederum viel Interssantes über Frisuren mit einem kleinen Rückblick auf den Spätsommer 1811.
The fashion news from October provided the reader with lots of confusion:
There has been wrong spelling, unknown terms and mistakes in both fashion plates.
But the fashion news from Cassel made up for that and we will hear a lot about hair with a review to the late summer of 1811.
Journal des Luxus und der Moden
Oktober 1811
(Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, Oktober, Journal des Luxus und der Moden
(Quelle/source: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB))
XI.
Erklärung der Kupfertafeln
Tafel.28 Eine Dame in einer Robe von Tulle. Toque (1) mit Tuberosen (2) verziert.
Tafel.29. Die Kleidung dieser Dame ist durchaus von weißem Perkale, und der Kragen mit Spitzengrund eingesetzt. Der Hut ist von Rosa Gros de Noble (3), weißem Petinet und rosa Schnuren umwunden, und mit weißem Atlas garneirt.
2. Hut von strohgelbem Gros de Noble und grünem Versy (4) mit goldenen Schnällchen
3. Italien. Stroh-Hut mit weißem Atlas; in den Puffen Schnällchen
4. Blauer Versy mit Petinet und Fransenband ganiert
5. Hut von Cramoisin (5) und weißem Gros de Noble.
Die Gegenstände dieser Tafel sind in der Modenhandlung der Mad. Oels in Weimar gezeichnet worden.
XI. Explanation of the copper plates
Plate28. A lady with a robe made of tulle. A toque hat (1) decorated with tuberoses (2)
Plate29. The dress of this lady is made of white percale, while the collar is made from lace. The hat is of rose-coloured Gros de Noble (3), white petinet and rose-coloured ribbon, embellished with white satin.
2. Hat of straw-coloured Gros de Noble and green versy (4) with golden clasps
3. Italy. Straw-hat of white satin, with golden clasps on the puffs
4. Blue versy with petinet and fringe
5. Hat of cramoisin (5) and white Gros de Noble.
All the items on this plate are drawn from the millinery of Mme. Oels in Weimar
Tuberose (Quelle/source: Wikipedia)
***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) - (5) Hier zeigt sich das ganze Ausmaß der Verwirrung in der Beschreibung zu den Modekupfern.
Wurden Begriffe falsch übersetzt? Verändert? Verwechselt? Und galt - wie meine liebe Freundin Alessandra zu sagen pflegt -Rechtschreibung nicht als zwingend?
(1) Der Toque, bislang eher als Begriff für einen Hut mit schmaler Krempe bekannt, ist in diesem Fall eine Haube. Hat sich der Begriff im Laufe der Zeit verändert oder ist hier schlichtweg ein Fehler unterlaufen?
(2) Die Tuberose (ein Spargelgewächs) hat nichts mit den Rosengewächsen gemein, die dort am "Toque" zu sehen sind. (siehe Abbildung)
(3) Gros de Nobles? Handelt es sich hier vielleicht um das Seidengewebe, das unter dem Namen Gros de Naples bekannt ist? Leider habe ich keinen Hinweis auf Gros de Nobles gefunden.
(4) Versy - das hat die größte Verwirrung ausgelöst! Was mag sich dahinter verbergen? Vielleicht ein Stoff von der Insel Jersy (so die häufige Schreibweise um 1800 ohne 'e'), der versehentlich ein 'V' in der Übersetzung erhalten hat? Und wenn dem so ist, was für ein Stoff mag es gewesen sein? Sicherlich nicht der heute bekannte Jersey. Vielleicht in die Richtung des heute noch bekannten Jersey Velour, also ein (kunst)seidener oder baumwollener Samt auf Wollgrund?
(5) Hah! Cramoisin lässt sich eindeutig als falsche Schreibweise einordnen, gemeint ist 'Carmoisin', also ein Farbstoff der heute unter dem Namen Karmesin bekannt ist.
***Explanations/Annotations***
(1) - (5) Here we see the whole dimension of confusion about the fashion plates.
Have terms been falsely translated? Changed? Mistaken? Or was it - what my dear friend Alessandra often says - that spelling was entirely optional?
(1) The toque usually referred to a hat with a small brim, but here we clearly see a cap. Has the term changed in the course of years or is it a mistake?
(2) The tuberose is an Asparagaceae and not of the family of roses and therefor hasn't any similarity to the flowers we see at the 'toque' (see picture above)
(3) Gros de Nobles? Could this be the silk fabric commonly known as Gros de Naples? Unfortunately I did not find any hint on Gros de Nobles.
(4) Versy - the source of the biggst confusion! What is it? Maybe a fabric from the isalnd of Jersy (which was the common spelling around 180 without an 'e'), which accidentally received an 'V' in the translation? An if that's the point, what would the fabric have looked like? Probably not today's Jersey. Maybe some kind of the modern Jersey velour, a (artificial) silk or cotton velvet on a wool nap?
(5) Hah! Cramsoisin is identiefied as being wrong spelling, it means 'carmoisin', a pigment today known as carmine.
IX. Moden
Modenbericht aus Cassel im August 1811
Die Mode hat seit den Sommermonaten wenig Änderungen erlitten. Außer den gewöhnlichen Sonnenhüten werden noch Hüte mit Federn getragen, doch ist ihre Form etwas verändert. Sie haben runde Köpfe vorn eine Art Diadem, und einen schmalen Rand, der vorn aufwärts gebogen ist. Die Federbouquets bestehen aus drei kleinen Federn, die an der linken Seite herabwärts fallen.
