Samstag, 30. März 2013

Abgekupfert! The tale of two cities...

Heute mußte einmal Charles Dickens 'Geschichte aus zwei Städten' (erschienen 1859) als Aufhänger für den Titel herhalten.
Allerdings wird der folgende Text nicht von Paris und London handeln, sondern sich um die Städte Paris und Frankfurt ranken. 
Wir kehren zurück in den März des Jahres 1797, in dem in Paris das Magazin 'Journal des Dames' in Druck ging, ehe es im Mai desselben Jahres den Zusatz 'Journal des Dames et des Modes' erhielt.
Magazine dieser Art fanden während des 18. Jahrhunderts immer weitere Verbreitung, wie zum Beispiel auch das 'Journal des Luxus und der Moden' in Weimar (ab 1786) oder das englischsprachige Magazin 'Gallery of Fashion' (ab 1794).
Das französische Journal entwickelte sich sehr erfolgreich und nur ein Jahr später, ging in Frankfurt im Juli 1798 ein wöchentlich erscheinendes Journal mit dem selben Titel in Druck 'Journal des Dames' (und ab Dezember 1798 'Journal des Dames et des Modes')
In jener Zeit waren Copyright oder Quellenverweise ein Fremdwort und man bediente sich ungeniert nicht nur dem Titel des französischen Journals, sondern auch des Inhaltes samt der Modekupfer.
Die Texte der wöchentlichen Journale gingen in Frankfurt zumeist nur wenige Wochen später mit einigen Änderungen für die deutsche Leserschaft in Druck. Die französische Sprache wurde beibehalten, denn das Französisch galt in der gehobenen Bürgerschicht und unter den gebildeten Hausfrauen als vorausgesetzt.
For this post I thought Charles Dickens catching book title (published in 1859) as appropriate.
But the following text will not be about the cities of Paris and London, but of Paris and Frankfurt.
We travel back into the March of the year 1797, when the 'Journal des Dames' went into print in Paris, before it was re-named only few months later in May into 'Journal des Dames et des Modes'.
Such magazines have been in fashion since the 18th century and would spread quickly, just like the 'Journal des Luxus und der Moden' in Weimar (starting in 1786) or the English equivalent 'Gallery of Fashion' (starting 1794)
The french journal was a huge success and only one year later in Frankfurt a journal with the same title 'Journal des Dames' went into print (being re-named in December of the same year into 'Journal des Dames et des Modes').
Back then the term copyright or citing sources have been non-existent and the publishers blithley ignored it by not only using the french title for their publication, but also copying most of the content and fashion plates of the journal.
It took less than a few weeks until the original texts would have been published in the German issue with some slight alterations to please the German readers, however without a change of language. 
It was published in french as the upper class and the spohisticated and accomplished housewives were familiar with the french language.

Lediglich bei den Modekupfern, den berühmten 'Costume Parisien' bemühte man sich um einen zweisprachigen Druck.
Aber das war nicht der einzige Unterschied. Die französischen Modekupfer sind durchgehend nummeriert von der Ausgabe der ersten Woche 1797 angefangen, während die deutschen Modekupfer für jedes Jahr mit den entsprechenden Wochen, also jeweils bis 52 nummeriert wurden.
Bei dem Kupferstecher, der für die deutschen Bilder verantwortlich war, handelt es sich um Friedrich Ludwig Neubauer (1767-1828). 
Die Kupfer wurden nämlich nicht einfach nur übernommen, sondern neu gestochen und mitunter auch anders koloriert. Und hier liegt der Reiz im Vergleich der beiden Journale.
Solely the fashion plates, the famous 'Costume Parisien' were accompanied with a bilingual text in French and German.
But this wasn't the only difference. The french plates are continuously numbered starting with the very first weekly edition in 1797, while the German plates start with a numbering each year with 52 plates (one for each week).
The engraver, who was responsible for the German plates, was Friedrich Ludwig Neubauer (1767-1828).
The original plates were not just taken, but new plates have been especially engraved. And there lies an exciting comparison.

