Sonntag, 19. Oktober 2014

Journal Journey into the Year 1811: Oktober 'Journal des Luxus und der Moden'

Der Bericht vom Oktober stiftete erstmals viel Verwirrung:
Es tauchten falsche Schreibweisen, unbekannte Begriffe und Verwechslungen in den beiden Modekupfern auf.
Dafür enthält der Bericht über die neuesten Moden aus Kassel wiederum viel Interssantes über Frisuren mit einem kleinen Rückblick auf den Spätsommer 1811.
The fashion news from October provided the reader with lots of confusion:
There has been wrong spelling, unknown terms and mistakes in both fashion plates.
But the fashion news from Cassel made up for that and we will hear a lot about hair with a review to the late summer of 1811.

Journal des Luxus und der Moden 
Oktober 1811
 (Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, Oktober, Journal des Luxus und der Moden
 XI. Erklärung der Kupfertafeln

Tafel.28 Eine Dame in einer Robe von Tulle. Toque (1) mit Tuberosen (2) verziert.
Tafel.29. Die Kleidung dieser Dame ist durchaus von weißem Perkale, und der Kragen mit Spitzengrund eingesetzt. Der Hut ist von Rosa Gros de Noble (3), weißem Petinet und rosa Schnuren umwunden, und mit weißem Atlas garneirt.
2. Hut von strohgelbem Gros de Noble und grünem Versy (4) mit goldenen Schnällchen
3. Italien. Stroh-Hut mit weißem Atlas; in den Puffen Schnällchen
4. Blauer Versy mit Petinet und Fransenband ganiert
5. Hut von Cramoisin (5) und weißem Gros de Noble.
Die Gegenstände dieser Tafel sind in der Modenhandlung der Mad. Oels in Weimar gezeichnet worden.

 XI. Explanation of the copper plates
 Plate28. A lady with a robe made of tulle. A toque hat (1) decorated with tuberoses (2)
Plate29. The dress of this lady is made of white percale, while the collar is made from lace. The hat is of rose-coloured Gros de Noble (3), white petinet and rose-coloured ribbon, embellished with white satin.
2. Hat of straw-coloured Gros de Noble and green versy (4) with golden clasps
3. Italy. Straw-hat of white satin, with golden clasps on the puffs
4. Blue versy with petinet and fringe
5. Hat of cramoisin (5) and white Gros de Noble.
All the items on this plate are drawn from the millinery of Mme. Oels in Weimar

 Tuberose (Quelle/source: Wikipedia)

