Freitag, 26. Februar 2016

Mein Wunsch: Vergissmeinnicht

Zu meinen liebsten Kindern aus Floras Blütenschar zählen Akelei, Aurikeln und das wundervolle Vergissmeinnicht.
Die Freude war unbeschreiblich groß, als ich das zuletzt genannte Blümchen mit leichter Hand auf Porzellan gebannt bei meinem letzten Besuch auf dem Antikmarkt entdeckte.
Ich konnte dem weißen Gold nicht widerstehen und nahm das kleine Tässchen mit.
Among my favourite children from Flora's blooming company are Aquilegia, Auricula and the lovely forget-me-not.
It was pure happiness when I found the latter being painted with light hand on porcelain on my latest antique market spree.
I couldn't resist the white gold and decided to take the cup home with me.


Die kleine Tasse wartet allerdings mit noch weiteren charmanten Details auf, denn neben der Darstellung der Vergissmeinnicht, ziert noch ein kleiner Sinnspruch Tasse und Unterteller.
The little cup awaits with even more charming details. There's not only the depiction of forget-me-nots, but also a short motto written on cup and saucer.

Mit - vielleicht nicht ganz - ruhiger Hand auf die Tasse und...
Written  with - maybe not that calm - hand on the cup...

...Untertasse aufgetragen.
...and saucer.

"Mein Wunsch - vergiss mein' nicht"
"My wish - forget me not"

Die Untertasse misst etwa 14 Zentimeter im Durchmesser und die zylindrische Tasse in Höhe und Breite etwa 6 Zentimeter.
Zierliches Tischporzellan in einer schlichten Form, wie es um 1800 in Mode kam.
The saucer measures approx. 14 centimetre in diameter and the cylindric cup about 6 centimetre in diametre and height.
Delicate porcelain in that plain shape appeared around 1800.

Der Herkunft der kleinen Marke auf Tellerchen und Tasse kam ich dank einer französischen Publikation namens Résumé alphabétique de Marques de Porcelaine auf die Schliche.
Es handelt sich um die Porzellanmarke der Manufaktur Gross-Breitenbach in Thüringen.
1777 gegründet wurde sie von dem berühmten Gotthelf Greiner (1732-1797) im Jahr 1782 übernommen.
EDIT: 
Durch den freundlichen Hinweis und die Expertise von arkanum1772 auf Instagram, habe ich erfahren, dass die Porzellanmarke nicht Groß-Breitenbach zugeschrieben wird, sondern wie folgt zuzuordnen ist:
"Die schöne Tasse kommt aus der Porzellanmanufaktur Gießhübel in Böhmen. Wurde 1803 von Christian Nonne, der auch Pächter in Volkstedt und Ilmenau war, gegründet. Die Marke wurde wohl bis 1813 verwendet.Großbreitenbach war im Besitz der Limbacher Greiner, sie haben dort offensichtlich die gleichen Marken wie in Limbach verwendet. Eigene Marken sind für diese Zeit für Großbreitenbach nicht bekannt. Das macht es so schwer ein sicheres Stück von Großbreitenbach zu finden. Gießhübel hat mit dem G mit Pfeil durch gemarkt, diese Marke wird fälschlicherweise in manchen Büchern für Großbreitenbach in Anspruch genommen. Ein Hinweis auf Böhmen gibt auch der steile Rand der Untertasse, war typisch für die Böhmischen Manufakturen, wurde von Wien übernommen."
I managed to track the origin of the stamp on the cup and saucer with the help of the publication Résumé alphabétique de Marques de Porcelaine.
 It is the porcelain stamp of the manufacturer Gross-Breitenbach in Thuringa.
It was found in 1777 and then in 1782 bought by the famous Gotthelf Greiner (1732-1797).
Im Gegensatz zu Manufakturen wie KPM oder Meissen fertigten die Thüringer Porzellanwerkstätten Gross-Breitenbach, Volkstedt, Rauenstein, Limbach u.a. Porzellan für das Bürgertum.
Feines Gebrauchsporzellan für den bürgerlichen Tisch.
On the contrary to KPM or Meissen, these manufactures in Thuringa, like Gross-Breitenbach, Volkstedt, Rauenstein, Limbach etc. offered porcelain for the middle classes.
Fine porcelain for the common table.
Porzellanmarken Résumé alphabétique de Marques de Porcelaine (Quelle/source: bnf Gallica)

Durch einen Hinweis von Douglas Stott auf einen Brief aus der Feder von Caroline Schelling, erhielt ich einen amüsanten Einblick auf ihren gedeckten Tisch und den Umgang mit Gebrauchsporzellan durch Dorothea Veit im Jahr 1801, nachdem Caroline den Schegelschen Haushalt verlassen hatte.
Thanks to a hint from Douglas Stott to a letter written by Caroline Schelling, I got an amusing insight into the household and the treatment of porcelain by Dorothea Veit in 1801 after Caroline has left the Schlegel's household.