Die Frankfurter Herausgeber veränderten die 'Costume Parisien' dem deutschen Geschmack entsprechend und mitunter wurden sie, wie bereits erwähnt, auch unterschiedlich koloriert.
Die Figuren wurden anders angeordnet, bekamen eine andere Haltung oder Ansicht und sind doch auf den ersten Blick mit dem Pariser Original verwandt.
Ab und an wurden auch zwei französische Modekupfer zusammengefasst, sodass wir auf den Frankfurter Originalen zwei statt einer Dame (oder eines Herren) sehen. Dadurch wurde dann häufig aus Platzmangel auf einen Begleittext unter dem Titel verzichtet.
Glücklicherweise ist es mir gelungen, ein Blatt der Frankfurter Ausgabe von 1808 des 'Costume Parisiens' zu erstehen und das gibt die Gelegenheit die deutsche Ausgabe anschaulich mit dem französischen Original zu vergleichen.
The Frankfurt' publishers changed the 'costume parisien' prints according to the german taste in fashions and even the colour was changed, as I've mentioned before.
The figures were also often placed in a different way, shown in a differnt posture or view, but still remain related to the Parisian originals on first glance.
Sometimes two french fashion plates have been united into one print with two ladies (or gentlemen). 
Due to little space for an additional description, these plates came with no text at all.
Luckily I was able to purchase a 1808 Frankfurt 'costume Parisiens', which gives me the possibilty to compare the prints.

Wie  der Gebrauch der Mehrzahl in 'Costume Parisiens' bereits andeutet, habe ich einen Modekupfer mit zwei abgebildeten Damen erstanden.
Like the plural form in 'Costume Parisiens' indicates, I own a fashion plate showing two ladies.
 Mein Modekupfer 'Costume Parisiens' (40) von 1808 aus dem Frankfurter 'Journal des Dames et de Modes'
My original fashion plate 'Costume Parisien' (40) from 1808 of the Frankfurt edition of 'Journal des Dames et des Modes'

Und hier die Modekupfer der französischen Ausgabe, die nur wenige Wochen zuvor in Paris erschienen sind:
And on to the french fashion plates, which have been published a few weeks prior in Paris:



Wunderbar zu erkennen sind die veränderten Farben an den Schuhen und den Kopfbedeckungen. Zudem  ist bei dem deutschen Modekupfer die Rocklänge besser ersichtlich.
You'll probably noticed the change of colours in the slippers and hats. Also the lenght of the skirt is much easier to pinpoint in the German print.

Wem dieser Vergleich Freude bereitet hat, findet eine Aufstellung einiger  Frankfurter Originale unter diesem link. Bitte dort unter der Suchoption den Begriff 'Costume Parisien' einfügen und schon zeigen sich die Modekupfer.
Weitere Informationen über die beiden Zeitschriften und eine ausführliche Studie gibt es für alle Interessierten hier als .pdf und hier als gedruckte weitaus umfangreichere Publikation zu entdecken.
If you've enjoyed this short comparison, there's more to find out about the Frankfurt fashion prints, if you please follow this link. Please enter with 'Costume Parisien' at the search option for fashion plates galore.
Further information on both fashion journals and a detailed study you'll find here as pdf and here even more extensive as a published book. (Apologies! Unfortunately both sources are in German/French only)

An dieser Stelle noch ein Wort in eigener Sache. Der April wird hier im blog vorraussichtlich ein wenig ruhig verlaufen, da ich derzeit in tiefgreifende Studien über neu gewonnene zeitgenössische Erkenntnissen im Bezug auf 'stays' eingetaucht bin.
Ich hoffe, alsbald mit einer historisch belegten Nacharbeitung und einer wirklich spannenden Entdeckung aufwarten zu können. Bitte bleibt mir treu, liebe Leser!
I'd like to add a further note. In the upcoming April the blog might be a bit silent as I'm currently doing extensive research about 'stays'. I've found utmost exciting new sources and hope I'll be able to share a recreation and my studies soon. Please stay tuned, dear readers!