***Erklärungen/Anmerkungen*** 
(1) - (5) Hier zeigt sich das ganze Ausmaß der Verwirrung in der Beschreibung zu den Modekupfern.
Wurden Begriffe falsch übersetzt? Verändert? Verwechselt? Und galt - wie meine liebe Freundin Alessandra zu sagen pflegt -Rechtschreibung nicht als zwingend?
(1) Der Toque, bislang eher als Begriff für einen Hut mit schmaler Krempe bekannt, ist in diesem Fall eine Haube. Hat sich der Begriff im Laufe der Zeit verändert oder ist hier schlichtweg ein Fehler unterlaufen?
(2) Die Tuberose (ein Spargelgewächs) hat nichts mit den Rosengewächsen gemein, die dort am "Toque" zu sehen sind. (siehe Abbildung)
(3) Gros de Nobles? Handelt es sich hier vielleicht um das Seidengewebe, das unter dem Namen Gros de Naples bekannt ist? Leider habe ich keinen Hinweis auf Gros de Nobles gefunden.
(4) Versy - das hat die größte Verwirrung ausgelöst! Was mag sich dahinter verbergen? Vielleicht ein Stoff von der Insel Jersy (so die häufige Schreibweise um 1800 ohne 'e'), der versehentlich ein 'V' in der Übersetzung erhalten hat? Und wenn dem so ist, was für ein Stoff mag es gewesen sein? Sicherlich nicht der heute bekannte Jersey. Vielleicht in die Richtung des heute noch bekannten Jersey Velour, also ein (kunst)seidener oder baumwollener Samt auf Wollgrund?
(5) Hah! Cramoisin lässt sich eindeutig als falsche Schreibweise einordnen, gemeint ist 'Carmoisin', also ein Farbstoff der heute unter dem Namen Karmesin bekannt ist.
***Explanations/Annotations***
(1) - (5) Here we see the whole dimension of confusion about the fashion plates.
Have terms been falsely translated? Changed? Mistaken? Or was it - what my dear friend Alessandra often says - that spelling was entirely optional?
(1) The toque usually referred to a hat with a small brim, but here we clearly see a cap. Has the term changed in the course of years or is it a mistake?
(2) The tuberose is an Asparagaceae and not of the family of roses and therefor hasn't any similarity to the flowers we see at the 'toque' (see picture above)
(3) Gros de Nobles? Could this be the silk fabric commonly known as Gros de Naples? Unfortunately I did not find any hint on Gros de Nobles.
(4) Versy - the source of the biggst confusion! What is it? Maybe a fabric from the isalnd of Jersy (which was the common spelling around 180 without an 'e'), which accidentally received an 'V' in the translation? An if that's the point, what would the fabric have looked like? Probably not today's Jersey. Maybe some kind of the modern Jersey velour, a (artificial) silk or cotton velvet on a wool nap?
(5) Hah! Cramsoisin is identiefied as being wrong spelling, it means 'carmoisin', a pigment today known as carmine.

IX. Moden 
  Modenbericht aus Cassel im August 1811 
Die Mode hat seit den Sommermonaten wenig Änderungen erlitten. Außer den gewöhnlichen Sonnenhüten werden noch Hüte mit Federn getragen, doch ist ihre Form etwas verändert. Sie haben runde Köpfe vorn eine Art Diadem, und einen schmalen Rand, der vorn aufwärts gebogen ist. Die Federbouquets bestehen aus drei kleinen Federn, die an der linken Seite herabwärts fallen. 
Die beliebten Silber – und Goldbandeaus von points turcs (Anmerk. türkische Spitze) werden noch immer auf der Stirn getragen; noch häufiger echte Perlen (wer diese besitzt), oder Juwelen; oft auch nur bloße Haarflechten. Darüber fallen zu beiden Seiten dicke Locken auf die Schläfe herab; und um den Kamm, der das hinten hoch aufgeschlagene Haar hält, windet sich das Blumendiadem, das sonst auf der Stirne seine Stelle hatte. Dieser Kopfputz war auf dem letzten Hofballe beinah allgemein. Nur eine Dame wich davon ab. Längliche Locken fingen an den Schläfen an, immer mehr sich senkend, sich hinten über den Nacken ziehend, den ganzen Kopf, welches fast aussah, wie die ehemaligen Perücken der Geistlichen. Allgemein wird indessen diese Mode wohl schwerlich werden, da sie selbst das reizende Gesicht, das sie trug, entstellte.
  IX. Fashions
Fashion news from Cassel for August 1811 
The fashion has gone through hardly any changes during summer. Next to the common summer hats, hats with feathers are still worn, but with a different shape. The crowns are very round with a kind of tiara in front, and a small brim, which is bend upwards in the front. The feather bouquets are made of three small feathers, which drop to the left side. 
The popular silver and gold bandeaus of points turcs (Annotation: turkish lace) are still worn on the forehead, even more real pearls (if one owns them), or diamonds; and sometimes just braided hair. This hairdo also has big curls dropping down to the temples; and around the combs, which holds the turned up hair in the back, a flower diadem is winding, which before was set on the forehead. This headgear was common on the most recent court ball. Only one lady did not sport it. Long curls started out at the temples, hanging down further and reaching towards the back of the neck, around the whole head, which resembled the old fashion wigs of clergymen. Actually this fashion won’t establish, as even the pretty lady, who sported it, looked blemished.
around 1810 by Robert Lefevre (Quelle/source: über pinterest)
Die oben erwähnte Frisur mit Korallenperlen. The above mentioned hairdo with corals.