"An Meublen wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da Mad. Veit nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem Porcelan bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer Denunciation von Lenens Untreue, aber wie Rose wegging, waren diese Sachen da. – Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. – Rose sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. – Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andere Beschwerden."
1801, 7.-8. Mai, Brief 314 (Quelle: GASL)
As far as meubles are concerned, probably everything is there except one table. But you know how it is when one wants to ask for replacements. Can I maintain that they broke so and so many dozen plates when nothing was ever really formally given over to Madam Veit to begin with? Admittedly, only 2 dozen are left instead of the 10 dozen with which I started out, and up till the very end, we were, after all, still able to entertain quite a large company with the porcelan. Rose, too, said there were far more glasses here before, only two were crushed, item the cups, and the blue glass compotes broken to pieces! Friedrich responded to my complaint about the loss of other housewares such as baskets etc. with a denunciation concerning Lene's disloyalty, except that when Rose left, these things were still here. — I in no way intend to let myself into any discussion with Madam Veit. It would inevitably end up being a nasty business, so until we — you and I — can discuss it, just let things go on as they have. — Rose said that Madam Veit always wanted food warmed up on the porcelan plates, and that is when they cracked. — All these things, however, which at most are simply things that are more noticeable, are nonetheless trivial compared to other, completely different complaints.
1801, 7-8th May, letter 314, translation Doug Stott (source: Caroline Schelling
1801, Constance Marie Charpentier, Portait de femme qui déjeune (Quelle/source: Gildas Dacre-Wright, Constance Charpentier)
Seitdem mir der ruppige Umgang mit dem guten Porzellan durch Dorothea Veit bekannt ist, regen kleine Abplatzer und Haarrisse im Porzellan meine Vorstellungen noch weiter an und ich kann über den kleinen Riss am Henkel meiner Tasse hinwegsehen...wer ahnt schon, wie es dazu kam?
Since I know how Dorothea Veit handled Caroline's porcelain, my imagination about chips and small tears in the porcelain is sparked even more and I don't mind the tear on the handle anymore...who knows how it might have happend?


Montag, 22. Februar 2016

1795/96 Engländisches Deshabillé Chemisenkleid

Vor einigen Wochen führte mich ein Netzspaziergang zu einem sehr spannenden Kleidungsstück, das mir augenblicklich den Wunsch bescherte, es nachzuarbeiten.
Bei dem Kleid handelt es sich um ein Überkleid oder Überrock  mit dazugehörigem Rock aus der Sammlung des Memorial Hall Museum. Geführt wird es als 
Es handelt sich um ein amerikanisches oder englisches Kleid aus englischer oder indischer bedruckter Baumwolle.
Besonders faszinierend ist die Konstruktion der genannten 1790er Chemise (Hülle), es ist also nicht aus einem Oberteil und Rock gefertigt, sondern der Stoff wurde komplett in Falten aufgelegt. Eine Technik des 18.Jahrhunderts, die später in den 1790ern und ab 1800 noch eine Zeit bei sogenannten "open robes" kennzeichnend bleibt.
Auch die Art und Weise, wie die Ärmel eingesetzt wurden, entspricht der Konstruktion des 18.Jahrhunderts. Das Stück aus der Sammlung Memorial Hall Museum ist also ein gelungenes Beispiel für den allmählichen Übergang der Kleidungsstile und vermutlich der Mitte der 1790er anzusiedeln. 
Die verfügbaren Bilder, selbst in der Vergrößerung, geben nicht all ihre Geheimnisse preis. Es ist beispielsweise nicht ersichtlich, ob das Stück umgearbeitet wurde. Bei der Nacharbeitung habe ich versucht mich nahe an das Original zu halten, soweit das Bildmaterial es zuließ.
A few weeks ago a stroll through the depth of the world wide web led me to a most interesting garment, which instantly lit my wish to re-create it.
The dress is an open robe with matching skirt from the Memorial Hall Collection. It is listed as
It's estimated to be an American or English dress, made of English or Indian printed cotton.
The garment called chemise is especially fascinating, which means, the dress isn't made of a separate bodice and skirt, but made of yardage put in pleats. An 18th century technique,which later in the 1790s and around 1800 remains characteristic for so-called open robes.
The way the sleeve is set in, corresponds with the 18thcentury construction. The garment from the Memorial Hall Museum is a wonderful example how the styles gradually developed and was probably made mid 1790s.
The available pictures, even in high-res, don't give away all the secrets. It's unfortunately not clear whether the garment might be altered. I tried to keep my recreation truth to the original as far as the photo material allows it.