Freitag, 22. März 2013

̶G̶̶e̶̶f̶̶ä̶̶h̶̶r̶̶l̶̶i̶̶c̶̶h̶̶e̶ Herrliche Liebschaften - oder: die doppelte Paspel

All die Leser, die meinen Seiten schon ein wenig länger folgen, wissen um meine Vorliebe für die Kleidung der Mitt 1810er Jahre und hier insbesonders für die Paspel.
Diese winzige zeitgenössische Dekoration erfreute sich stets großer Beliebtheit, bereitwillig außer Acht lassend, dass sie ein bisschen mehr Aufwand bereitet.
Eine besonders schöne Variante ist die doppelte Paspel, die nicht wie üblich als Kantenabschluß, sondern als Band zum Einsatz kommt.
Die erste Begegnung hatte ich während der Arbeit an dem 1815 Spenzer aus der Sammlung der LACMA/Fashioning Fashion.
My dear readers, who follow these posts for quite some time, probably know about my love for the mid 1810s fashion and especially the piped edges.
These lovely period decoration was also very popular back then, although it always meant a bit more time and effort.
A truly beautiful variation is the double piping, which isn't used for a smooth edging, but as a band for cuffs and such.
My first encounter with this piping I've had while working on the 1815 spencer from the LACMA/Fashioning Fashion collection.
Die doppelte Paspel als Band
The double piping as band

Um die doppelte Paspel herzustellen, benötigt man drei Streifen Stoff.
For this kind of piping three strips of fabric are needed.
Zwei Streifen ergeben die Paspelbänder. Ich verwende den Stoff in einer Breite von 3 cm, faltet man diesen erhält man eine Breite von 1.5 cm. Mit einer eingelegten Kordel ergibt sich ein Stichmaß von 1.3 cm, was einem halben inch entspricht (also der Nahtzugabe)
Das eigentliche Band wird in der doppelten Breite zugeschnitten, zuzüglich der Nahtzugabe an beiden Seiten.
In diesem Falle soll das Band 2 cm breit werden, also ergibt sich folgende Rechnung
(2+2)+2x1.3 = 6.6cm
Two strips will be turned into pipes. Therefore I'll take a fabric scrap 1.2 inch wide, folded it has a width of 0.6 inch. With the cord inserted we have a stitching line of exactly 0.5 inch (the common seam allowance)
The actual band is cut in doubled width with an additional seam allowance on both sides.
In this case the finsished band will be 0.8 inch wide, thus we have the following calculation:
(0.8+0.8)+2x0.5 = 2.6 inch

An beiden Seiten werden die Paspeln angeheftet und...
 Pin the piping on both sides and...

...angenäht. Es eignet sich sowohl der Rückstich, als auch der Kombinationsstich oder auch der Punktstich. Verwendet man nur den Vorstich, sind sehr kleine Stiche empfehlenswert.
...stitched on. I recommend the back stitch or the combinationstitch or point stitch. If you chose the running stitch instead use very small stitches.

 Die Naht auf der Rückseite bleibt beim fertigen Band unsichtbar.
The stitching on the back, which will remain invisible on the finished band.

Da es sich bei meinem Band um ein sehr schmales Stück handelt, muß die Nahtzugabe anschließend ein wenig eingekürzt werden.
As I've chosen a small band the seam allowance has to be cut.

Die gepaspelten Kanten werden dann zu beiden Seiten umgebügelt.
The piped edges are then flat ironed to both sides.
Die umgebügelte Rückseite. Diese beiden Seiten werden nun zur Mitte hin zusammengeklappt bzw (poetisch ausgedrückt) neigen sich einander zu wie zwei Verliebte, sodass die Nahtlinie nicht mehr sichtbar ist...
The flat ironed back. Both sides come together at the middle or (saying it rather poetically) lean towards each other as if being madly in love, so the seamline isn't visible anymore...

...allmählich nimmt die doppelte Paspel Gestalt an. Die Seiten werden mittels Stecknadeln zusammengeheftet und...
...gradually the double piped band takes shape. The piped edges are then pinned and...

...entlang der Kante der Paspeln angenäht.
...stitched down along the piped seamline.