1812, Drölling, Portrait d'Adéone (detail)
(Quelle/source: wikimedia commons)
Der oben erwähnte Haarschmuck, leider weder mit Gold oder Silberband, noch mit der erwähnten türkischen Spitze.
The above mentioned hairdo, unfortunately neither with gold or silver bandeau or turkish lace.

 
ca. 1800- 1824, (1810?) Portret van Eduarda Thalia Eckringa (1786-1865) 

Ebenfalls Erwähnung fand eine Variante mit geflochtenem Haar:
Also mentioned was a variation with braided hair:
ca. 1800 (1810?) Louis-Léopold Boilly, Portrait of a Lady
(Quelle/source: LACMA)

Und schließlich der Kopfschmuck mit Perlen, wie etwa im folgenden Bild
And finally the headgear with pearls, similar to the following painting
1808-1815, Gérad Francois, Caroline Murat
(Quelle/source: wikimedia commons)

Der Schnitt der Kleider ist immer noch der nämliche. 
Für Morgenkleider, Perkale mit unsäglichen Garnierungen von gesticktem Mull; Pelerinkragen sind wieder an der Tagesordnung. Die neuste Facon ist ein solcher Kragen aus sieben Theilen bestehend, von Perkale oder Batist. Der dazwischen gesetzte helle Streifen, gestickter Mull oder Spitze. Hiernach richtet sich auch die äußere Umgebung, die in reichen Falten darum gesetzt wird; oben am Halse wird es ebenso reich garniert; und hinten geschlossen. Die Ballkleider sind wie gewöhnlich, noch immer häufig mit Blumen garniert. 
Am beliebtesten sind die sogenannten Jardinieren, oder Guirlanden von sechserlei Blumen, nach der Natur. Kleider streifenweise gestickt, oder von Blonden und Band, in Streifen zusammengesetzt, sind ebenfalls noch an der Tagesordnung.
The cut of the dresses is still the same.
For morning dresses, it’s perkale with lots of decoration made of gauze; capes are more common again. The latest shape is made of seven pieces of percale or batiste. The prominent stripe set in between is made of gauze or lace.
In this manner the whole dress is designed, all in a vast amount of ruffles; especially around the neck; the dresses close in the back. Ball gowns remained the same, most often decorated with flowers. Most popular are jardinières or festoons of six different artificial flowers, looking like real flowers. The dresses, that have a striped embroidery, or have lace and ribbons, set in stripes, are still seen.


An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"

Montag, 13. Oktober 2014

Köstliche von Charneau

An diesem Wochenende hat der Herbst endgültig Einzug gehalten. Auf die doch schon recht kühle Morgenluft folgte ein goldener Tag...und der Blick auf die reiche Ernte der Obstbäume.
Gelegenheit, die längst vergangene Zeit zu schmecken.
Nun hat nicht jeder das Glück einen Obst- und Gemüsegärtlein sein Eigen zu nennen, aber zu meiner Überraschung finden sich mittlerweile auch in dem ein oder anderen Supermarkt, direkt neben den genormten Obstsorten, wohltuende Rückblicke in die Vergangenheit.
Von meinem letzten Wochenendeinkauf brachte ich die Köstliche von Charneau mit heim. 
Eine Birnensorte, die um 1800 in einer kleinen Stadt in Lüttich von M. Legipont gezüchtet wurde und seither nichts von ihrer Köstlichkeit eingebüßt hat.
This weekend autumn finally took over the reign. A bright golden day followed the crisp morning...and revealed the rich harvest of fruit trees in it's mellow light.
A good occasion to taste the past.
Well, not everyone is lucky to own a proper vegeatbale and fruit garden, but to my surprise even some of the supermarkets eventually offer small (and nontheless tasty) glimpses of the past right next to the standardized fruits.
This weekend I brought home the Merveille de Charneau from the grocery store.
A pear, which was bred around 1800 in a small town in Liège for the first time by M. Legipont, and ever since hasn't lost it's deliciousness.
Köstliche von Charneu (Quelle/source: BUND-Lemgo Obstsorten)