Bei dem Stoff war ich zu einigen Zugeständnissen gezwungen, als Material wählte ich einen Stoff aus meinem Vorrat, einen unbedruckten Baumwollperkal, der 80 Zentimeter breit liegt und von hoher Qualität ist.
I however made concessions with the fabric, I've chosen a high quality (albeit unprinted) cotton perkale from my stash, which is 80 centimetres wide.
Der Stoff wird in Falten auf das Futter gelegt und mit Punktstichen festgenäht. Die Falten sind frei gelegt, es kam also kein Lineal zum Einsatz, sondern lediglich Augenmaß.
Ich habe drei Stoffbreiten (sprich: 2.40 Meter) gewählt.
The fabric is laid in pleats on the lining and then stitched down with spaced backstitches. The pleats aren't measured with a ruler, I entirely relied on visual judgement.
I took three width of fabric (means: 2.40 metres)

Der Rücken ist sehr kurz, wodurch die Falten einen schönen Fall haben.
The back is very short, which gives the pleats a nice flow.

Das Futter aus einem groberen Baumwoll/Leinengemisch.
The lining is made of a cotton/linen blend.

Die Front sitzt sehr hoch.
The front is quite high.
Die Flügel des Futters werden mit Nadeln gesteckt. Die Front mittels Bändern, die durch zwei Tunnel geführt wurden. Das Baumwollband entspricht Bändern, wie sie auch bei Originalen eingesetzt wurden.
 The front lining is closed with pins, while the perkale is closed with ribbons running through canals on top and bottom of the front. The plain cotton ribbons match those used on originals.

Die Falten wurden vorn nicht komplett bis auf die Kante festgenäht, was vermuten lässt, dass dort ein breites schmückendes Seidenband durchgeführt wurde.
The pleats in the front aren't stitched down to the edge, which might be a hint, that the dress was worn with a silk sash.
Ein Blick auf das Futter.
The front lining.

Nahaufnahme der Nähte im Rücken.
Close-up of the seams in the back.

Der Stoff besteht aus sehr hochwertigen Fäden und ist fest, dabei aber wunderbar leicht. Hält man das Oberteil gegen das Licht erkennt man die Stiche, mit denen die Falten aufgenäht wurden.
The fabric is made of high quality threads and is quite firmly woven, yet amazingly light. If the bodice is placed against a window it reveals the holes of the stitches, which have been used to attach the pleats.

Das Futter zeigt hier die Konstruktion des Ärmels. Eine sehr gute Anleitung von Katherine Caron-Greig, um den Ärmel in dieser Methode einzusetzen, findet sich auf der Seite von Your Wardrobe unlock'd "Setting in 18th c. sleeves".
The lining reveals the construction of the sleeves. A very good tutorial by Katherine Caron-Greig on setting in the sleeves in 18th century method can be found on Your Wardrobe unlock'd "Setting in 18th c. sleeves".
Der eingesetzte Ärmel von Außen.
The set in sleeve.

Die Konstruktion hat mich einiges an Nerven gekostet, denn der Ärmel sollte sehr eng anliegen, aber anders als die Ärmel in der oben beschriebenen Methode finden sich beim Original des Memorial Hall Museum keinerlei Falten am Ärmelkopf.
The construction was quite challenging, as the sleeves should be very snug, but different to the tutorial linked above, the original dress at the Memorial Hall Museum has no pleats on the sleevehead.

Es brauchte einige Versuche, um schließlich einen Ärmel zu bekommen, der sich ohne Falten einsetzen ließ und Bewegungsfreiheit gewährt.
It took me several attempts to create a sleeve without pleats, but which allows free movement.