Das fertige Band von außen und innen. Die innere Seite mit den Stichen ist hernach nicht mehr sichtbar, da diese Technik eingesetzte wird bei Bändern, wo lediglich die schmückende Oberseite verwendet wird.
The finsihed band from the right side and left side. The left side with the stitching will be invisible as this technique is solely used with cuffbands on the wrist or decoration where just the lovely upper side is shown.
Wer immer noch nicht genug Paspeln hat, kann in einem gefalteten Band (3 cm/bzw gefaltet 1.5 cm) die eingelgte Kordel einnähen, das Band anschließend aufklappen und mittig zwischen die beiden Paspeln einlegen, bevor diese festegenäht werden...so entseht eine dreifache Paspelierung.
If you still can't get enough of piping, you might take a third folded strip (1.2 inch/ 0.6 inch folded), stitch in the cord, then open the piping and put it under both pipes on the band before stitching them down...then you'll have a triple piping band.

Mittwoch, 20. März 2013

1815 Merveilleuse Robe Quadrillée

Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wenn Stoffe, die mitunter Jahre im Stoffschrank auf ihre Berufung warten und dabei beinah in Vergessenheit geraten, beim Anblick der passenden Inspiration plötzlich vor dem geistigen Auge Gestalt annehmen.
Und noch erfreulicher ist es, wenn das Ergebnis nach langen Nähstunden schließlich überzeugen kann.
So geschehen vor einigen Wochen, als ich dank der bezaubernden Mme Kaya auf ein ungewöhnliches Kleid stieß....und am Wochenende gab es endlich die Fertigstellung und den letzten Nadelstich.
It never ceases to amaze me, when a fabric, which has spent years in a fabric stash and almost vanished into oblivion, suddenly emerges in the mind's eye as a completed dress while coming across a proper inspiration.
And it's even more pleasant, when there's a convincing result after long hours at the sewing table.
This happened a few weeks ago, when thanks to the lovely Mme Kaya I set my eyes on a most unusual dress...and this weekend the garment was finally done with the last stitch.
1815 dress Museo del Traje (Quelle/source: omgthatdress)

Leider scheint das Kleidungsstück derzeit nicht in der Ausstellung des Museo del Traje zu sein, jedenfalls konnte ich keine weiteren Informationen über die Internetseite des Museums einholen.
Mir schwebte aber auch keine detaillierte Nacharbeitung vor, sondern ich wollte lediglich einige Details übernehmen. Allen voran, statt des puderfarbenen Stoffes mit der Borte am Saum, sollte der oben erwähnte Stoff seinen großen Auftritt bekommen: ein kleinkarierter Baumwollstoff. 
Kariert, wie die Pelisse aus dem Belle Assemblée von 1815, die unter diesem link zu finden ist (bitte auf der Seite ein wenig herunterscrollen zu Fig.10)
Außerdem wollte ich dem Rock die 1815 in Mode befindliche kürzere Form angedeihen lassen.
Unfortunately the garment doesn't seem to be part of the actual exhibition/collection of the Museo del Traje, at least I couldn't get any more information on their site.
Anyway I haven't had a complete reconstruction in mind, but wanted to use some of the amazing details.
First and foremost I decided to take the above mentioned fabric, instead of the powder red fabric with the border on the hem: a small plaid cotton.
A plaid, like taken in this pelisse of the 1815 La Belle Assemblée, which is under the following link (please, scroll down to Fig.10)
Furthermore I was going for a shorter skirt, which was fashionable in 1815.

Während ich ein passendes Schnittmuster erarbeitete und über den sagenhaften Details brütete, mußte ich immer wieder an die Modekupfer von Emile Jean-Horace Vernet (1789-1863) mit dem Namen "Merveilleuses et Incroyables" denken. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von 33 Arbeiten aus dem Jahr 1814, die äußerst modebewusste französische Damen und Herren zeigen, deren Kleidung nicht nur zu damaligen Maßstäben als schrill bezeichnet werden kann.
Auch wenn mein Ergebnis ein wenig stiller ausgefallen ist, einige Details sind unglaublich und hätten zumindest in meiner Kleinstadt vor zweihundert Jahren  für einigermaßen Aufsehen gesorgt! 
Ich kann den Klatsch noch deutlich hören: "...Merveilleuse..."
Wer mehr über den Ursprung der Bewegung Mitte der 1790er erfahren möchte, kann hier einen ersten Überblick gewinnen: Merveilleuses und Incroyables (leider nur englischsprachig)
While I was working on a proper pattern and studying the marvellous details, I couldn't help but think of the fashion plates in 1814 from Emile Jean-Horace Vernet (1789-1863) called 'Merveilleuse et Incroyables'.
It was a set of 33 engravings, which displayed highly fashionable french ladies and gentlemen, whose clothing would be best described as screaming loud.
Even though my dress turned out a bit less loud, some of the details would surely have caused an uproar two hundred years ago in my provincial town!
I'm able to imagine the gossip: "...merveilleuse..."
If you're interested to learn more about the fashion movement of the mid 1790s, please go here for a first impression: Merveilleuses et Incroyables