Die Birnensorte wird in vielen Schriften des 19. Jahrhunderts erwähnt und ist unter vielen Namen bekannt,
so zum Beispiel (neben einer Variation der Schreibweisen) auch als Legipont, Fondante de Charneux, Grashoffs Leckerbissen und Bürgermeisterbirne.
The pear is mentioned in a lot of horticultural volumes and is known in a variety of names.


Sicherlich hat sie (und all die anderen Sorten) damals ihren Weg auf so manchen Tisch gefunden, um den Herbst und frühen Winter zu versüßen. Sie ist etwa sechs bis acht Wochen lagerbar und lässt sich auch wunderbar einkochen.
Back then the fruit probably has found it's way onto many table, to sweeten the short days of Autumn and early winter. It can be stored for about six to eight weeks and is suitable to be boiled down.


Und selbstverständlich schmeckt sie köstlich. Süß, doch mit ein wenig ausgewogener Säure. 
And certainly it's very tasty. With a sugary flavour, but not too sweet.


Das Fruchtfleisch ist mittelfest und saftig, aber nicht allzu tropfend.
The fruit flesh is tender, buttery and melting, but not too juicy.


Schon Johann Wolfgang von Goethe wusste um die Eignung der Birnen, Äpfel und anderer Früchte als Geschenk im Herbst. Es ist überliefert, dass er seinem Briefwechsel mit Charlotte von Stein gerne Köstlichkeiten aus seinem Garten beilegte.
Even Johann Wolfgang von Goethe knew about the suitablity of pears, apples and other fruits as a autumnal gift. It is well documented that he often added flowers and fruits from his garden during the letter exchange with Charlotte von Stein.

Goethes Garten im Ilmpark in Weimar.
Goethe's garden in the Ilmpark in Weimar.

In einem Brief vom 13.März 1777 erklärt Goethe:
»Verzeihen Sie dass ich schon wieder allerley Zeug schicke. Sie sehen daraus dass ich von der ältern Kirche bin, da man sich den Göttern ohne Gaben nicht zu nähern traute.«
Mehr darüber zu lesen gibt es auf dem blog der Klassikstiftung Weimar.
In a letter from 13th March 1777 Goethe did write:
»Please excuse that I sent lots of things. You probably learn from this, that I’m from a more ancient church, where it was forbidden to approach the gods without goods. «


Auch heutzutage eine schöne Tradition, die gepflegt werden sollte:
Der Genuss von Obst und Gemüse dem Jahreskreis entsprechend...und Briefe schreiben!
A loveley tradition, which will hopefully held high today:
The consumption of fruits and vegeatble according to the seasons...and writing letters!

Mittwoch, 8. Oktober 2014

1814 Costume de Bal ornée de roses artificielles

Von meiner zurückliegenden Reise nach Weimar und in das Bertuchhaus am Baumgarten bin ich nicht mit leeren Taschen heimgekehrt. 
In meinem Gedankenköfferchen befindet sich zum einen die Faszination für die herrlichen bertuchschen Kunstblumen, zum anderen die Gewissheit, dass Kleider wieder und wieder nach Geschmack und neuster Mode geändert wurden, solange das Material noch brauchbar war.
Noch während ich meine Garderobe nach meiner Rückkehr wieder ordentlich verstaute, fiel mir ein Kleid in die Hände (ganz weit hinten im Schrank), das meinem Geschmack zum wiederholten Mal nicht mehr entsprach:
Diese wurden zunächst gepflückt, bevor die Girlanden abgetrennt und das Kleid gewaschen wurde, ehe es zum dritten Mal auf dem Nähtisch landete.
I did not return with empty pockets from my most recent journey to Weimar and into the Bertuch House at Baumgarten. My mental suitcase was packed with the fascination for the artificial flowers from the Bertuch manufactory and the insight that dresses have been altered again and again to match taste and latest fashion, as long as the material would allow it.
While I stashed my wardrobe upon my return, my attention was caught by a certain dress (in the far back of the closet), which did not meet my taste...again:
These were plucked, before I also ripped off the festoon and then cleaned the dress, which finally ended on my sewing table for a third time.

