Freitag, 15. März 2024

Der Stoff aus dem die Träume sind: Die Ausstellung "Prestigesache" im Krefelder Textilmuseum

 Unter dem verheißungsvollen Titel "Prestigesache - Bürgerlicher Kleiderluxus im 18.Jahrhundert" lädt das Deutsche Textilmuseum in Krefeld vom 05.November bis 16.Juni 2024 zur Ausstellung. 
Vorab stimmten einige Videos - über die Website des Hauses verlinkt - aus der Textilrestauration auf die Ausstellung ein.
Die virtuellen Amuse Gueule taten ihre Wirkung und vor ein paar Wochen ging es endlich in die Textilstadt Krefeld.
um 1830, Unbekannter Künstler, Ansicht von Krefeld von Norden über Friedrichsplatz

Die Ausstellung selbst stellt Kleidungsstücke und Accessoires auf zwei Etagen vor, der Fokus liegt auf Seidenerzeugnissen, Stoffen und der Seidenverlegerfamilie von der Leyen. Alle Ausstellungsstücke sind gut zugänglich in freistehenden Vitrinen, einzig das Fotografieren ist durch die Spiegelung des Glases etwas schwierig.
Die Auswahl der Stücke ist ansprechend, es wird Wert auf Qualität statt Quantität gelegt, was dabei hilft sich auf alle Details einzulassen.
Die begleitenden Infotafeln sind ausführlich.
 
ca.Mitte 18.Jahrhundert, Unbekannter Künstler, Heinrich von der Leyen (1708-1782)


Im Mittelpunkt steht der Krefelder Seidenverlag, der 1730 von Heinrich von der Leyen (1708-1782) und  seinem Bruder Friedrich (1701-1778) gegründet wurde.

Die ausgestellte Kleidung schlägt den Bogen vom 18.Jahrhundert bis in die 30/40er Jahre des 19.Jahrhunderts. Damenkleidung, Herrenkleidung und Kinderkleidung sind ausgestellt.

um 1770/80 Robe a la Piemontaise, später mehrfach verändert, Pekin mit leinwandbindigem Grund


um 1760/70 Damenschuhe, Europa, Seidendamast

Die Kleidung des späten 18.Jahrhunderts und frühen 19.Jahrhunderts wird durch Ausschnitte aus den damals herrschenden Modejurnalen begleitet, allen voran das Weimarer Journal des Luxus und der Moden, aber auch das Leipziger Journal für Fabrik, Manufaktur, Handlung und Mode
 
links ca.1810, Chemiasenkleid, rechts ca.1815 Pelisse mit Wattierung, Frankreich (?)


 
Während die erste Etage sich vornehmlich der Damenkleidung und großen Stücken von Seidengeweben widmet, herrscht in der zweiten Etage die Herrenkleidung vor.
 
3.Viertel 18.Jahrhundert, Herrenweste, Seide

 
letztes Viertel 18.Jahrhundert, Herrenweste aus Seidenlamé

3.Viertel 18.Jahrhundert, Hausmütze Ajourstickerei, Deutschland (?)

Der Schwerpunkt liegt neben weiteren Ensembles und vielen Accessoires auf dem Angebot und der Zirkulation seidener Textilien in Krefeld im 18.Jahrhundert und frühen 19.Jahrhundert.
Die zahlreichen Seiden-und Samtmuster spiegeln die große Angebotspalette der europäischen Seidenproduktionen allgemein und des Seidenverlags von der Leyen im Besonderen eindrücklich wider.

1790er Jahre, Halbfertigware für eine Herrenweste, England


Die vorgestickte Halbfertigware mit verschiedenen Stickereien (Plattstich, Schrägstich, Strahlenstich, Knötchenstich und Stielstich) auf Seide aus den 1790er Jahren war selbstverständlich mein Favourit.

Besonders spannend waren im Folgenden die Musterbücher und Stücke aus Krefelder Produktion.
Die schiere Viefalt an Geweben und vor allem Farben ist beeindruckend und zeichnet ein lebendiges und buntes Bild aus dem nicht gar so grauen Alltag um 1800. 
Farbenfroh präsentiert sich die Auswahl an Samtmustern aus dem Auftragsbuch des Seidenverlags Friedrich & Heinrich von der Leyen um 1807-1809









Nach dem wunderbaren Farbenrausch der Samtmuster, ließ ich mich eine ganze Weile von den Samt-und Seidenmuster des Krefelder Seidenverlags aus den 1770er bis 1810er Jahren verzaubern.



Herrliche Muster, die einen vor dem inneren Auge bereits die Nähnadel zücken lassen.
Zu der Ausstellung gibt es erfreulicherweise einen sehr ausführlichen Begleitkatalog, in dem weitaus mehr Kleidungsstücke vorgestellt werden, als es mir die spiegelnden Virtinen erlaubt haben hier wiederzugeben.
Das gleichnamige Buch "Prestigesache" behandelt alle Ausstellungsstücke ausführlich und ermöglicht zum Teil auch Blicke in die Kleidungsstücke und viel Detailswissen rund um den Handel mit Textilien im ausgehenden 18.Jahrhundert am Niederrhein.
Das Buch wurde herausgegeben von Isa Fleischmann-Heck, erschienen im Nünnerich-Asmus Verlag.
Der 216-seitige Katalog ist über das Textilmuseum oder den Buchhandel für 30 Euro erhältlich.


3 Kommentare:

  1. Salut!

    Bei der sehr floral bestickten Weste würde ich eher sagen: späte 1790er. Früher waren die Westen nicht so flächig bestickt in der Form.
    Das Porträt des freundlich dreinschauenden Herrn finde ich ja sehr schön. Ich hätte zu gern mal so eine Perücke.
    Die Schuhe sind so schön typisch und schlicht.
    Vielen vielen Dank für das Teilhaben an Deinen tollen Fotos und Impressionen insbesondere wenn man selber nicht in diese Gegend kommt. :-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank für den Kommentar! Die Ausstellung war wirklich sehr schön, besonders die Stoffproben haben mein Interesse geweckt. Danke auch für die Einlassungen bzgl. der bestickten Herrenweste, in meinem Beitrag habe ich die Bezeichnungen und Datierungen des Museums übernommen.

      Löschen
    2. Danke für die Info. Habe ich mir beinahe gedacht. Manchmal kommen die Datierungen ja auch durch Familienüberlieferungen. Ich muss auch mal versuchen mehr Museumsbilder bei uns unterzubringen, wenn es thematisch passt - v.a. Uniformen und so.

      Löschen