1815 Merveilleuse Robe Quadrillée

Für das Kleid habe ich etwa 7 Meter Karostoff benötigt (der Stoff lag lediglich 90cm breit), außerdem kam für die Paspellierung etwa ein Meter kontrastierender roter fester Wollstoff (Kammgarn) zum Einsatz, sowie endlose Meter an Kordel.
Lediglich das Oberteil ist mit Baumwollstoff gefüttert.
I've used approx. 8 yards of plaid cotton (which was approx. 35 inch wide), furthermore about one yard of contrasting red wool for piping, and a good lenght of cord.
Only the bodice is lined with cotton.

Das auffälligste Detail an dem Kleid ist wohl die herausgearbeitete (falsche) Brustpartie, die durch die Trennung und hoch angesetzte Linie das Ideal der weiblichen Figur um 1815 wiederspiegelt.
Der Stoff für die Einsätze wurde im Querverlauf zugeschnitten und in etwa 25 Biesen eingenäht, um elastisch zu sein.
The most striking detail on the dress is the bodice with it's emphasized (faked) bosom, which divorce and high line display the ideal of female's shape in 1815.
The fabric was cut on the bias and sewn into 25 pintucks, which makes these parts quite elastic.

Von links. Das Futter wird rund um die Brustpartie ausgespart. Es wird mit Staffierstichen eingenäht. Die gepaspelte Kante bleibt an dieser Stelle unversäumt.
Die kurzen Puffärmel wurden ebenfalls im Schrägverlauf zugeschnitten, dann in Falten gelegt und mit rotem Paspelband versehen.
Left side. The lining was added with slip stitch around the bosom parts. The piped edge remains unfinished.
The short puffed sleeves are cut on the bias, too. They are pleated and then sewn onto the piped red edge.

Ebenso wie die untere Kante des Futters unversäubert bleibt, bleiben auch die Säume am Ärmel offen. Keine Sorge, das war durchaus üblich und durch das Tragen, ribbelt irgendwann der Stoff auch nicht weiter.
Not only the seams of the lining on the edge of the bodice remain unfinished, also those on the sleeve caps. Don't worry, this was actually period and it stopps ravelling through wear.

Auch der Gürtel wurde mittig in Biesen gelegt, dieser Teil des Gürtels wird an den Paspeln am Kleid festgenäht. Der Gürtel mißt etwa 3 Meter in der Länge und 15 Zentimeter in der Breite. Er ist komplett gepaspelt. Die Paspel ist auf der Rückseite umgenäht und versäubert.
The belt is also sewn into pintucks along the front. It is attached to the dress at the piping. The belt measures around 3 yards in lenght and is about 6 inch wide. It's completely piped with the back of the piping folded under and stitched down.

 Die obere Kante des Rockteils wurde umgeschlagen, aufgereiht und an das Oberteil angenäht.
The upper edge of the skirt was folded, gathered into tiny pleats and then stitched onto the bodice.

Ein Details des Ärmelaufschlags. Eine doppelte Paspellierung.
A detail of the sleeve cuff. Double piping.

Das Kleid wird im Rücken durch 10 Haken und Riegel geschlossen.
The dress is closed at the back with a set of 10 hooks and bars.

 Der Rocksaum wird innen mit Stoffresten hinterlegt.
The skirt's hem is faced with fabric scraps on the inside.