In der zweiten Dekade des 19.Jahrhunderts finden sich viele Modekupfer mit blumigen Verzierungen am Saum und am Oberteil.
There are many examples of artificial flowers on the hems and bodices in the second decade of the 19th century.
1811, Ball Dress, La Belle Assemblée (Quelle/source: SceneInthePast)

1813, Robe des Crepe, ornée de Fleurs artificielles, Costume Parisien
(Quelle/source: SceneInthePast)

 1814, Costume de Bal, Costume Parisien
(Quelle/source: SceneInthePast)

Die Röcke waren stets recht kurz, was beim Tanz von Vorteil ist, aber auch den Saum vor Schmutz schützt.
Im Gegensatz zum Saum wurde das Oberteil eher verhalten mit Blumen geschmückt, denn so war eine Reinigung einfacher.
The skirts were rather short, which was not only an advanatge when it comes to dancing, but also kept away the dirt from the hems.
In comparison to the hems the bodices were less adorned with flowers, because that made the cleaning easier.

Dank meiner lieben Freundin Maggie entdeckte ich bei etsy eine gute Papierblumenhandlung, wo Kunstblumen aus weichem, handgeschöpften Papier hergestellt werden.
Eine Bestellung erfolgte sogleich...und die Blumen sind einfach umwerfend! 
Ein rosa Traum!
Thanks to my dear ingenious friend Maggie I discovered a lovely paper flower shop on etsy, that offers artificil flowers made of soft, hand-made paper.
I ordered immediately...and the flowers are stunning! A blush pink dream!


Aber nicht nur die Gänseblümchen wurden ausgetauscht, sondern auch die ursprüngliche Girlande hatte ausgedient und wurde durch eine neue Verzierung ersetzt.
Dabei handelt es sich um einen handgenähten schmalen Schlauch aus feinstem Baumwollbatist, der gebügelt und mit Vorstichen gerafft wird. Daraus wurden kleine 'Blumenkörbchen geformt.
But not only the daisies have been plucked, also the festoon was replaced by a new decoration.
A handsewn small pipe of finest cotton batiste, flat ironed and ruffled with running stitch. Then I formed some kind of 'flower baskets'.

Diese Blumenkörbchen wurden auch am Ärmel aufgesetzt.
These flower baskets were also added to the sleeves.

Das Kleid erhielt ein völlig neues Aussehen...nach der neusten Mode!
Und das mit verblüffend einfachen Mittel.
The dress got a completely new look...according to the latest fashion!
And by surprisingly easy  means.

Der Kragen mit ganz kleinen Rosen...
The collar with tiny roses...

...und einem Bouquet vorn.
...and a bouquet in front.

Der Saum. Jedes Blumenkörbchen erhielt eine große und zwei kleinere Rosen.
Am Schwung der Bögen kamen ebenfalls die kleinsten Rosen zum Einsatz.
The hem. Each flower basket was filled with one big and two smaller roses.
The peak of the scallops was ebellished with the tiny roses.

Das Blumenkörbchen von außen...
The flower basket from the outside...

...und innen.
...and the inside.

Zu dem Ensemble trage ich einen großen Schal aus Satin mit Fransen, Ballhandschuhe aus rosa Leder, Ballschuhe und einen Haarkranz aus Papierrosen.
(Darunter eine Chemise, einen Bernhardtschen Schnürleib und einen Unterrock, sowie lange weiße Strümpfe)
I'm wearing a huge satin shawl with fringe, evening gloves of rose leather, ball slippers and a rose tiara with the dress.
(Underneath a chemise, Bernhardt's stays and a petticoat, as well as long white stockings)


Der Haarkranz besteht aus elf kleinen und drei großen Rosen auf einem Metallband.
The tiara is made of eleven small and three big roses attached on a metall band.