Der Ärmel wird aus einem Stoffstück gefertigt, wobei es eine kurze Naht vom Ellenbogen bis zum Handgelenk gibt und eine lange Naht von der Schulter bis zum Handgelenk. Auf dieser zweiten Naht liegt stets viel Spannung, ich habe mich daher gegen einen Rückstich entschieden, sondern beide Teile mit dem doppelten Saumstich vernäht.
The sleeve is made of one piece with a short seam from the elbow to the cuff and a long one from the shoulder to the cuff. This second seam is prone to tension, hence I did not assemble it with aback stitch, but with the doppelter Saumstich (doubled seamstitch)
Derzeit arbeite ich an dem Rock, aber damit ist das Ensemble noch nicht fertiggestellt. Es sind noch ein früher Spencer und ein passender Hut geplant. 
Folglich werden noch einige Blogbeiträge zu erwarten sein :)
Meanwhile I've started with the skirt, but this doesn't mean the ensemble will be finished soon. I also plan a matching spencer and a hat.
More blogposts to come :)

Sonntag, 7. Februar 2016

London 1793 - When the pad went fad (oder: Wie das Schwangerschaftspolster zum Geburtshelfer der hohen Taille wurde)

Um einen möglichst umfassenden Einblick in die Welt unserer Vorfahren zu erhalten und ihre Moden zu verstehen, bemühe ich mich um einen ausgeglichenen Wechsel zwischen dem Nähtisch und dem Schreibtisch.
Und was könnte dabei mehr beflügeln, als ein originales Zeugnis der Zeit in den Händen zu halten. Im letzten Dezember spielte mir der Zufall einen Halbjahresband (Juli - Dezember 1793) des hier vielzitierten Journals des Luxus und der Moden in die Hände. 
To provide a comprehensive view to our ancestors daily life and understand their fashions, I do my best to balance my time between sewing and study.
And what could be more supportive in this regard than laying your hands on an original source. Past December I happened to purchase a bound half year issue (Jul - Dec 1793) of my favourite Journal des Luxus und der Mode.


Ich vertiefte mich augenblicklich in die Lektüre und das erste spannende Fundstück ließ nicht lange auf sich warten. Es handelte sich weniger um eine Mode, sondern um eine Marotte. Eine möglicherweise wegweisende Modetorheit.
I quickly immerged in reading and the first most exciting find soon crossed my path. It was not really a fashion, but a true fad. Possibly a ground-breaking fad.

1793, Juli, Journal des Luxus und der Moden, Moden-Neuigkeiten (Quelle/source: thulb Uni Jena)
Transkription:
[...] Die skandalöse Mode der Damen, sich durch ventres postiches (pads) oder vorn unter den Gürtel eingestopfte Haarwülste mehr Rundung und Umfang zu geben, als die Natur selbst allen Frauen, die nicht unmittelbar Kandidatinnen des Wochenbetts sind, verliehen hat, ist nun sehr tief herabgesunken, und daher aus den Modezirkeln des hohen Lebens längst verbannt. Auch hat man in der Tat fast keine Art des Spottes und der Satire unversucht gelassen, um diese Modetollheit nach Verdienst zu züchtigen und lächerlich zu machen. In den Kupferstichläden wurde ein Karikaturstück sehr belacht, wo ein großnäsiger Taschner in der der Attitüde eines Accoucheurs einer jungen Dame eine solche Wulst, zu deren Ausstopfung er eben einige vor ihm stehende Tragekörbe ausgeleert hat, mit viel Delikatesse umbindet. 
Bei der letzten Maskerade in Ranelagh am 29. May, welche außerordentlich zahlreich und durch Gegenwart des Prinzen von Wallis und alles dessen, was schön und fröhlich ist in London, sehr belebt war, erschien auch unter den Charaktermasken ein Haarwulsthändler (pad merchant) von einem Sans-Culotten geführt, und brachte durch allerelei komische Demonstrationen und lustige Einfälle alle Zuschauer zum Lachen.
Auch hatte ein sehr bekannter Schriftsteller in der niedrig-komischen Gattung, Robert Woodbridge diesen ergiebigen Stoff in einer Farce behandelt, die zuerst im Theater von Covent Garden aufgeführt, und seitdem überall mit dem größten Beifall nachgespielt worden ist.[...]
Translation:
[...] The scandalous fashion of the ladies of putting on ventres postiches (pads) under the belt and sash in order to get more roundness and circumference than nature allowed them if they weren't candidates of childbed, has eventually sunk, and got banned from the fashionable circles. There has been made lots of efforts to ridicule this fad with all kinds of mock and satire. The print shops offered a plate, which received lots of applause, depicted is a big nosed bag maker, who, in the attitude of a male midwife (accoucheur), emptied a few baskets of padding to bind a pad around a young lady.
On the last masquerade ball in Ranelagh on May 29th, attending the Prince of Wales and the high society of London, such a character of a pad-merchant, led by a Sans-Culotte, appeared among the guests. He provided lots of laughter and acclaim.
On another note, Robert Woodbridge, the famous writer for saucy plays, has turned the subject into a comedy, which debuted in Covent Garden and was later performed in many theatres.[...]