 Die aufgesetzte Rockverzierung, ebenfalls im Querverlauf zugeschnitten, in Falten gelegt und beidseitig mit Paspeln gesäumt. Der Rock hat einen Umfang von etwa 2 Metern und endet ein gutes Stück über dem Knöchel. Zu dem Kleid trage ich lederne schwarze Halbschuhe von Robert Land Footwear, die auf geradem Leisten gefertigt sind.
The skirt decorations was also cut on bias, then pleated and piped on both sides. The skirt has a circumference of 78 inches and reaches a bit above the ankle. I wear black leather shoes from Robert Land Footwear with this dress. The shoes are built on straight lasts.

Ausgehfein wird das Kleid durch ein Hemd/Unterkleid, ein Mieder a la Paresseuse, einen Unterrock, weiße Strümpfe und ein Chemisette mit dreifach Faltenkragen.
I'm wearing a shift/chemise under this dress, half stays a la paresseuse, a petticoat, white stockings and a chemisette with a three-layered pleated collar.

 Die Rückseite mit der Schleife.
The back with the huge bow tie.

Beide Seiten. Durch die kleinen Puffärmel, die weit an den Schultern angesetzt sind, entsteht die typische Silhouette der Mitte der 1810er Jahre.
Both sides. The puffed sleeves set on the very edge of the shoulders create the desired mid 1810s look.

Ich konnte nicht widerstehen, meine Muse mit auf's Bild zu nehmen (Mila war leider weniger begeistert von der Idee)
I couldn't resist to have a picture taken with my muse (Mila wasn't that fond of the idea though)

Die sehr langen Ärmel werden durch gepaspelte Bänder gestaucht und bezähmt. Die Verzierung an der Kante besteht aus einem gefütterten Ring, der - wie beim Original - nach oben geöffnet bleibt. 
The very long sleeves are tamed and gathered with the piped cuff ties. The decoration of the very edge is made of a lined and pleated ring, which is sewn onto the lower edge, whereas the upper edge remains open.

 Das Kleid ist wirklich unglaublich bequem und der Rock hat einen wunderbaren Schwung...
The dress is incredible comfortable and the skirt has a lovely swing...

...darüber hinaus erzeugt die Schleife im Zusammenspiel mit den Falten im Rücken einen reizenden Eindruck.
...furthermore the bow tie and the pleats in the back create a proper Regency impression.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an meine kluge & wunderbare Nichte, die diesmal für die Fotos verantwortlich war, ohne sich von zwei schwierigen Modellen aus der Ruhe bringen zu lassen. Du bist großartig, Cora!
I'd like to give thanks and credit to my smart & amazing niece, who was responsible for taking this set of photos without being impressed by two difficult sitters. You're gorgeous, Cora!

Samstag, 9. März 2013

Needles and Pins...und Nadelkissen!

Die gegenwärtige Stille bedeutet nicht, dass ich mich dem Müßigang hingebe - nein, ganz im Gegenteil.
Angesichts des bevorstehenden Nadelmarktes am kommenden Wochenende im wunderschönen Iserlohner Maste-Barendorf stehen die Zeichen hier auf eifrige Geschäftigkeit.
Gemeinsam mit einer lieben Freundin dürfen wir die kleine Schneiderstube abermals "beleben", was bedeutet, dass wir die Kleider für die Ausstellung vorbereiten müssen...und nebenbei haben wir diesmal auch ein kleines Sortiment feilzubieten.
Was könnte auf einem Nadelmarkt besser passen als handegnähte Nadelkissen?
Auf der Suche nach Inspiration stolperte ich auf einem Antikmarkt auf ein reizendes kleines und äußerst ungewöhnliches Kissen aus Seide mit wunderschöner - wie ich damals auf den ersten Blick glaubte - Perlenstickerei.
Bei genauerer Untersuchung entpuppten sich die Perlen als Köpfchen von Stecknadeln.
Das hatte mein Interesse geweckt, nicht zu schweigen von dem herrlichen Sprüchlein, welches das Kissen zierte.
Eine ausführliche Recherche führte mich schließlich zu dem Begriff  'Christening Pillow' und auf die bemerkenswerte Seite/Sammlung von Peggy McClards Antiques .
Die Geschichte der sonderbaren Nadelkissen fesselte mich und schnell stand fest, dass diese wunderbaren Kostbarkeiten dringend mehr Aufmerksamtkeit benötigen.
The current silence does not tell that I idle away these days - no, on contrary.
 In the face of next week's annual Nadelmarkt in the beautiful scenery of the early 19th century industrial grounds of Maste-Barendorf, here's a lot of fuss and bustle.
Together with a dear friend we're invited to once again enliven the little tailor's shop, which means preparing a lot of dresses for the exhibition...and this time we have also some lovely knick-knack to offer.
What would be more appropriate for a 'Nadelmarkt' than pincushions?
While searching for some inspiration, I stumbled upon an unusual, yet charming little pincushion on an antique market. It was made of cream silk and I loved the - what I thought was - pearl embroidery.
On close excamination I found out that the "pearls" were the shiny heads of pins.
This has caught my attention, not to mention the lovely quote, which adorned the pillow.
After a thorough search and research I learnt that these pincushions were called "christening pillows", which led me to the remarkable site/collection of Peggy McClards Antiques.
The story behind these cushions is fascinating and I decided that these precious little gems needed more attention.