Ich bin gespannt, ob das Kleid noch weitere Modetorheiten erleben wird, aber ich denke eher nicht, denn ich bin rundum zufrieden mit dem Ergebnis...und außerdem sind noch einige andere Stücke in meinem Schrank, die sich besser zu einer Umwandlung eignen!
I'm curious, whether this dress will have to endure more alterations due to new fashions, but it might not, as I'm very happy with the result...besides there are other garments in my wardrobe, which are in for a change!

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Morgenüberrock August 1802, Journal des Luxus und der Moden

Bereits vor einiger Zeit habe ich in einer Auktion einen Fund getan, der sich auf den zweiten Blick als besondere Überraschung erwies.
Ein Modekupfer aus dem Journal des Luxus und der Moden vom August 1802.
Und eben dieses Modeblatt ist selbst im Verzeichnis der thulb Jena nicht digitalisiert, allerdings ist der Text zu dem Kupfer hinterlegt. Er lautet wie folgt:
A while ago I've made an exciting purchase in an auction, which proofed to be even more thrilling on a closer examination.
A fashion plate from the Journal des Luxus un der Moden of August 1802.
And exactly this fashion plate isn't digitalized in the vast collection of the thulb Jena, but their copy provides us with the accompanying text. It reads as follows:

"...Die zweite Mustertafel (Taf.22) zeigt Ihnen eine Dame im Morgenanzug im Garten oder in der Badeallee. Sie trägt einen Oberrock von schwarzem Casimir mit runden wulstigen Samtkragen von gleicher Farbe. Dieser Kragen läuft vorn zu. Der Oberrock ist über der Brust mit vier kleinen schwarzen Knöpfchen zugeknöpft. Lange enge Ermel. Die Brust deckt ein feines Hemdchen (Chemisette) mit schöner weißer Stickerei. Hinten angesetzte Caracobuffen. Lange Schleppe. Dazu ein Negligeehäubchen von weißem Atlas, mit einem Filetnetz von Goldfaden überzogen. Rings herum läuft eine 3 Fingerbreite Goldspitze. Der linke Backen zieht sich tiefer in das Gesicht hinein, als der rechte. Rechts sitzt ein Büschel weißer schwankender Rohrkolben mit vergoldeten Spitzen. - Schuhe von rothem englischen Atlasleder..." 
"...The second plate (No.22) shows a lady in a morning dress for the garden or the walk to the public bath house. She’s wearing a spencer of black cashmere with a round, bulging collar made of velvet of the very same colour. The collar is running smaller to the front. The spencer is closed with four tiny black buttons on front. Long, very narrow sleeves. Underneath a fine chemisette with white embroidery. A peplum in the back.
Long train. A negligee cap is worn with this ensemble, it’s made of white satin, decorated with a filet net of gold. A piece of gold lace is running all around as brim. The left cheek is covered more than the right. On the right is a bunch of white ears/cattail dipped in gold. -Shoes of red English leather...." (source: http://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jportal_jparticle_00093892)

Ja, es handelt sich um ein schwarzes Morgenkleid und der Kupfer ist wirklich unglaublich elegant und wunderschön:
Yes, it's no typo it is a black morning dress, not mourning dress, and it's also utterly elegant and beautiful:

Noch bevor ich den Kupfer in den Händen hielt und tatsächlich aus der Nähe betrachten konnte, stand fest, dass ich dieses Morgenkleid unbedingt nacharbeiten mußte.
Even before the plate arrived and I was able to examine it closely, I knew that I had to re-create the morning dress.