In diesem kurzen Auszug der Moden-Neuigkeiten steckten allerhand Hinweise, denen ich wie schon bei der Modetorheit der pinken Strümpfe nachgehen wollte.
Allerdings war die Ausbeute dieses Mal weitaus umfangreicher und diese englische Marotte (ob sie nun real oder erfunden war) bereitete letztendlich tatsächlich den Weg für eine neue Mode, die einen neuen Stil bestimmen und sich ein paar Jahre halten sollte.
This short excerpt held plenty of clues for a search, which I was very eager to follow, like I already did before with the fad of the pink stockings.
This time however I was really lucky regarding sources and it prooved that this English fad (whether it was really worn or just a fake) finally made way to a new fashion, which ended in a new style and remained fashionable for years.

Wie sah die Mode im Mai 1793 eigentlich in Europa aus? Werfen wir zunächst einen Blick auf die bis dahin tonangebende Französische Mode. Allein das stellt uns bereits vor Schwierigkeiten, denn Frankreich strauchelte durch die Wirren der Revolution. Das Journal de la Mode et du Gout brachte seine letzte Ausgabe im April 1793 heraus und erst 1797 knüpfte die Modewelt mit dem Journal des Dames et des Modes wieder an die Herausgabe einer Zeitung an. 
Der folgende Modekupfer ist also das letzte Zeugnis, das wir in dieser Zeit direkt aus französischer Presse haben.
We may wonder what did the fashion looked like in May 1793 throughout Europe? First we have a glimpse on the French fashion, which always seemed to be predominant. But here we face some difficulties, because France still struggled after the Revolution. The Journal de la Mode et du Gout published it's last issue in April 1793 and it took until 1797 until another fashion paper the Journal des Dames et des Modes finally appeared in the fashion world.
The follwoing fashion plate is the last testimonial of the French print in 1793.
1793, Fevrier, Journal de la Mode et du Gout (Quelle/source: Dames a la Mode)
Glücklicherweise bietet uns die Italienische Presse einen Blick auf die französische Mode und damit wohl auch auf den Stil, der in Italien verbreitet war. Der folgende Kupfer stammt aus dem Il Giornale delle Dame et delle Mode di Francia vom Mai 1793.
Luckily the Italian publishers allow us to get an idea of the French fashion and a style, which was also worn in Italy. The following plate is taken from Il Giornale delle Dame et delle Mode di Francia of May 1793.
1793, Maggio, Il Giornale delle Dame et delle Mode di Francia(Quelle/source: Les Arts Decoratifs)
Zuletzt ein Blick auf die Mode in Deutschland, die sich an die französische und italienische Mode anlehnt.
Finally we take a look at the fashion in Germany, which - at that time in May 1793 - is influenced by the French and Italian fashion.
1793, Mai, Journal des Luxus und der Moden (Quelle/source: thulb Uni Jena)
All diesen offiziellen präsentierten Moden in Frankreich, Italien und Deutschland zu Beginn des Jahres 1793 ist die natürlich sitzende Taille und der gestreckte Oberkörper gemein.
In England hingegen macht sich allmählich eine Veränderung dieser - zugegeben etwas steif wirkenden - Mode bemerkbar. Und wie es scheint, ist die Aufmerksamkeit rund um die "Mode der Haarwulste oder Schwangerschaftspolster" nicht ganz unschuldig daran, dass die Taille nachhaltig in die Höhe rutschte und endlich allgemein Verbreitung fand, statt eine Randerscheinung zu sein, welche keinen Eingang in Modejournale findet.
All these officially presented fashions of France, Italy and Germany have a natural waist and a long bodice in common.
While in England a new fashion is gradually taking reign and starting to ban the admittingly stiff fashion style. And as it seems allthe uproar around "the fad of the pad" might be one of the reasons for a lifted waistline and especially that it finally gave up it's shadowy existence and started to spread and found it's way into the fashion journals.

