Der Thee-oder auch Kaffeetisch war um 1790 Sinnbild für eine gesellige bürgerliche Zusammenkunft, in welcher der alltägliche Klatsch ebenso gepflegt wurde, wie eine feinere Gesprächskultur über Literatur, Kunst, Philosophie hin zu Theater, Garten und Gärtnerei bis Mode.
Und was durfte in einer solch feingeistigen Runde nicht fehlen:
zartes Porzellan!
Eine gesellige Coffe-Runde in dem Kinderbuch Magazin häuslicher Scenen und Beschäftigungen aus der Trautnerischen Kunsthandlung, 1790er Jahre |
Ein besonderes Stück porzellanene Tischkultur aus der Manufaktur Fürstenberg findet sich im LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster. Wann immer ich es bei einem Besuch in der schönen westfälischen Stadt einrichten kann, führt mich mein Weg in die Ausstellungsräume mit dem weißen Gold....direkt vor die Vitrine mit den Stücken aus Fürstenberg.
Die fünf bunten Koppchen mit französischer Widmungsinschrift ziehen mich immer wieder in ihren Bann.
Faszinierend wie modern sie wirken, dabei hauchzart und von feinster Bemalung.
Aber das Bezauberndste an ihnen sind sicher die Charakterzüge, die in Gold den Koppchenrand zieren.
Man kann sich leichthin vorstellen, für welchen Wirbel und welches Amusement diese henkellosen Tassen am Theetisch gesorgt haben. Denn die Widmungen können sowohl in eine freundliche als auch augenzwinkernd in eine weniger erfreuliche Richtung gedeutet werden.
1989, Katalog, Weißes Gold aus Fürstenberg, Kulturgschichte im Spiegel des Porzellans 1747-1830 |
Neben den Exemplaren in Münster gibt es auch noch ein halbes Dutzend im Herzog Anton Ulrich Museum in Braunschweig. Leider ist mir keine ausführliche Bibliographie bekannt und mein spärliches Wissen habe ich allein über das wundervolle Buch Weißes Gold aus Fürstenberg, Kulturgschichte im Spiegel des Porzellans 1747-1830 (Seite 382 ff) gewonnen. Dort erfährt man auch, dass die Manufaktur KPM in Berlin urprünglich mit der Herstellung dieser "Temperamentskümmchen" (Christel Mosel, Scherer, 1909) begonnen und Fürstenberg die brilliante Idee aufgenommen hat .
Meine Freude an den Koppchen und die Gewissheit, wohl nie ein Original zu besitzen, führten mich schließlich auf Abwege vom Nähtisch hin zum Dilettieren mit Porzellan, Farbe und Pinsel.
Leider war es mir beim Porzellan vergönnt, die Form und Zartheit des Originals für diesen Zweck zu finden, also näherte ich mich entsprechend der Möglichkeiten an.
Ich fand weiße Koppchen in einer Höhe von 5,5 Zentimetern und mit einem Durchmesser von 7 Zentimetern, die auch sehr delikat wirken, aber längst nicht an die fantastische Qualität des Originals heranreichen - ja, ich gerate schon wieder ins Schwärmen!
Auch bei der Bemalung und Beschriftung blieb ich selbstverständlich weit hinter dem Original zurück, immerhin ist die Porzellanmalerei ein eigenes wunderschönes Handwerk und ein Lehrberuf mit intensiver Ausbildung.
Koppchen à la pétillante |
Koppchen à la souple |
Koppchen à la paisible |
Koppchen à l'adorable |
Koppchen à la riante |
Koppchen à la délicate |
Und da Theegesellschaften oftmals auch an fremden Tischen stattfinden, bekamen die Koppchen Reiseetuis.
Die kleinen Schachteln sind mit Buntpapier (außen) und Marmorpapier (innen) bekleidet, zudem befindet sich im Deckel ein seidener Stoßdämpfer und im Boden ein Ring aus bezogener Pappe, welcher das Koppchen fixiert.
Die kleinen henkellosen Tassen haben sich bereits bewährt, sie durften im Frühjahr ihren Einstand im Park von Schloss Tiefurt in Weimar bei einem Pique-Nique erleben...und haben diesen mit Bravur gemeistert.
Nicht anders als vor über zweihundert Jahren haben sie für einiges an Gesprächsstoff gesorgt!
Welches Koppchen würde man bei Tisch wählen?
Welches würden die Tischnachbarn der Theegesellschaft einem anbieten?
Ein herrlicher Zeitvertreib!