Statt der im Text beschriebenen Cashmerewolle, wählte ich einen schwarzen gechintzten Baumwollstoff, der schon seit einiger Zeit in meinem Stoffschrank der Vergessenheit entgegenblickte.
Hinzukam schwarzer Baumwollsamt, grüner Satin für das Futter des Spencers, echtes Metallgoldband für die Haube, sowie Goldspitze aus altem Bestand.
Instead of the mentioned cashmere wool I decided on chintzed black cotton, which was in my fabric stash sadly facing a feeling of oblivion.
I added black cotton velvet, green satin for the lining of the spencer, real metall gold ribbon and old gold lace from vintage stock.

Um die 'Last' des runden Samtkragens zu tragen habe ich die vordere Kante des Spenzers von innen mit festem Leinen pikiert.
Die Ränder wurden hernach eingeschlagen und mit dem Oberstoff vernäht, dessen Kanten ebenfalls bereits umgebügelt waren.
To bear the weight of the velvet collar, I reinforced the edge of the spencer's bodice with sturdy linen.
The edges were later folded and sewn to the outer fabric, which edges were also prepared and folded to the inside with ironing.

Das pikierte Stück...
The prepared front...
...und mit den eingeschlagenen Kanten.
...and with the folded edges.

Bei den schmalen Ärmel habe ich mich erstmals dazu entschieden, alle vier Teile (Oberstoff und Futter) gleichzeitig zu vernähen. Dazu mußten die Saumzugaben zunächst umgebügelt und die Stücke dann vorsichtig links auf links zusammengelegt werden, ehe sie mit einem Stich durch alle vier Schichten zusammengenäht wurden.
For the first time I decided to sew all four pieces (outer fabric and lining) together at the same time. I turned and ironed the seamallowance under and then carefully matched the pieces (facing left sides), before they were stitched together.

Den Schnitt entwickelte ich aus meinen schon bestehenden frühen Spencern, wobei lediglich die Kragenlinie neu gestaltet werden mußte.
Bei dem Rockteil orientierte ich mich ein wenig an dem Reitkleid aus Janet Arnolds "Patterns of Fashion".
The pattern was taken from my other early spencers, I only needed to slightly alter the collar line.
The skirt was loosely based on the riding habit ensemble from Janet Arnold's book "Patterns of Fashion".

Der schwarze Samtkragen (der im Bild ein wenig aufgeklappt wirkt) erfüllt die Beschreibung 'rund und wulstig' aus dem Journal des Luxus und der Moden, denn getragen legt er sich wunderbar um die Brustpartie.
Hinten erkennt man die kleine Caracobuffen oder Schößchen.
The black velvet collar (which looks a bit odd in the picture above) fully meets the description of 'round and bulging' of the Journal des Luxus und der Moden, as it beautifully molds around the bust while being worn.
In the back is the peplum or caraco puffs.
Die vier kleinen Knöpfe vorn.
The four small buttons on the front.

Detail des 'langen engen Ermel'
Detail of the long, very narrow sleeve

 Blick auf das Futter.
The lining.

Das schwarze Kleid mit der sehr knappen Front, den knöpfbaren Trägern und dem schmalen Gürtel samt Goldschließe
The black dress with a very short front, butoned sholder straps and a narrow belt with a gold clasp.
Lediglich auf der rechten Seite lässt sich das Kleid aufknöpfen. Es wird mit zwei Knöpfchen geschlossen.
Only the right side of the dress is buttoned. It's closed with two black buttons.

Ein kleines Kissen wurde im Rücken eingenäht. Auf dem Bild erkennt man, dass bei dem Futter vorn die Nahtkante gebraucht wurde, sodass der Stoff nicht aufribbeln kann.
A small pad was added in the back. The picture shows that the lining in front is cut on the selvedge, hence the fabric won't fray.
Die Rückansicht des Kleides, dessen Rock aus fünf Bahnen besteht.
The back view of the dress, which skirt is made of five pieces.