April 16th 1793, Cruikshank, Cestina Warehouse or Belly Piece Shop (Quelle/source: British Museum)
Eine der ersten Satiren zu diesem Thema, nicht unähnlich jener Beschreibung, die im Text des Journals des Luxus und der Moden erwähnt wird. Die Damen können zwischen vielen Polstern wählen, die in satirischer Manier mit dem jeweiligen Schwangerschaftsmonat angepriesen werden (diese Auswahl ist eine absolute Übertreibung und gehört in die Weltder Satire).
Aber neben all der Satire sehen wir auch, die Betonung der natürlichen Taille bei den Schnürleibern, und den neuen Sitz der Taille.
One of the first satires about pads, similar to the one which was mentioned in the above text of the Journal des Luxus und der Moden. The ladies are able to choose between several pad sizes, which are offered in a satirical way by the different months/stages of pregnancy (this is not a true shop, but all satire).
 Despite all the satire we see the stays emphasize the natural waist, and at the same time the new lifted waistline.

May 16th 1793, William Dent (?), Female Whimsicalities (Quelle/source: British Museum)
In dem Kupfer sieht man den direkten Vergleich der Modemarotten. Noch sieht man an dem Kleid der Dame mit dem ventres postiche die Andeutung des Kleidungsstücks (rosa) für die natürliche Taille, aber das Polster deutet bereits eine neue Mode an.
The print shows a comparison of two fads. We still see the hint of the natural waist in the garment (pink) of the lady on the right, but the ventre postiche already indicates a different and new fashion.

Und hier folgt schließlich der ausschlaggebende Modekupfer aus Isaac Cruikshanks Feder:
And - tada - the most amazing fashionplate made by Isaac Cruikshank:
May 1st 1793, Isaac Cruikshank, Frailities of Fashion (Quelle/source: Teylers Museum)
Unübersehbar tragen die Damen die in allen Journalen vielziterte Modemarotte der Schwangerschaftspolster. Wir sehen zur rechten und linken Seite Damen mit mehr oder weniger starken gepolsterten Rundungen, aber die wirkliche Neuheit tragen die beiden Damen im Zentrum des Bildes: 
Sie tragen die Mode der hohen Taille, die schließlich kennzeichnend für die Epoche sein wird und ihren Siegeszug endlich breitflächig durch ganz Europa beginnt.
Obviously the ladies are wearing their fad of the the pad. We see the ladies to the left and right wearing different grades of padded roundness,but the true novelty is worn by the ladies in the centre of the plate:
They wear the fashion of the high waist, which eventually becomes the hallmark of the era and starts it's final triumphal porcession throughout Europe.

Aber - um im Jargon zu bleiben - wo stand die Wiege dieser Mode? Wer ist die geistige Mutter?
War das Polster überhaupt real?
Zunächst stolperte ich über einen Ausschnitt aus The Spectator von 1793:
But - to remain in the image - where was the cradle of this fashion? Who was it's mother? 
Was the pad real at all?
First I've found an excerpt from the spectator from 1793:

1793, The Spectator (Quelle/source: googlebooks)
Übersetzung:
Es wird behauptet, dass das Schwangerschaftspolster, die Modetollheit des Jahres 1793, erfunden wurde, um vor einer Erkältung zu schützen, so wie die Reifröcke einst gegen die Hitze helfen sollten, und dass sie im Winter erstmals in Erscheinung getreten waren. Ältere Damen mögen vielleicht eine Gelegenheit für diese Hilfe haben, aber für die jungen Damen, sind sie zu diesem Zwecke doch wahrlich unnötig.