Die beliebten Silber – und Goldbandeaus von points turcs (Anmerk. türkische Spitze) werden noch immer auf der Stirn getragen; noch häufiger echte Perlen (wer diese besitzt), oder Juwelen; oft auch nur bloße Haarflechten. Darüber fallen zu beiden Seiten dicke Locken auf die Schläfe herab; und um den Kamm, der das hinten hoch aufgeschlagene Haar hält, windet sich das Blumendiadem, das sonst auf der Stirne seine Stelle hatte. Dieser Kopfputz war auf dem letzten Hofballe beinah allgemein. Nur eine Dame wich davon ab. Längliche Locken fingen an den Schläfen an, immer mehr sich senkend, sich hinten über den Nacken ziehend, den ganzen Kopf, welches fast aussah, wie die ehemaligen Perücken der Geistlichen. Allgemein wird indessen diese Mode wohl schwerlich werden, da sie selbst das reizende Gesicht, das sie trug, entstellte.
IX. Fashions
Fashion news from Cassel for August 1811
The fashion has gone through hardly any changes during summer. Next to the common summer hats, hats with feathers are still worn, but with a different shape. The crowns are very round with a kind of tiara in front, and a small brim, which is bend upwards in the front. The feather bouquets are made of three small feathers, which drop to the left side.
The popular silver and gold bandeaus of points turcs (Annotation: turkish lace) are still worn on the forehead, even more real pearls (if one owns them), or diamonds; and sometimes just braided hair. This hairdo also has big curls dropping down to the temples; and around the combs, which holds the turned up hair in the back, a flower diadem is winding, which before was set on the forehead. This headgear was common on the most recent court ball. Only one lady did not sport it. Long curls started out at the temples, hanging down further and reaching towards the back of the neck, around the whole head, which resembled the old fashion wigs of clergymen. Actually this fashion won’t establish, as even the pretty lady, who sported it, looked blemished.
around 1810 by Robert Lefevre (Quelle/source: über pinterest)
Die oben erwähnte Frisur mit Korallenperlen. The above mentioned hairdo with corals.
1812, Drölling, Portrait d'Adéone (detail)
(Quelle/source: wikimedia commons)
Der oben erwähnte Haarschmuck, leider weder mit Gold oder Silberband, noch mit der erwähnten türkischen Spitze.
The above mentioned hairdo, unfortunately neither with gold or silver bandeau or turkish lace.
ca. 1800- 1824, (1810?) Portret van Eduarda Thalia Eckringa (1786-1865)
(Quelle/source: RKD Netherlands Institute for Art History)
Ebenfalls Erwähnung fand eine Variante mit geflochtenem Haar:
Also mentioned was a variation with braided hair:
ca. 1800 (1810?) Louis-Léopold Boilly, Portrait of a Lady
(Quelle/source: LACMA)
Und schließlich der Kopfschmuck mit Perlen, wie etwa im folgenden Bild
And finally the headgear with pearls, similar to the following painting
1808-1815, Gérad Francois, Caroline Murat
(Quelle/source: wikimedia commons)
Der Schnitt der Kleider ist immer noch der nämliche.
Für Morgenkleider, Perkale mit unsäglichen Garnierungen von gesticktem Mull; Pelerinkragen sind wieder an der Tagesordnung. Die neuste Facon ist ein solcher Kragen aus sieben Theilen bestehend, von Perkale oder Batist. Der dazwischen gesetzte helle Streifen, gestickter Mull oder Spitze. Hiernach richtet sich auch die äußere Umgebung, die in reichen Falten darum gesetzt wird; oben am Halse wird es ebenso reich garniert; und hinten geschlossen. Die Ballkleider sind wie gewöhnlich, noch immer häufig mit Blumen garniert.
Am beliebtesten sind die sogenannten Jardinieren, oder Guirlanden von sechserlei Blumen, nach der Natur. Kleider streifenweise gestickt, oder von Blonden und Band, in Streifen zusammengesetzt, sind ebenfalls noch an der Tagesordnung.
The cut of the dresses is still the same.
For morning dresses, it’s perkale with lots of decoration made of gauze; capes are more common again. The latest shape is made of seven pieces of percale or batiste. The prominent stripe set in between is made of gauze or lace.
In this manner the whole dress is designed, all in a vast amount of ruffles; especially around the neck; the dresses close in the back. Ball gowns remained the same, most often decorated with flowers. Most popular are jardinières or festoons of six different artificial flowers, looking like real flowers. The dresses, that have a striped embroidery, or have lace and ribbons, set in stripes, are still seen.
An dieser Stelle gebe
ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus
Paris vom/
und an Maggie für einen Überblick
aus London/and to Maggie for an overview from London via
"Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten
vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court"Ackermann's Repository",
"LaBelle Assemblée"
Das Bild der Eduarda Thalia Eckringa finde ich unglaublich interessant. Mich würde ja die Technik interessieren, wie man so eine schöne Dekoration und die Frisur nicht nur hinbekommt, sondern auch so "drapiert" dass sie auch hält.
AntwortenLöschenDanke für den schönen und interessanten Beitrag
Ich glaube ich wäre mal froh annähernd mal so eine Frisur hinzubekommen! Wenn ich Bänder ums und ins Haar lege sieht das meist so bescheuert aus! Da fällt mir ein, dass es auch noch interessannt sien könnte die Frisuren nach Jahren mal durch zu probieren........
AntwortenLöschenDu siehst, Gesprächsthema ist immer da! Ich freu mich schon auf November!
Liebe Grüße,
Kerstin