Die Nadelkissen waren bereits im 18.Jahrhundert im englischsprachigen Raum ein beliebtes Geschenk zur Geburt. Es heißt, sie wurden häufig an der Tür oder im Fenster aufgehängt und ausgelegt, um Nachbarn und Freunde über den Familienzuwachs zu unterrichten.
Nadeln waren darüberhinaus nicht nur nützliche Nähhilfen, sondern sie hielten auch Kleider und eben Windeln zusammen. Wie so häufig zeigen die kleinen Kissen, dass man verstand Nützliches mit Schönem zu verbinden.
Die Kissen im 18.Jahrhundert waren zumeist mit einer Fransenborte verziert oder Troddeln an allen vier Ecken, während die Exemplare des 19. Jahrhunderts (die Kissen blieben bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode) eher mit Spitze besetzt waren.
Wunderschöne Beispiele zum Schauen und Staunen finden sich auf der oben genannten Seite.
Already in the 18th century these pincushions have been a favourite present for a birth and a new mother.
It is said that they were hung out at the door or in the window to apprise the neighbours and friends about the arrival of a new family member.
Pins have not only been useful in regard of sewing, but would also keep clothes and cloth diapers together.
The lovely pincushions tell, that people back then did understand how to amazingly combine beauty and benefit.
18th century christening pillows mostly have a fringe around the edges or tiny tassels, while 19th century pieces (the cushions remained in fashion til mid century) have white lace.
There are beautiful examples on the above mentioned site to marvel.

Glücklicherweise hatte ich noch einiges an Material vom Polstern zur Hand und schon wagte ich mich gemeinsam mit meiner lieben Freundin ans Werk.
Luckily I still had lots of material from a recent upholstery, thus I ventured into sewing pincushions with my dear friend in order to have some on stock.

Ein geläufiger und schöner Spruch auf den Kissen zu einer Zeit, in der man das Geschlecht des Kindes erst bei der Geburt erfahren hat. 
A common and lovely quote in a time, when the gender of a child remained unknown til the birth.

 Für ein Kissen veranschlagt man etwa 200-400 Nadeln, tatsächlich eine kleine Kostbarkeit.
Ein kleiner Segensspruch für das Neugeborene zu einer Zeit in der Kindstod allgegenwärtig war.
Each cushion needs around 200-400 pins, truly a treasure.
A little blessing to the newborn in times when infant death was common.

Ein weiterer gängiger Spruch. Den bereits im Haushalt lebenden Kindern wurde das Brüderchen oder Schwesterchen oftmals als 'kleiner Fremder" vorgestellt, der plötzlich ins Haus gekommen war und nun zur Familie gehörte.
Another common quote. The newborn was often introduced to the sisters and brothers as little stranger, who came along and was all of a sudden member of the family.

Unsere kleine Kollektion an Nadelkissen nach historischem Vorbild. Handgenäht und Strohgestopft. Die Vorderseite besteht aus Seidentaft, der Rücken aus festem Baumwolltuch.
Our small collection of christening pillows, following period examples. Hand-sewn and stuffed with straw. The front is made of silk taffeta, the back is sturdy cotton.