Das Ensemble selbst ist rasch am Nähtisch entstanden, dann aber ging es an die wahre Herausforderung: die Goldhaube.
Von Anfang an ein Trauerspiel, das mich schließlich nach unzähligen Versuchen dazu brachte, die Haube völlig anders zu enwickeln.
Ich nahm das bereits vernähte Goldnetz und drapierte es über eine kleine schwarze Haube, darüber kam schwarzer Seidenchiffon in der Tradition eines Turban. Ein Stück der Goldspitze wurde eingearbeitet und zuletzte die goldenen Ähren hinzugefügt. Auch wenn es nicht ganz so spektakülar wie die Haube im Kupfer geworden ist, so ist die Haube dennoch ein Hingucker geworden.
The ensemble itself came together quickly at the sewing table, and then I had to face the true challenge:
the gold cap.
It was a drama from the very beginning, and ended - after several dissapointing attempts - in a different kind of cap.
I took the already stitched filet net and draped it over a black cap, on top I added a layer of sheer silk chiffon, trying to aim at the turban style. Last I added a piece of gold lace and the golden wheat ears.
Even though it's not as spectacular as the gold cap in the fashion plate, it turned out that the little cap is nonetheless eyecandy.
Detail der Morgenhaube
detail of the morning cap

Von vorn...
The front...
...und von hinten.
...and the back.

Die vergoldeten Ähren.
The gilded ears.

Zu dem Kleid trage ich eine leichte Chemise, lange Strümpfe, den Utrecht Schnürleib (denn für die Morgengarderobe wurde er ursprünglich konzipiert), einen Unterrock, eine langärmelige Chemisette
I wear a chemise with that dress, the Utrecht stays (because that was the purpose they'd originally be designed for: morning wear), a petticoat and a long sleeved chemisette

Rasch noch den Spencer überziehen und zuknöpfen und dann kann es auch schon auf den Weg durch die Badeallee gehen. In diesem Fall wählte ich als Ziel einen Weg durch den heimischen Wald entlang einer Kapelle und einigen Heiligenhäuschen hin zum Mendener Augenbrunnen.
Quickly put on the spencer and button it, before I leave to take a walk to the public Bath House.
Or in this case, I decided to walk along a lovely path through the local woods along a chaple and some saint's memorials to the Mendener eye's fountain.

Meine Garderobe wird vervollständigt durch ein Paar grüne Lederhandschuhe und einen kleinen Beutel. Dort oben auf dem Berg erahnt man schon die Kapelle.
I've added a pair of green leather gloves and a bag to my ensemble. Up on the hill the chapel already foreshadows through the trees.
Eines der alten Heiligenhäuschen auf dem Weg. Ein wenig hat der Herbst schon begonnen, aber glücklicherweise scheint die Sonne.
One of the old saint's memorials along the way. The autumn's already in the crisp air, but luckily the sun's shining.

Auf diesem Bild erkannt man, wo das Kleid aufgeknöpft wird, der durchblickende Unterrockt verrät's ;)
In this photo the opening of the skirt is revealed with the white petticoat peeking through ;)
Ein weiteres Häuschen.
Another memorial.
 Und in der Ferne lockt schon das Häuschen, neben dem sich der Brunnen befindet.
And  from afar the memorial, which is close to the fountain.

Die Quelle lässt sich zurückdatieren auf das Jahr 1684. Man behauptet, das Wasser sei heilsam für die Augen und es verbessere die Sehkraft, wenn man die Augen damit ausspült.
The fountain is dated back to the year 1684. It is said that the water's supporting the eye-sight and it's recommended to rinse the eyes with the cold fresh water.

Ob man nun an die Heilkräft der Quelle glaubt oder nicht, es ist ein wunderschöner Spaziergang und mit einem Morgenkleid von 1802 ist man auch für derartige morgendliche Ausflüge bestens gekleidet.
No matter whether you believe in the healing power of the water or not, it's a beautiful path to take a stroll and with a 1802 morning dress you're also properly dressed.