In Max von Boehns Buch "Die Mode 1790-1817" (Ausgabe 1908) lässt er uns auf Seite 95 wissen, dass diese Marotte der Herzogin von York zu verdanken ist, die 1793 erstmals schwanger war und in diesem Zustand von jungen Mädchen mittels Haarwulsten nachgeahmt wurde.
Prinzessin Friederike Charlotte, Herzogin von York blieb allerdings kinderlos und ihre Ehe hielt nur von 1791-1794. Weitere Quellen, welche diese Theorie untermauern habe ich bisher nicht gefunden.
Max von Boehn's book "Die Mode 1790-1817" (Edition 1908) offers us on page 95 the following explanation for the fad: the Duchess of York was with child in 1793 for the first time and the young ladies in society loved to copy her with the help of pads. Princess Frederica Charlotte, Duchess of York remained childless and she was divorced in 1794 after only three years of marriage. I couldn't find any more sources to prove this theory, yet.

Das British Museum gibt uns allerdings noch einen interessanten Hinweis (nachzulesen: "curator's Comment") zu dem oben abgebildeten Kupfer "Frailities of Fashion". Dort wird Lady Charlotte Campbell (1775-1861, Lady-in-waiting der Princess of Wales) für diese Modemarotte verantwortlich gemacht. Eine zu jener Zeit junge Dame, die für ihre Liebe zur Mode bekannt war. Welche Beweggründe es nun genau waren und ob es eine Verbindung zu Boehns These über die Herzogin von York gibt, bleibt leider weiterhin unklar.
Albeit the British Museum gives us an interesting note about the plate "Frailities of Fashion" (see: curator's comment"). They mention Lady Charlotte Campbell (1775-1861, lady-in-waiting toPrincess of Wales) to be the inventor of the fad. At that time she was a young lady, well-known for her sense and interest in fashion.
What actually affected her to come up with the idea of the pad and whether there's a connection to Boehn's mentioned Duchess of York unfortunately remains unsaid.
1799, John Hoppner, Lady Charlotte Campbell (Quelle/source: wikimedia)
Wie viele neue Moden wurde sie zunächst belacht und die Journale und Zeitungen freuten sich über stete spöttelnde Berichte, bis das Aufsehen um die ventre postiche schließlich rasch wieder verschwand...was blieb war die hohe Taille.
Like many new fashions it was ridiculed in the beginning and the journals and papers were happy about the many mocking articles filling their pages until the uproar about the ventre postiche dissapeared quickly...but the high waist remained.

1793 May, The Sporting Magazine, Feast of Wit (Satire!) (Quelle/source: googlebooks)
Übersetzung:
Durch eine Nachricht, die uns just von The Low Countries erreichte, hörten wir von einer jungen Dame um die fünzehn Jahre, die sich freiwillig in ihrem Zimmer einsperrte, weil ihre Mutter ihr verboten hatte, sich mit einem 7-Monats-Polster auszustatten, darauf bestehend, dass ein 3-Monats-Polster mehr als genug für ihr Gewissen wäre. "Nimmt meine Mutter an", sagte die enttäuschte Schöne, "dass ich in der Öffentlichkeit wie ein dürrer Herring erscheinen kann, während all meine Bekanntschaften mit ihren fülligen Polstern durch die Gegend watscheln?"

1793 May, The Sporting Magazine, Feast of Wit (Satire!) (Quelle/source: googlebooks)
Übersetzung:
The Spectator beschreibt in einer seiner Ausgaben die bis dahin Überhand nehmende Mode: "Als ich das erste Mal eine Dame in diesen Unterröcken erblickte, konnte ich nicht anders, als sie in Gedanken zu tadeln, draußen herumzuspazieren, wo sie doch so nah an der Niederkunft sei, aber dann entsann ich mich meines Fehlers, dass nur die Mode zu weit gegangen war."

Eben diese Verwechslung aus dem letzten Artikel hatte wohl auch den Bühnenautor Robert Woodbridge inspiriert, der bereits in dem Ausschnitt aus dem Journal des Luxus und der Moden Erwähnung fand.
Sein Stück "The Pad - a farce in one act" eroberte im Jahr 1793 die Bühnen und ging gleichzeitig bei J.Parsons in London in Druck.
Natürlich konnte ich nicht umhin, mir eine Kopie des Schauspiels zu besorgen, um ein bisschen mehr über den Humor von Lady Charlotte Campbells Zeitgenossen zu erfahren.
Es ist ein kleines Moralstückchen mit einer charmanten Verwechslung, wie es sicher auch heute noch auf Provinzbühnen zu finden sein könnte. Im Mittelpunkt steht Captain Credulous (Kapitän Leichtgläubig), der von einer langen Seereise zurückkehrt und die neuste Mode seiner Frau für ihre Untreue während seiner Abwesenheit hält. Sein Freund Lovejoke nutzt diesen Irrglauben um ihn und ihren gemeinsamem Bekannten Sir Simon Meagre, der stets mürrisch zu seiner eigenen Frau steht, am Ende des Stücks ihrem mangelnden Vertrauen gegenüber ihren Frauen und ihrer eigenen Eitelkeit anzuklagen.
It was this confusion, which inspired the writer Robert Woodbridge to his play, that is also mentioned in the article from the Journal des Luxus und der Moden.
His play "The Pad - a farce in one act" conquered the stages in 1793 and also went in print at J.Parsons in London.
I certainly couldn't resist and purchased a copy of the play, to get a better impression of the humor of Lady Charlotte Campbell's contemporaries.
It is a short moral comedy with a charming confusion, and I suppose it could still be performed in provincial theatres today. Main character is Captain Credulous, who returned from a long journey to find his wife dressed in the latest fashion,which he misunderstood as a cheat. His friend Lovejoke at first leaves him in this belief, but decides to reveal Captain Credulous' and their mutual friend Sir Simon Meagre's, who think little of his own wife, vanity and lack of trust at the end of the play.

1793,The Monthly Review (Quelle/source: googlebooks)
Übersetzung:
Art 62. The Pad, a farce, in one Act. Aufgeführt im Theatre Royal, Covent Garden, unter großem Beifall. Von Robert Woodbridge. 8 Szenen. 1 Shilling. Parsons. 1793
Die Marotte der Auspolsterung der Taille, die neuerdings einige Damen befallen hat, auch "pad" genannt, wie wir annehmen eine Kopfgeburt als Cestus (Antiker Gürtel) der Venus, ist das Thema dieses Stückes. Ein Kapitän kehrt von seiner Seereise heim, ein junger Mann kurz vor seiner Verehelichung, und ein alter Adliger in Hoffnung auf einen Erben, zusammen mit ihren Ehefrauen und Geliebten, sind jene Personen, die durch die Mode des Polsters gequält werden. Das Thema ist gering, und der Effekt schwach, aber die Satire und die Moral gerecht.

In England im Jahr 1793 belächelte man die Marotte der Polster, die  - wenn sie denn tatsächlich existierten und nicht nur ein satirischer Streich waren - recht rasch wieder in der Gunst schwand und aus den Zeitungen verschwand, aber es blieb endgültig und in erstmals großflächiger Verbreitung die neue Silhouette der hohen Taille, die sich in den kommenden Jahren auch allmählich in anderen europäischen Ländern durchsetzte und Einzug in die Journale und Herzen der Damen fand. Die Rockteile wurden weniger üppig ausgestellt und schließlich näherte man sich dem klassischen Vorbild eines fließenden Kleides.
Ich bin mir sicher, dieses Thema wird mich noch für einige Zeit fesseln, denn unzählige Quellen sind noch nicht entdeckt oder ausgewertet...vielleicht findet sich noch mehr über Lady Charlotte Campbells Beweggründe oder es tauchen französische oder deutsche Quellen auf, welche die neue Englische Marotte und schließlich Mode weiter durchleuchten.
Bis dahin möchte ich mit meinen Lesern noch eine weitere Quelle teilen, die sich allgemein mit der mühsamen Schreibtischarbeit und der Sisyphusarbeit durch Journale, Briefe und Kleidungsstücke beschäftigt:
The problem with "Always" and "Never" in Historical Costuming
In England in the year 1793 the fad of the pad  - if it really existed and wasn't just a satirical trick - was ridiculed and they quickly dissapeared from fancy and from the papers, but for the first time andofficially widely spread the silhouette of the high waist remained, and eventually it took ground in other European countries and into the journals and hearts of the fashionable ladies. The skirts went less voluminous and drew closer to the classical ideal of the flowing dress.
I'm convinced, this subject will keep my attention caught, because there are plenty more sources to read and discover...maybe there's a source to Lady Campbell's reasons for the pad or more French and German sources will emerge and add more knowledge about this fad and later fashion.
Until then I'd like to share a different link with my readers, which deals with the often difficult work at the writing desk and the sisyphus' work through journals, letters and reading garments: